Der Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) hat am 24. Juni 2025 die Fahrpläne der Leipziger S-Bahn für das Interimsjahr 2026 vorgestellt. Warum eigentlich ein Interimsjahr? Begründet wird das in den Presseunterlagen, unter „Darstellung der Änderungen im SPNV-Netz des ZVNL in den Jahren 2026 (Interim) sowie 2027ff“, wie folgt.
„In den Jahren 2026 und 2027ff gibt es im Liniennetz der S-Bahn Mitteldeutschland weitreichende Änderungen, die beginnend mit dem MDSB I-Interimsnetz in großen Teilen dem Netz des darauffolgenden Verkehrsvertrags MDSB2025plus entsprechen. Grund für die Änderungen sind neue Fahrplanlagen des Fernverkehrs ab dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember 2025. Daher muss das Liniennetz bereits vor Beginn des Verkehrsvertrags MDSB2025plus (ab 13. Dezember 2026) angepasst werden. In diesem Zusammenhang mussten auch die minutengenauen Abfahrtszeiten der Linien an allen Verkehrsstationen angepasst/geändert werden.“
Die komplette Mitteilung können sich interessierte Menschen hier herunterladen, diese ist sehr umfangreich und im Artikel kann man nicht auf alle Details eingehen. Einige Einzelheiten zum neuen Fahrplan wollen wir aber doch betrachten.
Grünau und die Industrie im Leipziger Norden
In Grünau wohnen circa 50.000 Menschen und der Stadtteil hat sein Rentnerimage längst verloren. Viele der dort wohnenden Arbeitskräfte arbeiten auch bei DHL, Porsche, BMW und anderen Firmen in der größten Industrieansiedlung im Leipziger Norden. Den Arbeitsweg mit dem ÖPNV zurückzulegen, ist eine zeitliche Herausforderung.
Fährt man mit der S1 oder S10 und weiter mit der S3, dann muss man in Leipzig-Gohlis umsteigen. Wer den Bahnhof nicht kennt, muss wissen: Man kommt auf Gleis 1 an, geht dann die Treppe hinunter, läuft einige Meter die Blochmannstraße entlang, um dann die Lützowstraße zu überqueren und anschließend die Treppen zum Gleis 3 zu erklimmen. Das ist herausfordernd, aber in circa 6 Minuten zu schaffen. Der Autor hat es getestet.
Mit der S1 hat man in Gohlis 21 Minuten Umsteigezeit, bei Nutzung der S10 reduziert sich diese auf 9 Minuten. Immer vorausgesetzt, beide Linien fahren pünktlich.
Am Beispiel Porsche-Werk als Zielort, also S1/S10 Grünau nach Gohlis, weiter S3 nach Wahren und Bus 91 zum Porsche-Werk, beträgt die Fahrzeit mit S1/S3 1 Stunde 20 Minuten und mit S10/S3 1 Stunde 8 Minuten. Zwölf Minuten Zeiteinsparung klingt vielleicht nicht so viel, aber bei einer 5-Tage-Woche summiert sich das auf eine Stunde Lebenszeit, allein für die Hinfahrt.
Bei der Fahrt mit der S-Bahn zum DHL Hub, vom Bahnhof Schkeuditz geht es weiter mit Bus oder zu Fuß. Wir haben aus diesem Grund Schkeuditz als Zielpunkt gewählt, die Differenz beträgt dort ebenfalls 12 Minuten.
Die Linie S10 ist, seit ihrer Inbetriebnahme, nur sehr selten fahrplanmäßig unterwegs gewesen. S-Bahn nutzende Menschen kennen die Durchsagen: „Fällt aus wegen kurzfristigem Personalausfall, Schaden am Zug und so weiter“.
Im September 2023 antwortete der ZVNL auf unsere Anfrage zur Situation noch: „Daher wird in Zusammenarbeit von DB Regio und ZVNL ein Konzept zur betrieblichen Stabilisierung eingeführt, um die Auswirkungen planbarer zu machen. Das heißt konkret aber auch, dass b.a.w. für Grünau nicht das volle geplante Programm von vier S-Bahn-Fahrten je Stunde und Richtung von Montag bis Freitag tagsüber angeboten werden kann.“
Jetzt, mit dem Interimsfahrplan fällt sie ersatzlos weg, wahrscheinlich dauerhaft. Ein Grund mehr für viele Bürgerinnen und Bürger, sich vielleicht nicht mit dem ÖPNV zu bewegen.
Nachtverkehr
Unter „2026 (Interim) – Änderungen im Vergleich zu 2025“ listet der ZVNL auf, dass die S4 und S3 zu großen Teilen nachts ab 20.30 Uhr bzw. 22.00 Uhr nur noch im 60-Minuten-Takt fahren. Dazu heißt es unter „Citytunnel“:
Eine S-Bahn im Leipziger Citytunnel (Symbolbild). Foto: LZ
„Durch früheren Wechsel von 30min-Takt auf 60-min Takt auf einigen Linien verringert sich die Zugfolge am Abend ca. ab 20 Uhr. Durch die Überlagerung von fünf Linien ergibt sich dennoch ein dichtes Angebot.“
Ein dichtes Angebot an den Bahnhöfen im Citytunnel, mit dem man aber längere Wartezeiten hat und nicht alle Zielorte erreicht, wie beruhigend. Die Leipziger Innenstadt ist bis nach Mitternacht belebt, die Verlängerung der Taktzeiten ist ein Bärendienst.
Fazit: Es gibt einiges an Verschlechterungen, allerdings auch einige Verbesserungen durch den Interimsfahrplan. Wir haben uns hier auf zwei Punkte beschränkt. Es bleibt zu hoffen, dass das „Interim“ tatsächlich ein solches bleibt und nicht zur dauerhaften Lösung wird.