Christoph Dittrich, Generalintendant des Chemnitzer Theaters, sieht große Chancen im Vorschlag der Stadt, wie er dem MDR erklärte: „Wir können hier das Figurentheater, eine Studiobühne und viele andere Dinge organisieren. Zum Beispiel auch Räume für die ganzen modernen, partizipativen Projekte.“
Auch wenn das Haus an der Zieschestraße eine „wunderbare Tradition“ in sich trage, müsse er als Verantwortlicher auch in die Zukunft schauen. Das „Objekt in der Zieschestraße“ würde viele der Vorteile eines Neubaus nicht bieten.
Schauspielhaus in marodem Zustand
Das bestehende Schauspielhaus im Park der Opfer des Faschismus gebe derweil ein schlechtes Bild ab: Beim Brandschutz bestünden „gravierende Defizite“ und „die bauliche Substanz“ sei „in weiten Teilen mangelhaft“. Zudem seien die technischen Anlagen im 40 Jahre alten Gebäude entweder veraltet oder würden nicht mehr funktionieren.
Eine Sanierung sei laut dem Papier zwar möglich, aber aufwendig. Die Stadt rechnet mit Kosten in Höhe von schätzungsweise 34 Millionen Euro. So wären zum Beispiel „Rückbauarbeiten bis zur Rohkonstruktion, Ersatzneubauten und Eingriffe in tragende Bauteile“ unumgänglich und auch die technische Infrastruktur müsste vollständig erneuert werden.
Der Chemnitzer Stadtrat soll nach der Sommerpause über den Vorschlag abstimmen. Im Anschluss wolle man, “ eine Finanzierung und mögliche Förderoptionen“ untersuchen.
Protest in Kulturhauptstadt
Über den Erhalt des Schauspielhauses wird in Chemnitz schon seit Jahren debattiert. Nachdem der Theaterbetrieb aufgrund der baulichen Mängel nicht mehr fortgeführt werden konnte, entschied sich statt zunächst für eine Übergangslösung: Seit 2022 nutzen Schauspiel und Figurentheater Räumlichkeiten im sogenannten Spinnbau. Teile des ehemaligen Fabrik-Komplexes wurden dafür aufwendig umgebaut. Allerdings verursacht die Interimsspielstätte hohe Mietkosten und ist zudem weit entfernt vom Stadtzentrum.
Gegen die endgültige Schließung des Schauspielhauses formierte sich das Protestbündnis „C the Closed“ – eine Anspielung auf den Slogan der Kulturhauptstadt 2025. Anfang Mai besetzten die Aktivisten aus Initiativen und Vereinen das leerstehende Bühnenhaus für einige Tage. Sie wollten mit der Aktion auch gegen die teils drastischen Finanz-Kürzungen im Kulturbereich demonstrieren.
Auch die Chemnitzer Band Kraftklub solidarisierte sich mit den Protestierenden. Am 28. Mai spielte die bekannte Rock-Gruppe ein Überraschungskonzert vor dem Schauspielhaus und sprach sich auf der Bühne gegen die Sparpolitik aus. Zuletzt meldeten sich auch Darsteller und Darstellerinnen des Theater Chemnitz zu Wort: Bei einer Vorstellung von Mark Twains „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ hielten sie Plakat mit der Aufschrift „Unsere Stadt braucht ihr Schauspielhaus“ in die Höhe.
Theatertradition mit Oscar-Star
Das Schauspielhaus Chemnitz hat über die Jahre vielen bekannten Schauspielern und Theaterschaffenden eine Bühne geboten. Ulrich Mühe, der mit dem Oscar-prämierten Film „Das Leben der Anderen“ international bekannt wurde, begann hier seine Bühnenkarriere – ebenso bekannte Filmgesichter wie Corinna Harfouch oder Michael Gwisdek.
Auch Frank Castorf, Regisseur und späterer Intendant der Berliner Volksbühne, arbeitete für das Schauspielhaus. Der Theatermann Hasko Weber erlebte hier einen Teil seiner Schauspielausbildung und zu besonderer Bekanntheit verhalf dem Haus später Enrico Lübbe, der das Schauspiel von 2008 bis 2013 leitete.
Baudenkmal der Ostmoderne
Das Schauspielhaus wurde 1980 eingeweiht, nachdem das alte Schauspielhaus unter ungeklärten Umständen ausgebrannt war. Der Bau im Stil der Ostmoderne galt seinerzeit als eines der modernsten Theatergebäude in der DDR. Das Bühnenhaus steht unter Denkmalschutz.
Quellen: Pressestelle der Stadt Chemnitz, Theater Chemnitz, MDR SACHSEN (Matthias Wetzel), Redaktionelle Bearbeitung: tis