Seit Wochen beschäftigt der Fall des schwulen Lehrers Oziel Inácio-Stech die Berliner Landespolitik. Die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus kritisiert im Umgang mit den Diskriminierungs- und Mobbingvorfällen insbesondere Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) und wirft ihr wiederholte Falschaussage vor. Deshalb will die Fraktion im Plenum am Donnerstag einen Missbilligungsantrag stellen, wie sie am Mittwoch mitteilte.

Am Freitag hatte Günther-Wünsch ihre früheren Aussagen zu einem ausführlichen Beschwerdeschreiben des Lehrers korrigiert. „Im Zusammenhang mit dem Vorgang an der Carl-Bolle-Schule hat die von mir erbetene nochmalige Prüfung der Akten am 20. Juni 2025 ergeben, dass mir das Schreiben vom 4. Dezember 2024 persönlich vorlag“, teilte sie in einer „persönlichen Erklärung“ mit. Vor rund einer Woche hatte sie gesagt, sie habe es erst im Mai gelesen.

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„Die fehlerhaften Angaben im Bildungsausschuss am 5. Juni und im Plenum am 12. Juni beruhten auf dem damaligen Stand der internen Prüfung“, erläuterte die CDU-Politikerin. Im sogenannten elektronischen Postbuch sei das Schreiben nicht erfasst gewesen. „Dass mir das Vorliegen des Schreibens nicht mehr erinnerlich war, bedauere ich.“

Wir erwarten eine Entschuldigung der Senatorin gegenüber dem Parlament.

Bettina Jarasch, Fraktionsvorsitzende der Grünen und Louis Krüger, bildungspolitischer Sprecher der Grünen

Diese Falschaussage sei „im Kontext der parlamentarischen Bewertung der Diskriminierungs- und Mobbingvorfälle von erheblicher Bedeutung gewesen“, argumentieren die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch und der bildungspolitische Sprecher Louis Krüger. „Insbesondere, weil die Senatorin damit eine persönliche Verantwortung abstritt – wie jetzt klar ist: fälschlicherweise.“

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Das Abgeordnetenhaus habe die Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren. Senatsmitglieder seien deshalb laut Verfassung verpflichtet, dem Parlament gegenüber umfassend und wahrheitsgemäß zu berichten und Rede und Antwort zu stehen. „Das Abgeben falscher oder irreführender Auskünfte verletzt diese verfassungsmäßige Pflicht“, so Jarasch und Krüger. „Wir erwarten eine Entschuldigung der Senatorin gegenüber dem Parlament.“

Oziel Inácio-Stech wurde nach eigenen Angaben von Schülern aus muslimischen Familien monatelang beschimpft, beleidigt und gemobbt. Er beklagt außerdem Mobbing und falsche Vorwürfe durch eine Kollegin. Sein Anwalt hatte im Dezember 2024 per Einschreiben mit Rückschein einen Brief an Bildungssenatorin Günther-Wünsch geschickt.

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Die CDU-Politikerin hatte im Abgeordnetenhaus vor acht Tagen erklärt, das umfangreiche Beschwerdeschreiben zunächst nicht gelesen zu haben. Das Schreiben sei an sie persönlich adressiert gewesen und im Dezember in ihrem Büro eingegangen.

Es sei an die zuständige Stelle in der Bildungsverwaltung weitergeleitet worden. Sie selbst habe es aber erst im Mai gelesen. Als „Person des öffentlichen Lebens“ könne sie nicht jeden an sie adressierten Brief lesen, hatte Günther-Wünsch noch vor gut einer Woche gesagt. (mit dpa)