Infografik

Standdatum: 27. Juni 2025.

Autorinnen und Autoren:
Alexander Schnackenburg

Passanten in einer Innenstadt, unscharf dargestellt (Symbolbild)

Immer mehr Menschen verschiedener Herkunft prägen das Bild in Deutschlands Städten. Um dem gerecht zu werden, hat der Bund den Zugang zur doppelten Staatsbürgerschaft erleichtert.

Bild: dpa | SvenSimon/Frank Hoermann

Immer mehr Menschen lassen sich in Deutschland einbürgern, auch in Bremen. Der Grund: eine Gesetzesnovelle aus dem Vorjahr. Sie erleichtert doppelte Staatsbürgerschaften.

Auf diese Chance hat Emmel Tekin lange gewartet: darauf, die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen zu können – ohne die türkische aufgeben zu müssen. Genau das ist in Deutschland seit einem Jahr möglich. Seit dem 27. Juni 2024 greift in der Bundesrepublik ein neues Staatsbürgerschaftsrecht. Es ermöglicht Menschen, die sich bis dahin für eine einzige Staatsbürgerschaft entscheiden mussten, die doppelte Staatszugehörigkeit. Bundesweit sind dadurch die Einbürgerungszahlen in die Höhe geschnellt – genau, wie es sich die damalige Bundesregierung gewünscht hatte: Das Gesetz dient dem Ziel, einen zusätzlichen Anreiz zur Integration zu schaffen.

Tatsächlich sagt auch Tekin: „Ich habe mir das schon lange gewünscht. Ich interessiere mich für Politik und möchte sowohl in Deutschland als auch in der Türkei wählen.“ Die 29-Jährige stammt aus einer türkischstämmigen Familie, ist aber in Bremen geboren und aufgewachsen. „Ich fühle mich mehr als Deutsche, aber nicht ausschließlich als Deutsche“, sagt die angehende medizinische Fachangestellte, die in einer Bremer Hausarztpraxis arbeitet. Sie freut sich darauf, bald sowohl türkische als auch deutsche Staatsbürgerin zu sein. Vor etwa einem halben Jahr hat sie die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt. Seither wartet sie auf ihre Einbürgerungsurkunde.

Lange Wartezeiten

Emmel Tekin

Hat auf die Option der doppelten Staatsbürgerschaft gewartet: Emmel Tekin.

Bild: Emmel Tekin

Wenn Tekin Pech hat, muss sie allerdings noch lange warten. Zwar erhielten einige Antragsteller ihre Einbürgerungsurkunden bereits nach wenigen Wochen, teilt das Innenressort mit. In anderen Fällen könnten jedoch bis zu 28 Monaten zwischen Antragstellung und abschließender Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen vergehen – zumal dann, wenn es sich um komplizierte Fälle handele, bei denen die Behörden viel überprüfen müssten. Der Hauptgrund für die langen Bearbeitungszeiten aber liege in der seit Jahren steigenden Zahl an Einbürgerungsanträgen.

Einbürgerungsanträge im Land Bremen

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Trotz des teilweise erheblichen Vorlaufs vom Antrag auf die deutsche Staatszugehörigkeit bis zur Aushändigung der Einbürgerungsurkunde hat sich die Novelle des Staatsbürgerschaftsrechts vom 27. Juni 2024 bereits deutlich auf die Einbürgerungsstatistik für 2024 ausgewirkt. So haben 2024 laut Statistischem Bundesamt rund 292.000 Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft erworben – etwa 92.000 mehr als im Jahr zuvor. In Bremen waren es 4.640 – und damit 80 mehr als im Jahr 2023. Die meisten heutigen Antragsteller stammen laut Innenressort aus Syrien, gefolgt von der Türkei und von Afghanistan sowie aus dem Iran, der Russischen Föderation, aus Nigeria, Albanien, Ghana, Somalia und aus dem Irak.

Einbürgerungen in Bremen, Niedersachsen und Deutschland

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Prognose schwierig

Ein deutscher Reisepass liegt auf einem Antrag auf Einbürgerung (Symbolbild)

Der deutsche Pass ist für viele zugewanderte Menschen ein Gewinn, wenn sie etwa verreisen wollen.

Bild: Imago | Sven Simon

Ob sich der bundesweite Trend zu mehr Einbürgerungen dauerhaft fortsetzen wird, lässt sich nach Angaben des Innenressorts schwer vorhersehen. Zumindest für die nahe Zukunft geht das Ressort allerdings davon aus. So rechne man allein für die Stadtgemeinde Bremen mit rund 9.000 Einbürgerungsanträgen für das laufende Jahr. Das wären 2.500 mehr als 2024, was einem Plus von fast 40 Prozent entspräche.

Die deutsche Reform des Staatsbürgerschaftsrechts aus dem Vorjahr wirkt sich allerdings nicht nur auf die Zahl der Einbürgerungen in Deutschland aus. So sagt Canan Sevil aus dem Innenressort: „Auch deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger mit Migrationshintergrund können infolge der Reform eine weitere Staatsbürgerschaft beantragen.“ So lebten in Bremen beispielsweise einige türkischstämmige Menschen, die sich vor Jahren für die deutsche Staatsbürgerschaft entschieden hätten – und nun zusätzlich dazu die türkische beantragten. Zahlen, um wie viele Menschen es sich hierbei genau handele, lägen ihr allerdings nicht vor.

Auch vor Reform schon doppelte Staatsbürgerschaften

Eine junge Frau mit schwarzen Haaren schaut in die Kamera

Rozita Amiri studiert an der Uni Bremen. Sie stammt aus Afghanistan, fühlt sich aber längst als Deutsche.

Bild: Rozita Amiri

Schließlich leben in Bremen auch Menschen mit Migrationshintergrund, die bereits vor der Reform eine doppelte Staatsbürgerschaft hatten. Dazu zählt Rozita Amiri. Die 24-jährige Bremer Studentin ist im April 2024 deutsche Staatsbürgerin geworden. Doch, ob sie will oder nicht: Sie ist auch weiterhin Staatsbürgerin Afghanistans. Der Hintergrund: Wer Staatsbürger Afghanistans ist, kann diese Staatsbürgerschaft nicht einfach ablegen. Gleiches gilt für die Bürger einer Reihe weiterer Länder, darunter Algerien, Brasilien, Bolivien, Eritrea oder Iran. Deshalb gab es für sie in Deutschland bereits vor der Gesetzesnovelle die Möglichkeit zur doppelten Staatsbürgerschaft.

Gleichwohl freut sich Amiri darüber, dass der Zugang zum zweiten Pass in Deutschland seit einem Jahr noch viel mehr Menschen mit Migrationshintergrund offensteht. Sie sagt: „Der deutsche Pass gehört für mich irgendwie dazu, wenn man Teil dieser Gemeinschaft sein will.“ Entsprechend handele es sich bei dem neuen deutschen Staatsbürgerschaftsrecht um ein fortschrittliches Gesetz. Amiri hofft, dass es auch in Zukunft vielen Menschen in Deutschland den Weg zum zweiten Pass erleichtern wird.

Information zum Thema
Das ist neu am deutschen Staatsangehörigkeitsgesetz

Seit dem 27. Juni greift in Deutschland ein neues Staatangehörigkeitsgesetz (StAG). Es bringt im Kern diese Neuerungen mit sich:

  • Niemand muss seine bisherige Staatsangehörigkeit bei der Einbürgerung aufgeben..
  • Statt nach acht Jahren können die Menschen bereits nach fünf Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten. Bei „besonderen Integrationsleistungen“ ist die Einbürgerung bereits nach drei Jahren möglich. .
  • Alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern werden vorbehaltlos deutsche Staatsangehörige. Zudem können sie die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern behalten, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. .
  • Die Lebensleistung der Gastarbeitergeneration soll anerkannt werden: Der Nachweis mündlicher Sprachkenntnisse genügt für eine Einbürgerung. Es ist kein Einbürgerungstest notwendig. .

Quelle: Bundesministerium des Innern und für Heimat

Ende der Information zum Thema

Quelle:
buten un binnen.

Dieses Thema im Programm:
Bremen Eins, Der Morgen, 27. Juni 2025, 8:20 Uhr