Stand: 26.06.2025 16:33 Uhr

In Baden-Württemberg müssen immer mehr Schulen auf den Schwimmunterricht verzichten. Aber nicht in Karlsruhe. Können Projekte wie „SchwimmFix“ den Schwimmunterricht retten?

Zwischen Schwimmnudeln und Tauchringen wurde am Mittwoch im Fächerbad der Abschluss des diesjährigen Projekts „SchwimmFix“ gefeiert. Das Ziel: Grundschulkindern – vor allem Nichtschwimmern – das sichere Schwimmen beibringen. Und das mit großem Erfolg.  

Projekt soll Kindern schwimmen beibringen

Das Projekt gibt es bereits seit 2011. Organisiert wird „Schwimmfix“ unter anderem vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Das Projekt läuft über das gesamte Schuljahr und ergänzt den regulären Schwimmunterricht um 15 zusätzliche Einheiten mit speziell geschulten Lehrassistentinnen und -assistenten. Diese begleiten die Kinder im Wasser und fördern sie individuell – mit spielerischen Übungen und viel Motivation. 

„Die Kinder sollen Vertrauen ins Wasser bekommen und lernen, sich angstfrei darin zu bewegen“, erklärt Lisa Reichert, Sport-Lehramtsstudentin und eine der Organisatorinnen des Projekts. Sie ist selbst auch als Lehrassistentin im Einsatz – und freut sich besonders über die Fortschritte der Kinder:

Viele arbeiten auf ihr Seepferdchen hin, es ist toll zu sehen, wenn es am Ende klappt. 
Lisa Reichert, Sport-Lehramtsstudentin am KIT

Lehrassistentin Lisa Reichert bringt Grundschulkindern im Karlsruher Fächerbad das Schwimmen bei.

In Zahlen zeigt sich der Erfolg deutlich: Von rund 500 Nichtschwimmern zu Beginn des Schuljahres können jetzt 200 Kinder sicher schwimmen. Das entspricht einer Erfolgsquote von fast 39 Prozent – ein herausragendes Ergebnis, findet Reichert. 

Auch die Schwimmlehrkräfte zeigen sich begeistert. Klaus Albrecht, Schulleiter und Schwimmlehrer an der Heinz-Barth-Grundschule in Karlsruhe, hat in seinem Unterricht Unterstützung durch die Lehrassistenten erhalten. „Gerade bei großen Gruppen ist das eine enorme Entlastung. Wir wären sonst oft nur zu zweit für über 50 Kinder zuständig.“ 

Klaus Albrecht ist Schulleiter und Schwimmlehrer.

Insgesamt nehmen 44 Grundschulen aus Karlsruhe an „SchwimmFix“ teil – sie alle waren zum Aktionstag ins Fächerbad in Karlsruhe eingeladen. Neben Spielen und Mitmachaktionen stand dabei vor allem eines im Mittelpunkt: der Spaß am Schwimmen. 

DLRG warnt: Viele Kinder in Deutschland können nicht schwimmen

Dass Projekte wie „SchwimmFix“ hilfreich sein können, zeigen aktuelle Zahlen: Laut einer Umfrage der DLRG aus dem Jahr 2022 kann jedes fünfte Kind zwischen sechs und zehn Jahren in Deutschland nicht schwimmen. Über die Hälfte der Kinder verlässt die Grundschule ohne das Schwimmabzeichen Bronze – und damit ohne als „sichere Schwimmer“ zu gelten. Vielen Schulen fehle es an schulnahen Schwimmbädern, Personal oder Zeit, heißt es vom DLRG. 

„In den vergangenen 25 Jahren wurden bundesweit hunderte Schwimmbäder geschlossen. Zudem fehlt es an den Schulen immer wieder an qualifiziertem Personal für den Schwimmunterricht“, erklärt Ludwig Schulz vom DLRG-Landesverband Baden. Die DLRG unterstützt das „SchwimmFix“-Projekt lokal – etwa mit Freiwilligen im Bundesfreiwilligendienst. 

„SchwimmFix“ als Modell mit Potenzial?

Projekte wie „SchwimmFix“ zeigen, dass gute Konzepte mit ausreichender Unterstützung erfolgreich sein können. Der DLRG-Landesverband Baden unterstützt das Projekt vor Ort, sieht aber auch die Grenzen: „weder DLRG noch die Schwimmverbände können letztlich flächendeckend Lehrer und fehlende Wasserfläche für die Ausbildung ersetzen“, erklärt Ludwig Schulz. 

Und dennoch: Für viele Kinder ist „SchwimmFix“ der erste Schritt zur Sicherheit im Wasser – und damit zur Lebensrettung. Dass solche Projekte ausgebaut werden sollten, ist für den Schwimmlehrer Klaus Albrecht klar. Schwimmen ist für ihn mehr als nur Lebensrettung: „Wer nicht mit ins Freibad kann, der verpasst eine Menge Freizeitspaß.“  

Gerichtsprozess sorgt für Unsicherheit unter Lehrkräften

Während sich in Karlsruhe über eine Verbesserung der Nichtschwimmerquote gefreut wird, wächst in anderen Teilen Baden-Württembergs die Unsicherheit. Auslöser war ein tragischer Vorfall: Im Februar dieses Jahres verurteilte das Amtsgericht Konstanz zwei Lehrerinnen wegen fahrlässiger Tötung. Unter ihrer Aufsicht war 2023 ein siebenjähriger Junge beim Schulschwimmen ertrunken. 

„Lehrkräfte sind seit dem Urteil in Unruhe und Sorge, aber haben auch Angst, dass ihnen das gleiche passieren kann“, berichtet Monika Stein, GEW-Vorsitzende in Baden-Württemberg. Zahlreiche Lehrkräfte stellten sich die Frage, wie sie die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler im Schwimmunterricht sicherstellen können.

Bei einer Umfrage unter 2.000 Lehrkräften nannten viele die fehlende rettungsfähige Ausbildung, zu große Gruppen und nichtschwimmende Kinder als Hauptprobleme. An einigen Schulen in Baden-Württemberg muss der Schwimmunterricht daher bereits ausfallen, so Stein. „Grundsätzlich empfinde ich Projekte wie Schwimmfix aber als sehr positiv“, sagt die GEW-Landesvorsitzende.   

Sendung am Do., 26.6.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Baden-Württemberg, SWR BW

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