Stand: 26.06.2025 15:00 Uhr

Die aktuelle US-Regierung will unliebsame wissenschaftliche Daten löschen, etwa zur Klimaforschung. Am Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften in Hannover (TIB) sichern Forscher diese Daten.

von Kristin Häfemeier

„Mit Datenrettung hilft man allen und zwar über Generationen hinweg und überall auf der Welt“, sagt Micky Lindlar, hauptverantwortlich für das Retten vieler bedrohter Daten. In Hannover werden Daten gespeichert, denen in den USA die Zensur durch die Trump-Regierung droht. Vom Rechner in Hannover kann Micky Lindlar eine Art Sicherungskopie frei zugänglicher wissenschaftlicher Daten erstellen. „Die Maschine macht eigentlich nichts anderes, als jeden wissenschaftlichen Link zu öffnen und auf ‚Speichern unter‘ zu klicken“, erklärt Lindlar. Nur, dass das bei 2,7 Millionen Artikeln selbst bei einem Computer fast zehn Tage gedauert hat. So entsteht eine Sicherungskopie der Wissenschafts-Plattform arXiv der Universität Cornell im US-Bundesstaat New York.

Besonders Klima- und Genderforschung betroffen

Micky Lindlar am Laptop beim Daten retten.

Micky Lindlar sieht eine große Chance in der Datenrettung.

Von der Zensur in den USA bedroht sind ganz generell wissenschaftliche Artikel, Forschungsdaten und Websites. Sie liegen auf international bedeutenden Forschungsdatenbanken in den USA. Die Trump-Regierung versucht, sie zu zensieren und löscht Daten aus dem Netz. „Die Vorgehensweise der Regierung ist dabei total unsystematisch“, sagt Lambert Heller, Leiter am Open Science Lab des TIB. Vorrangig geht es der Trump-Regierung um Themen wie Klimaforschung und Gender Studies, die der Administration als ideologisch gelten.

Löschen nach Stichworten führt zu Absurditäten

Welche Artikel und Forschungsfelder betroffen sind, ist allerdings willkürlich. Laut Lambert Heller kursieren Listen mit unliebsamen Stichworten, wie beispielsweise „gender“ und „trans“. Finden die sich in wissenschaftlichen Artikeln wieder, werden die Arbeiten gelöscht. „Das führt dazu, dass beispielsweise auch genderspezifische Medizinforschung zensiert wird“, sagt Heller. So haben zum Beispiel Frauen andere Anzeichen für einen Herzinfarkt als Männer. Auch solche Forschung ist von der Löschung bedroht.

Internationales Datenretter-Netzwerk

Lambert Heller steht vor Servern.

Lambert Heller sieht viele Forschungsfelder in der Gefahr, zensiert zu werden.

Im Kampf gegen das Löschen der Daten ist das TIB nicht allein: International hat sich ein breites Netz aus Privatpersonen und Einrichtungen zusammengefunden. Eine Graswurzelbewegung namens Safeguarding Research and Culture besteht aus mehreren hundert Einzelpersonen, die teils selbst Betroffene aus den USA und teils auch Forschende aus Europa sind. Sie sichern Daten auf ihren privaten Servern.

Hinzu kommen Institutionen wie das TIB in Hannover. Aktuell löscht die Regierung nur in ihren eigenen Datenbanken. Doch auch Unis könnten in Zukunft angewiesen werden, bestimmte Artikel zu löschen. Das Informationszentrum für Technik und Naturwissenschaften ist Partner der Online-Plattform arXiv, die international wissenschaftliche Arbeiten für Physik, Mathematik und Informatik veröffentlicht. Von deren Inhalten hat das TIB nun ein vollständiges Back-up hergestellt.

Arbeit noch nicht beendet

Das Back-up liegt auf riesigen Servern im Keller des TIB. „Die Rettung all dieser Daten erfordert unglaublich große Mengen Speicherplatz“, sagt Heller. Allein in Hannover sind aktuell 300 Terabyte mit Daten der Langzeitarchivierung belegt. Die Artikel sind momentan noch nicht öffentlich zugänglich, sondern in einem sogenannten Dark Archive gespeichert.

„Sobald arXiv die Artikel nicht mehr selber zur Verfügung stellen kann, weil sie zensiert wurden, wird aus dem Dark Archive ein Light Archive – und dann sind die Artikel auf den Servern in Hannover für die Wissenschaftler weltweit wieder abrufbar“, erklärt Lindlar. Die Arbeit ist allerdings noch lange nicht vorbei. Jeden Monat schauen die Forschenden, welche Artikel neu veröffentlicht worden sind und ebenfalls gesichert werden müssen.

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