London – Knapp ein Jahr nach seinem Amtsantritt steuert der britischer Premierminister Keir Starmer auf eine schwere innenpolitische Krise zu. Trotz satter Regierungsmehrheit droht dem Chef der sozialdemokratischen Labour-Partei mit seiner Sozialreform in der kommenden Woche eine Niederlage im Unterhaus.
120 Abgeordnete seiner eigenen Partei stellten sich hinter einen Änderungsantrag, der das Gesetzesvorhaben zu Fall bringen soll. Sollten sich weitere Abgeordnete anschließen, gilt eine Niederlage als wahrscheinlich. Die Rede ist bereits von einem De-Facto-Misstrauensvotum für den Premier, dessen Rückhalt in der eigenen Partei zu schwinden scheint.
Starmer gibt sich jedoch bislang unbeeindruckt. Die zweite Lesung der „Universal Credit and Personal Independence Payment Bill“ am kommenden Dienstag werde wie geplant stattfinden, kündigte der Premier an.
Der Gesetzentwurf sieht vor, den Zugang zu staatlichen Leistungen für Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten zu erschweren. Die Regierung will damit mehr Menschen dazu bringen, wieder zu arbeiten und bis zu fünf Milliarden Pfund (knapp 5,9 Milliarden Euro) an Ausgaben einsparen.
Nach Angaben der Regierung ist die Zahl der Menschen, die staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen, in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Das derzeitige System halte Menschen in einer Situation der Abhängigkeit und müsse dringend reformiert werden, argumentiert Starmer.
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Doch Kritiker fürchten, dass dadurch Zehntausende Menschen, darunter viele mit Behinderung und Kinder, in Armut abrutschen könnten. Der Regierung wird vorgeworfen, die Auswirkungen der Reform nicht ausreichend mit den Betroffenen diskutiert zu haben.
Für Starmer ist es bereits das zweite sozialpolitische Reformvorhaben, mit dem er in schwieriges Fahrwasser gerät. Eine geplante Kürzung von Heizkostenzuschüssen für Rentner musste er bereits teilweise zurücknehmen.