Der Mann aus dem Remmo-Clan ballte die Fäuste. Der 21-Jährige sah nicht nach seiner verletzten Schwester, die nach einem Unfall auf der Straße lag. Er stürmte zum Polizeiwagen, der die damals 15-Jährige erfasst hatte. Der Bruder riss die Tür auf, schlug auf die Beamtin am Steuer ein.
„Ich war wie in einem Tunnel“, gestand er vor dem Amtsgericht Tiergarten. Wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Widerstands erhielt er eine Jugendstrafe von zehn Monaten Haft auf Bewährung. Er soll zudem 4.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.
Das Jahr 2024 hatte gerade begonnen, als vor einer Villa in Buckow geböllert wurde. Mitglieder des deutsch-arabischen Clans waren auf der Straße.
„Plötzlich war da ein Mädchen“, schilderte eine 24-jährige Polizistin im Prozess gegen den 21-Jährigen. Obwohl das Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und eingeschaltetem Martinshorn unterwegs nach Mariendorf gewesen sei.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Externen Inhalt anzeigen
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Polizistin war angeschnallt und konnte sich nicht wehren
„Ich leitete sofort eine Gefahrenbremsung ein.“ Einen Unfall konnte sie nicht verhindern. „Ich sah sie fliegen, ich stand unter Schock.“ Ein Bruder der 15-Jährigen griff an.
Der 150-Kilo-Mann riss die Wagentür auf. „Warum hast du das gemacht“, brüllte er laut Ermittlungen und drosch auf die Frau am Steuer ein, traf Kopf und Gesicht. Sie war angeschnallt und konnte sich nicht wehren.
„Ich dachte, hier komme ich nicht mehr raus“, sagte die 24-Jährige als Zeugin. Sie erlitt Hämatome, Prellungen und psychische Folgen. Dennoch wolle sie Polizistin bleiben – „aus Überzeugung“.
Mehrere Kollegen der attackierten Beamtin griffen ein. Sie zogen den Angreifer aus dem Fahrzeug. Er habe aggressiv um sich geschlagen, so die Anklage. Ein Beamter setzte schließlich Pfefferspray ein, um ihn zu stoppen.
Angeklagter soll aggressiv um sich geschlagen haben
„Ich habe der Polizistin großes Unrecht angetan, ich möchte mich entschuldigen“, hieß es in einer Erklärung des Clan-Mitglieds. Nachdem er seine Schwester durch die Luft fliegen sah, sei er „völlig durchgedreht“. Er habe noch nie zuvor einen Menschen verletzt – „ich bin keine gewalttätige Person“. Sein Verteidiger sprach von einer psychischen Ausnahmesituation.
Der 21-Jährige ist in Berlin als zehntes von zwölf Kindern geboren. Die Schule besuchte er bis zur 4. Klasse, er sei dann nicht mehr beschulbar gewesen, hieß es im Prozess. Er ist arbeitslos, bezieht Bürgergeld. Es gab Strafverfahren wegen Diebstahls gegen ihn, die mit richterlichen Weisungen endeten. Derzeit wohnt er bei einem Bruder.
Die Villa in Buckow gehört zu 77 Immobilien, die die Berliner Staatsanwaltschaft 2018 beschlagnahmt hatte. Das Anwesen wurde mit nicht legalem Geld gekauft, bestätigten Gerichte. Nach jahrelangem Rechtsstreit wurde die einstige Villa des Remmo-Clans in Alt-Buckow im März 2024 an den Staat übergeben – in einem „insgesamt desolaten Zustand“, hieß es damals.
Gegen Remmo-Männer wird immer wieder ermittelt. Spektakuläre Fälle sind darunter – geplünderte Schließfächer einer Bank in Mariendorf 2014, der Diebstahl der großen Goldmünze aus dem Berliner Bodemuseum, fünf Männer aus dem Clan wurden 2023 wegen des Diebstahls von Diamanten aus dem Grünen Gewölbe in Dresden zu Gefängnisstrafen verurteilt.
Mehr zum Thema lesen Sie hier: Debatte um Clan-Kriminalität in Berlin Ohne langen Atem wird es eben nicht gehen 600 Euro pro WG-Platz Wie der Berliner Remmo-Clan an indischen Fahrrad-Kurieren verdient 15 Jahre Leerstand in Berlin-Moabit Prozess um mutmaßliche Remmo-Immobilie beginnt
Im Fall des zur Tatzeit 20-Jährigen befand das Gericht: „Eine absolut falsche Reaktion.“ Neben der Jugendstrafe und dem Schmerzensgeld wurden ihm 100 Stunden Freizeitarbeit auferlegt, zudem soll er ein Kompetenztraining besuchen. Für zwei Jahre soll er einem Bewährungshelfer unterstellt werden. Der Staatsanwalt hatte 18 Monate Haft auf Bewährung gefordert, der Verteidiger plädierte auf Freizeitarbeit.