Am Donnerstag berichtete die Münchner Polizei von einer Körperverletzung in der Au – ein Fall, der ihrem Präsidenten Thomas Hampel gerade recht kam, um seinen Lagebericht zur „Gewalt gegen Polizeibeamte im Jahr 2024“ zu veranschaulichen. Am Abend zuvor hatte ein 26 Jahre alter Münchner in den Isarauen einen 72-Jährigen krankenhausreif geschlagen und dann auch noch zwei Polizisten verletzt. Trotz angelegter Handfesseln randalierte er in deren Wagen, trat um sich und fügte den Beamten Prellungen an den Händen zu. Wie sich später herausstellte, war der 26-Jährige völlig betrunken und zudem wegen etlicher Delikte bekannt.

Er ist damit ein Prototyp für die rund 1200 Tatverdächtigen in Fällen von Gewaltkriminalität gegen Münchner Polizeibeamte im vergangenen Jahr: Die sind zu 84 Prozent männlich, zu mehr als drei Vierteln bereits aktenkundig und in mehr als der Hälfte der Fälle alkoholisiert.

Am Mittwoch hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die landesweiten Zahlen von Gewaltdelikten gegen Polizistinnen und Polizisten im vorigen Jahr präsentiert: insgesamt 7384 Straftaten (2023: 7913), darunter 4692 körperliche Gewaltdelikte (2023: 4826) mit fast 3000 Verletzten, dem zweithöchsten Wert seit 2010, als die Statistik erstmals erstellt wurde.

Am Donnerstag führte der hiesige Polizeichef Hampel aus, dass es allein in München 609 verletzte Beamtinnen und Beamte gegeben hat – was seine Ansicht untermauert: „Die Gewalt in der Gesellschaft geht insgesamt nach wie vor nach oben.“ 2015 waren in München 331 Beamte im Dienst verletzt worden, 2023 waren es 568 gewesen. Im vorigen Jahr sei dann über den Daumen gepeilt jeder Zehnte seiner Polizisten einmal verletzt worden, „das kann man nicht schönreden“, fand Hampel.

Dass die Gewaltdelikte gegen Polizisten in München trotzdem weniger geworden sind, um 7,7 Prozent oder 111 Fälle auf nun 1338, ist dem Rückgang bei den (verbalen) Beleidigungen geschuldet. Die sanken von 443 im Jahr 2023 auf zuletzt 332, also um genau 111. Die Zahl der körperlichen Attacken blieb indes auf annähernd gleich hohem Niveau. Hampel nannte 63 Fälle von gefährlicher oder schwerer Körperverletzung (2023: 69), 483 tätliche Angriffe (489) sowie 347 Widerstandshandlungen gegen Vollzugsbeamte (332).

Er appellierte an die Gesellschaft, den Beamten Rückhalt zu gewähren, wenn diese im Einsatz ihre Gesundheit und mitunter ihr Leben riskierten. „Die Kollegen müssen oft in Sekundenbruchteilen entscheiden, wie sie vorgehen“, erläuterte Hampel. Scheinbar harmlose Situationen könnten schnell eskalieren, vor allem, wenn Waffen ins Spiel kommen: 23 Mal sahen sich Münchner Polizisten im vorigen Jahr Hieb- und Stoßwaffen gegenüber, dreimal wurden sie mit Messern angegriffen. Dass der Attentäter auf das israelische Generalkonsulat im September 2024 am Karolinenplatz sogar auf Beamte geschossen hat, ist dabei noch gar nicht berücksichtigt, weil das Ermittlungsverfahren nicht beendet ist.

Als mittlerweile etablierten Schutz vor Angriffen bezeichnete Kriminaldirektor Holger Schmidt den Einsatz von Bodycams, die „mit zunehmender Überzeugung“ von uniformierten Polizisten getragen würden. Die Aussicht, bei Übergriffen gefilmt zu werden, schrecke potenzielle Täter durchaus ab, so Schmidt. Was er freilich auch feststellte: Wer unter Alkohol- oder Drogeneinfluss steht, kriegt meistens gar nicht mehr mit, dass die Kamera läuft.