Eine Glaskonstruktion vor schneebedeckten Bergen, die an Flügel von Vögeln erinnert.

AUDIO: „Women in Architecture 2025“: Architektinnen sichtbar machen (4 Min)

Stand: 25.06.2025 15:10 Uhr

Das Festival „Women in Architecture 2025“ rückt die Arbeit früherer und aktueller Architektinnen, Raum- und Stadtplanerinnen in den Fokus. Denn trotz vieler Erfolge kämpfen Frauen in der Architektur weiter um Anerkennung und Sichtbarkeit. 

von Anette Schneider

Selbst im Jahr 2025 sind immer noch wenige Architektinnen in der Breite bekannt. Das erste bundesweite Architektinnen-Festival, das noch bis Sonntag an verschiedenen Orten stattfindet, will das ändern. Denn obwohl mittlerweile 50 Prozent der Architekturstudierenden Frauen sind, leiten nur etwa zehn Prozent ein Architekturbüro.

Bauwelt in männlicher Hand

„Die Bauwelt war, und ist immer noch, sehr fest in männlicher Hand“, sagt die Architektin Sarah Schäper. Seit Jahrhunderten gestalten Männer unsere Umwelt nach ihren Vorstellungen, verwirklichen sogenannte Stararchitekten ihre riesigen Museums- oder Opernentwürfe, die ganze Stadtviertel umkrempeln – egal, was nicht-männliche Menschen sich wünschen, was für sie sicher ist, sinnvoll und wohltuend.

„Die Folgen sind, dass es dadurch immer nur eine bestimmte Sichtweise gab. Und dementsprechend auch immer nur eine bestimmte Art und Weise, Bedürfnisse zu formulieren, auf Bedürfnisse einzugehen“, so Schäper.  

Leistungen von Frauen werden Männern zugeschrieben

Eine der ersten Baumeisterinnen war wohl Plautilla Bricci. Im 17. Jahrhundert entwarf sie eine Villa für einen Abt. Kaum war die gebaut, wurde sie ihrem Bruder zugeschrieben. Truus Schröder schuf 1923 ein revolutionäres Wohnhaus mit verschiebbaren Raum-Wänden. Es gilt als Architekturikone. Jahrzehntelang wurde es ihrem Freund zugeschrieben.

Die weibliche Konkurrenz unsichtbar halten

Heute sind es Mona Bayr, Lu Wenyu, Billi Tsien, Manuelle Gautrand, Helle Juul, Karla Kowalski, Anupama Kundoo, Nili Portugali oder Natalie de Vries, die fast überall auf der Welt herausragende Projekte verwirklichen. Die Museen, Universitäten, Bibliotheken, Kongresszentren, Kinos, Krankenhäuser, Wohnanlagen bauen, die durch menschliches Maß bestechen, durch Formen und Materialen, die sich einfügen in ihre Umgebung, durch transparente, angstfreie Räume ohne Hemmschwellen.

Die Namen ihrer Schöpferinnen aber sind oft nur in Fachkreisen bekannt. Denn noch immer werden Lehre, Fachzeitschriften, Planungs- und Vergabe-Büros von Männern bestimmt, die die weibliche Konkurrenz unsichtbar halten.

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Zaha Hadid als erste Frau mit Pritzker-Preis

Schäper engagiert sich seit Jahren für mehr Sichtbarkeit von Architektinnen. Sie hat deshalb recherchiert, wie oft Frauen auf der Architektur-Biennale kuratieren durften. Von der ersten Biennale im Jahr 1980 bis heute seien es lediglich drei gewesen. „Genauso habe ich mir mal den Pritzker-Preis angeguckt – den Oscar der Architektur quasi. Wie oft wurden da eigentlich Frauen geehrt von 1980 bis heute? Nur fünf Mal. Vier Mal als Teil eines Teams, und 2004 Zaha Hadid als bislang einzige Frau als Einzelperson.“

Dabei kann sich absolut sehen lassen, was Frauen gestaltet haben: Odile Decq etwa entwarf 2015 im chinesischen Nanjing ein faszinierendes, prähistorisches Museum, dessen fünf flache Ebenen sich wie geologische Erdschichten einen Hügel entlangziehen. Die Pritzker-Team-Preisträgerin Anne Lacaton setzt zusammen mit ihrem Partner auf das Bewahren alter Baubestände. Julie Eizenberg entwickelte eine lichte, transparente Bibliothek, für die sie von Anfang an die BewohnerInnen des Stadtviertels und deren Ideen mit einbezog.

Räume für alle Menschen schaffen

Sarah Schäper entwarf im Team mehrere ungewöhnliche Schulen, die Räume für so ziemlich alle Kinderbedürfnisse bieten: Toben, Spielen, Ruhe, Rückzug, Lernen. Für sie sei es wichtig, von Stereotypen wegzukommen, sagt sie. „Sich zu öffnen, in Dialog zu gehen, in Austausch zu gehen, sich zuzuhören, andere Meinungen annehmen zu können. Und gemeinsam – und das als Grundsatz zu haben – gemeinsam mit einem Team, mit anderen Menschen zusammen, kreative Prozesse zu starten.“ Ihr Ideal: perfekte Räume für die jeweilige Aufgabe zu schaffen und für alle Menschen Räume zu gestalten.

Den öffentlichen Raum gestalten

Architektur ist ein Spiegel der Gesellschaft. Und es erzählt eine Menge über den Zustand dieser Gesellschaft, wenn Architektinnen im Jahre 2025 noch immer um Sichtbarkeit und Einfluss kämpfen müssen, um das eigentlich Selbstverständliche zu erreichen: Mit ihren Ideen und Fähigkeiten die Gesellschaft mitzugestalten.

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Eine Glaskonstruktion vor schneebedeckten Bergen, die an Flügel von Vögeln erinnert.

„Women in Architecture 2025“: Architektinnen sichtbar machen

Das erste bundesweite Architektinnen-Festival rückt Arbeiten von Frauen in den Fokus – denn die werden immer noch wenig beachtet.

Datum:
19.06.2025, 10:00 Uhr
Ende:
29.06.2025
Ort:

Verschiedene Orte bundesweit

Spezielle Hinweise:
Überblick über das bundesweite Programm unter: wia-festival.de

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