Mark Rutte liebt Krisen. Probleme sieht der stets gut gelaunte Nato-Generalsekretär als dornige Chancen, bei deren Lösung er bisweilen unkonventionelle Wege beschreiten muss.
Mit seiner jovialen und politisch äußerst wendigen Art führte er in seiner Heimat Niederlande als Ministerpräsident 14 Jahre wechselnde Regierungskoalitionen, die im Grunde immer kurz vor dem Zusammenbruch standen.
Während dieser Zeit überstand der 58-Jährige auch mehrere Krisen, was ihm den Spitznamen „Teflon-Mark“ einbrachte.
Knut Krohn berichtet seit Ende 2021 aus Brüssel über die Europäische Union und die Nato. Zuvor arbeitete er als Korrespondent in Paris, Warschau, Rom und Moskau.
Der redegewandte Niederländer scheint in diesen krisengeschüttelten Zeiten als Nato-Generalsekretär also auf dem richtigen Posten. Zu seinem Erfolgsrezept gehört offensichtlich, Gesprächspartner zu umgarnen. Wie weit Rutte dabei geht, wurde am Rande des Nato-Gipfels in Den Haag öffentlich.
Ich gratuliere Dir und danke Dir für Dein entschlossenes Handeln im Iran, das wirklich außergewöhnlich war und das sich sonst niemand getraut hätte.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte in einer SMS an Donald Trump
Kurz vor Beginn des Treffens schickte er eine SMS an den US-Präsidenten Donald Trump, in der er überschwänglich dessen jüngste Erfolge pries.
„Ich gratuliere Dir und danke Dir für Dein entschlossenes Handeln im Iran, das wirklich außergewöhnlich war und das sich sonst niemand getraut hätte“, lobte Rutte und hob Trump in eine Reihe mit den ganz großen Präsidenten der USA.
Essen mit dem König, Übernachtung im Palast
In seiner Hymne auf den Gast aus Washington kopierte er sogar den Stil Trumps, der beim Verfassen seiner überschwänglichen Botschaften gerne Großbuchstaben verwendet.
Dass die Nato-Staaten sich in Den Haag auf das Fünf-Prozent-Ziel geeinigt haben, sei etwas, das „KEIN amerikanischer Präsident in Jahrzehnten geschafft hat“, schireb Rutte.
Um den Erfolg des Nato-Treffens zu garantieren, wurde zudem das gesamte Programm des sehr kurz gehaltenen Gipfels von Mark Rutte auf den 79-jährigen Hauptgast zugeschnitten.
US-Präsident Donald Trump neben Mark Rutte (r.) auf dem Nato-Gipfel am 25. Juni in Den Haag.
© AFP/John Thys
Dazu zählte auch ein Abendessen mit dem niederländischen König Willem-Alexander, wissend um Trumps Vorliebe für Gold, Pomp und Adel. Danach durfte der US-Präsident sogar die Nacht im Palast verbringen.
Wollte der US-Präsident Rutte demütigen?
Wahrscheinlich hätte es Mark Rutte vorgezogen, wenn seine private SMS an Donald Trump ein Geheimnis geblieben wäre. Das aber kümmerte den US-Präsidenten herzlich wenig, der den Text in voller Länge und in all seinem unterwürfigen Ton auf seinem Onlinedienst Truth Social veröffentlichte.
Der Spott war dem Nato-Generalsekretär danach sicher. Trump habe die SMS aus dem alleinigen Grund ins Netz gestellt, um Rutte zu demütigen und sich selbst als überlegen darzustellen, war auf dem Kurznachrichtendienst „X“ zu lesen. Diese Art von Unterwürfigkeit führe nur dazu, dass die Europäer von Trump als Schwächlinge wahrgenommen würden.
Mehr zum Natogipfel Nato-Generalsekretär überschüttet Trump mit Lob Als ob Rutte den Kaiser bei Laune halten wollte „Wir müssen den Produktionskrieg gewinnen“ Jetzt setzt die Nato auf die Rüstungsindustrie Drei Gipfel in zehn Tagen Stresstest für den neuen Kanzler
Darauf angesprochen, ob die SMS nicht ein peinlicher Ausrutscher sei, sagte Mark Rutte in Den Haag gewohnt entspannt: „Absolut nicht, was in dieser Textnachricht steht, ist eine Darstellung von Tatsachen.“
Sprach es und schlenderte lächelnd von dannen.