Magdeburg – Als die Wissenschaftler den schlichten Holzsarg unter der 300 Kilo schweren Marmorplatte öffneten, kamen 1000 Jahre europäische Geschichte ans Licht. Denn die staubigen Knochen sollen einem der mächtigsten Herrscher des Abendlandes gehören: Otto dem Großen, dem ersten Kaiser der Deutschen! Aber ist es wirklich er, der da im Sarg liegt?
Der Herrscher aus dem Geschlecht der Liudolfinger hatte 955 die Ungarn auf dem Lechfeld geschlagen und ließ sich 962 in Rom zum ersten Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation krönen: Otto I. (912–973)!
Nach seinem Ableben wurde er im Dom von Magdeburg bestattet – und ruht seitdem dort.
Liegt wirklich der Kaiser im Sarg?
Doch bei Routineuntersuchungen im letzten Jahr war herausgekommen, dass das Grabmal dringend saniert werden musste. Zuletzt war der Sarg 1844 repariert worden. Die damals verwendeten Eisenklammern rosteten inzwischen vor sich hin. Außerdem hatten Temperaturschwankungen der Ruhestätte zugesetzt.
Wissenschaftler bei der Abnahme der Grabplatte im Dom
Foto: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt
„Im Inneren des Holzsargs zeigt sich eine Gemengelage von durcheinander liegenden textilen und pflanzlichen Resten, Sediment und Gebeinen“, schreibt das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. „Dieser Zustand wird derzeit ausführlich dokumentiert.“
So machte sich die Nachwelt eine Vorstellung von Otto dem Großen
Foto: INTERFOTO
Schädel außergewöhnlich gut erhalten
Immerhin: Der Schädel sei außergewöhnlich gut erhalten. Ob er wirklich Otto I. gehört, soll nun mit modernster Technik genetisch analysiert werden. Die Chance ist nach erster Augenscheinnahme da: „So befinden sich im Sarg verstreut liegende menschliche Überreste eines männlichen, älteren Individuums mit für das Mittelalter überdurchschnittlicher Körperhöhe“, teilen die Forscher mit.
Im Magdeburger Dom wurde Otto der Große bestattet
Foto: Peter Gercke/dpa
Archäologe will Ottos Gesicht rekonstruieren
Landesarchäologe Harald Meller sagte dem MDR, dass es „wahrscheinlich“ um die Gebeine Ottos handele. „Ich hoffe, dass wir das noch beweisen können.“ Vor allem soll untersucht werden, wie der Kaiser ausgesehen hat. Auch eine Gesichtsrekonstruktion hält er für möglich.
Fakt ist: Vor den Forschern liege eines der „spannendsten Skelette des Abendlandes“.
Lesen Sie auch