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Die SPD will beim Parteitag ab Freitag ihr Wahldebakel aufarbeiten, Klingbeil plant einen Neustart. Erwartet werden hitzige Diskussionen um das Russland-Manifest.
Berlin – Die SPD startet ab Freitag mit ihrem Parteitag die Aufarbeitung des historischen Wahldesasters bei der Bundestagswahl. Das Treffen in Berlin läuft bis Sonntag und soll den Beginn der inhaltlichen Erneuerung der Sozialdemokratie markieren. Auch Änderungen im Parteivorstand stehen an: statt Saskia Esken soll Bärbel Bas die neue Co-Vorsitzende der SPD neben Lars Klingbeil werden.
SPD will auf Parteitag historisches Wahldebakel aufarbeiten
Mit lediglich 16,4 Prozent der Stimmen erzielte die SPD bei der Bundestagswahl im Februar 2025 ihr bisher schwächstes Resultat. Nie zuvor seit Bestehen der Bundesrepublik schnitt die Partei so schlecht ab. Nach regionalen Parteitreffen und ersten Reformarbeiten in speziellen Arbeitskreisen soll beim SPD-Parteitag nun über die Gründe der Niederlage diskutiert werden.
Hierfür präsentiert die Parteiführung um Klingbeil einen Leitantrag mit dem Titel „Veränderung beginnt mit uns“ – gleichzeitig das Motto des Parteitags. Die Beratung dieses Antrags ist für Freitagnachmittag geplant. Überhaupt werden wichtigsten Themen des SPD-Parteitags bereits am Freitagnachmittag und -abend behandelt. Diese sind:
- Abstimmung über Leitantrag des SPD-Parteivorstands „Veränderung beginnt mit uns“
- Wahl der Parteivorsitzenden und ihrer Stellvertreter
SPD-Parteitag: Vorstand um Klingbeil mit Leitantrag zur Neuaufstellung der Partei
„Die SPD hat substanziell Vertrauen verloren – inhaltlich, organisatorisch und kommunikativ“, steht in dem Leitantrag. „Die Sozialdemokratie wird von zu wenigen Menschen in unserem Land als politische Kraft mit Zukunftsversprechen wahrgenommen, die Sicherheit im Wandel bietet.“ Die Gründe erstreckten sich „von fehlender strategischer Klarheit bis hin zu mangelnder Präsenz in den Lebenswelten vieler Menschen.“ Die aus dem Amt geschiedene Regierung unter Sozialdemokrat Olaf Scholz habe „weder kommunikativ noch politisch den Puls der Zeit getroffen“.
Minister unter Merz: Komplette Liste des Kabinetts – von Klingbeil bis zu „neuen Gesichtern“Fotostrecke ansehenSPD-Parteitag: Klingbeils Partei will bis 2027 neues Grundsatzprogramm erarbeiten
„Ein ‚Weiter so‘ kann und darf es nicht geben“, die Parteikrise müsse zu einem „Wendepunkt“ werden, formuliert der Antrag, über den beim SPD-Parteitag am Freitag abgestimmt wird. Vor möglichen Konsequenzen müssten jedoch zunächst die Gründe für die Wahldebakel analysiert werden. Damit startete bereits eine Kommission mit externen Fachleuten. Ziel ist ein neues Grundsatzprogramm, über das 2027 – zwei Jahre vor der kommenden Bundestagswahl – ein Parteitag entscheiden soll.
SPD will sich auf Parteitag teilweise personal erneuern – Klingbeil bleibt, Esken geht, Bas kommt
An der Parteispitze verlässt die nach dem Wahlergebnis kritisierte Linke Saskia Esken ihren Vorsitzposten. Als Nachfolgerin ist Arbeitsministerin Bärbel Bas vorgesehen. Auf dem SPD-Parteitag soll sie am Freitag in Berlin zur neuen Co-Chefin gewählt werden.
Weiterhin im Amt verbleibt jedoch Lars Klingbeil, der gemeinsam mit Esken seit Ende 2021 die Parteiführung innehatte und somit gleichermaßen Verantwortung trug. Gerechnet wird mit einem schlechten Ergebnis der Delegierten für ihn als Parteichef. Ebenfalls offiziell bestätigt werden soll der designierte Generalsekretär Tim Klüssendorf.
SPD-Parteitag verabschiedet Ex-Kanzler Olaf Scholz – Rede geplant
Für Samstag plant die SPD auf ihrem Parteitag die Verabschiedung ihres ehemaligen Kanzlers Olaf Scholz. Nach Klüssendorfs Angaben soll er einen „würdigen Abschied“ bekommen, wobei ein Video seine Parteiarbeit würdigen wird. Zudem ist eine Ansprache von Scholz geplant. Als Abschiedspräsent erhält Scholz ein selbst gewähltes Bild aus dem Willy-Brandt-Haus. Das Motiv bleibt vorerst unbekannt.
SPD-Parteitag am Wochenende: Lars Klingbeil (l.) will Parteichef bleiben, Olaf Scholz (M.) wird verabschiedet, Saskia Esken ebenfalls. (Archivbild) © Kay Nietfeld/dpaHitzige Debatte um Manifest von Stegner auf SPD-Parteitag erwartet – Etliche Anträge zu Russland
Bereits seit rund zwei Wochen erhitzt ein außenpolitisches „Manifest“ die Gemüter in der SPD, das maßgeblich von den Parteilinken Ralf Stegner und Rolf Mützenich angestoßen wurde. Etwa hundert Unterzeichner verlangen eine fundamentale Kehrtwende in der Außen- und Sicherheitspolitik der Regierung und bemängeln eine „militärische Alarmrhetorik“ sowie schlagen Verhandlungen mit Russland für ein Ende des Ukraine-Kriegs vor.
Die Diskussion hierüber dürfte intensiv verlaufen. Verteidigungsminister Boris Pistorius kündigte an, beim Parteitag die direkte Konfrontation mit den Manifest-Initiatoren zu suchen. Diese haben jedoch darauf verzichtet, einen separaten Antrag für das Treffen einzubringen. Jedoch gibt es zahlreiche Anträge aus der Basis mit ähnlicher Stoßrichtung wie das „Friedensmanifest“.
SPD-Parteitag: Antrag zu Parteiverbotsverfahren gegen AfD wird am Sonntag behandelt
Nach dem Willen der SPD-Spitze soll das Treffen am Sonntag einen Antrag verabschieden, der die Vorbereitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD verlangt. Die Sozialdemokratie schlägt hierfür eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Bund und Ländern vor, die zunächst Belege zusammentragen soll. Sollten genügend Nachweise für Verfassungsfeindlichkeit der AfD vorliegen, müsse anschließend das Verbotsverfahren eingeleitet werden. (smu/AFP)