Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat sich nach dem EU-Gipfel für den zeitnahen Abschluss eines Zollabkommens mit den USA ausgesprochen. „Wir haben bis zum 9. Juli noch weniger als zwei Wochen Zeit und da kann man nicht ein ausgefeiltes Handelsabkommen verabreden“, sagte Merz am Abend in Brüssel.

Auf dem Gipfel wurde beraten, mit welcher Strategie die EU-Kommission in die finalen Gespräche mit der US-Regierung gehen soll, um eine Eskalation des Zollstreits noch abzuwenden. Merz wirbt dafür, zunächst ein Grundsatzabkommen abzuschließen, wie es die USA auch mit Brasilien und Großbritannien abgeschlossen haben. Detaillierte Zollvereinbarungen könnten dann folgen. 

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach sich ebenfalls für ein pragmatisches Abkommen aus. Allerdings sagte er, dass sein Land keine unausgewogenen Bedingungen akzeptieren werde. Alle Hebel müssten in Bewegung gesetzt werden, um ein faires Abkommen zu gewährleisten. „Unser guter Wille sollte nicht als Schwäche angesehen werden“, sagte Macron. 

USA unterbreiten der EU einen neuen Vorschlag

Die US-Regierung hatte der EU-Kommission zuletzt einen neuen Vorschlag für eine Einigung im Zollstreit vorgelegt. Kommissionspräsidentin von der Leyen habe den 27 EU-Staats- und Regierungschefs die Vorschläge beim Abendessen skizziert, aber noch keine Entscheidung gefällt, hieß es. „Alle Optionen liegen immer noch auf dem Tisch“, sagte sie. Man sei bereit für eine Einigung, werde die europäischen Interessen bei Bedarf aber verteidigen. 

US-Präsident Donald Trump hat mit seiner Zollpolitik einen Streit mit Handelspartnern weltweit ausgelöst. Er verhängte im April hohe zusätzliche Zölle gegen zahlreiche Staaten, reduzierte sie dann aber kurz darauf für 90 Tage auf zehn Prozent. Am 9. Juli könnte dieser Zollsatz seinen Drohungen zufolge auf das Fünffache steigen. Sollten die Verhandlungen mit den USA scheitern, hat die EU allerdings selbst Gegenzölle vorbereitet.

Merz unterstützt Alternative zu Welthandelsorganisation

Merz sprach sich im Rahmen des Gipfels für den Aufbau einer neuen europäischen Handelsorganisation aus, die die Welthandelsorganisation (WTO) ersetzen könnte. Er habe darüber bereits mit Macron und dem britischen Premierminister Keir Starmer gesprochen und unterstütze einen entsprechenden Vorschlag von der Leyen. 

© Lea Dohle

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„Wenn die WTO so funktionsunfähig ist, wie sie es schon seit Jahren ist, dann müssen wir uns als diejenigen, die den freien Handel unverändert für richtig halten, etwas anderes einfallen lassen“, sagte Merz. Von der Leyen sagte: „Wir wollen der Welt zeigen, dass freier Handel mit einer großen Zahl von Staaten möglich ist, wenn dabei Regeln eingehalten werden.“

Mercosurabkommen in den letzten Zügen

Merz zufolge steht außerdem das Handelsabkommen zwischen der EU und den südamerikanischen Mercosurstaaten kurz vor dem Abschluss. Es gebe nur noch kleinere offene Fragen an einzelnen Punkten. Ein schneller Abschluss des Abkommens sende auch ein Signal, dass man mit den Europäern schnell verhandeln könne, sagte Merz. 

Beim ersten EU-Gipfel des Bundeskanzlers haben die Staats- und Regierungschefs auch über Verteidigung, die Nato und die Ukraine beraten. In zwei wichtigen Punkten konnten sie sich nicht einigen: dem 18. Sanktionspaket gegen Russland und einem Aussetzen des Assoziierungsabkommens mit Israel.

Zollstreit

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