Neu beim Kunstwochenende, an dem 36 Galerien beteiligt sind, ist auch die Kooperation mit der Bayerischen Staatsoper, die ihre Festspiele unter dem Motto „Mythen und Wandel“ mit einer Neuinszenierung von Mozarts „Don Giovanni“ eröffnen. Auch die Oper ist gerade dabei, sich für ein breiteres Publikum neu zu erfinden. Wer vor wenigen Tagen miterlebte, wie die überwiegend jugendlichen Menschenmassen bei der Eröffnung der Apollon-Stufenbar unter der Regenbogen-Installation „Dreams and Dramas“ von Ugo Rondinone den Darbietungen der Sänger des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper zujubelten, kann nur sagen: Das hat schon mal geklappt.

Über dem Dach der Bayerischen Staatsoper leuchtet die Regenbogen-Installation „Dreams and Dramas“ von Ugo Rondinone, hier während der Eröffnung der Apollon Stufenbar vor wenigen Tagen.Über dem Dach der Bayerischen Staatsoper leuchtet die Regenbogen-Installation „Dreams and Dramas“ von Ugo Rondinone, hier während der Eröffnung der Apollon Stufenbar vor wenigen Tagen. (Foto: Evelyn Vogel)

Als Zeichen der noch jungen Kooperation gibt es am Samstag, 5. Juli, zwischen 14.30 Uhr und 17 Uhr in ausgewählten Galerien kleine musikalische Intermezzi, sogenannte Wander-, man könnte auch sagen Wandel-Konzerte. Mehr dazu weiter unten. Das Thema „Mythen“ haben einige der Galerien aufgegriffen und widmen sich in ihren Ausstellungen dem Thema.

Einen Wandel haben auch Website und Katalog zum Gallery Weekend erlebt. Da gibt es ein digitales Magazin mit Neuigkeiten, Interviews und Porträts rund um die Münchner Kunstszene. Der Katalog enthält nun zusätzlich zu den Infos über die beteiligten Galerien und Institutionen des Gallery Weekends auch Gastro-Tipps und Hinweise auf kleine Ruhe-Oasen in den jeweiligen Stadtvierteln.

Was geblieben ist, sind die geführten Rundgänge durch die Galerien. Sie finden am Freitag, Samstag und Sonntag zu festen Zeiten statt, dauern jeweils etwa zwei Stunden und sind kostenpflichtig (Buchung am einfachsten direkt über die Website). Wer sich auf eigene Faust aufmachen möchte, hier ein Überblick, wo es was zu sehen gibt – und was man nicht verpassen sollte.

Entdeckungen im GlockenbachviertelShakespeare lässt grüßen: Die Installation „The Sonnenschein Rhapsodies“ von Böhler & Orendt aus dem Jahr 2023 ist bei Nicole Gnesa zu sehen. Die Installation weist eine beachtliche Anzahl an Elementen auf: Stahl, Baumstämme, Spineboards, Flatscreen-Displays, Ein-Platinen-Rechner, LAN-Netzwerk, Lautsprecher, Kabel, Lack, Bühnenfilz, sieben Videoloops.Shakespeare lässt grüßen: Die Installation „The Sonnenschein Rhapsodies“ von Böhler & Orendt aus dem Jahr 2023 ist bei Nicole Gnesa zu sehen. Die Installation weist eine beachtliche Anzahl an Elementen auf: Stahl, Baumstämme, Spineboards, Flatscreen-Displays, Ein-Platinen-Rechner, LAN-Netzwerk, Lautsprecher, Kabel, Lack, Bühnenfilz, sieben Videoloops. (Foto: Böhler & Orendt)

Inspiriert von Shakespeares „Macbeth“, wo der Wald von Birnam als unheilvoller Vorbote von Wandel und Verhängnis auftritt, verhandeln Böhler & Orendt, Felix Burger und Sophia Süßmilch das Motiv des Waldes als Spiegel innerer und äußerer Verwerfungen. Die Galerie Nicole Gnesa macht daraus – auch mit einem Augenzwinkern – die Ausstellung „Great Birnam Wood“, in der der Wald nicht mehr als romantisch-mystische Zuflucht, sondern als Austragungsort aktueller Konflikte erscheint. In der Heitsch Gallery erforscht Eike König die Verbindung zwischen Mythos und Sprache in seiner Ausstellung „Die Präsenz des Abwesenden“. In und aufs Wasser als Symbol von Veränderung, Fluidität und Unbeständigkeit führt die Gruppenausstellung „H2O“ bei Wolfgang Jahn. Und ein Wiedersehen mit einem Klassiker der Arte Povera, Michelangelo Pistoletto, gibt es in der Galerie Tanit.

Rund um die OperMads Rafte Hein hat in seinem Gemälde „Livingleben“ (2025) ein opulentes Interieur geschaffen. Zu sehen bei Galerie Filser & Gräf.Mads Rafte Hein hat in seinem Gemälde „Livingleben“ (2025) ein opulentes Interieur geschaffen. Zu sehen bei Galerie Filser & Gräf. (Foto: Open Art Munich Gallery Weekend)

Wie man vom Kaugummi auf der Straße zur Poesie der Romantik gelangt, dabei die Globalisierung streift und den Eurozentrismus hinter sich lässt – das zeigt Gerd Rohling in seiner Ausstellung „Sweetart“. Ob man ihm dabei folgen kann, lässt sich in der Behncke Gallery feststellen. In jedem Fall findet der 78 Jahre alte Künstler dafür eine farbintensive Bildsprache. Um Spuren der Erinnerung soll es bei Tina Berning & Anna Krammig gehen. Die beiden Malerinnen sind bei Andreas Binder zu Gast. Der dänische Maler Mads Rafte Hein ist mit seinen prächtigen Innenräumen bei Filser & Gräf zu entdecken, denn er stellt das erste Mal in Deutschland aus.

Madge Gill war getrieben von dem Phantom „Myrninerest“, ihre mystischen Arbeiten bildeten eine Art Schutzwall gegen eine äußere Welt. Walter Stöhrer hingegen wählte bewusst eine gestische und fragmentarische Erkundung mythischer Prinzipien wie Rausch und Ekstase. Wie das zusammengeht, zeigt Florian Sundheimer in seiner Galerie. Und unter dem Titel „Mythos Licht“ widmet Gudrun Spielvogel dem Frankfurter Künstler Klaus Staudt ihre aktuelle Ausstellung. Staudts wunderbare geometrische Abstraktionen sind immer wieder sehenswert.

Zwei Galerien. Zwei Akte. Ein Manifest. Ping Rodach stellt unter dem Titel „Der Kaiser träumt nackt“ Werke von Hubertus Hamm und Andreas Zagler aus. Und die Show geht weiter, zusammen mit dem Projektraum Kunzt66, wo in einer Gruppenausstellung „ein gemeinsames Manifest für eine neue visuelle Philosophie“ präsentiert wird. Im Zentrum: eine Arbeit von Jonathan Meese, die nicht an der Wand hängen, sondern getragen werden soll. Man wird sehen, wer am Ende nackt da steht.

Unterwegs im KunstarealDas Manifest beginnt nicht an der Wand, sondern auf dem Körper. Jonathan Meeses Original-Scan „MEE MANIFEST 250418“ – nur als T-Shirt? In der Ausstellung „Der Kaiser ist nackt“ bei Kunzt66.Das Manifest beginnt nicht an der Wand, sondern auf dem Körper. Jonathan Meeses Original-Scan „MEE MANIFEST 250418“ – nur als T-Shirt? In der Ausstellung „Der Kaiser ist nackt“ bei Kunzt66. (Foto: Kunzt66)

Mit Meese wären wir auch schon im Kunstareal angekommen. Hier findet sich seit Jahren die größte Dichte an Galerien in München. Barbara Ruetz und Renate Bender sind hier Tür an Tür. Und beide zeigen Gegenüberstellungen von Malerei und Skulptur. Bei Ruetz gibt’s Susanne Zuehlke (Malerei) und Christian Rudolph (Skulptur), Bender präsentiert Werke des legendären Stahlbildhauers Alf Lechner, der in diesem Jahr 100 geworden wäre, und Malerei des 60 Jahre jüngeren Marco Stanke. Spannend, was die beiden sich zu sagen haben. Margret Biedermann zeigt in ihrer kleinen Galerie Christian Froschs „Malereiforschung“. Während Françoise Heitsch wie immer experimentell ist und in der Gruppenausstellung „Hybrid States“ das vielschichtige Gefüge aus analogen und digitalen Wirklichkeiten, Körpern und Daten, Ordnung und Chaos erkunden lässt.

„Aenigma“ heißt die Ausstellung bei Heldenreizer, der Werke von Giorgio de Chirico, Faye Formisano, Audrey Guttman und Lulù Nuti zeigt. Barocken Adelporträts stellt Undine Bandelin in ihren Gemälden der heutigen Selfie-Kultur gegenüber. Ihre Werke sind in der Galerie J.J. Heckenhauer zu sehen. Die Ausstellung „Künstliche Mythologie“ von Du Zhenjun bietet einen Einblick in eine Welt, die alte Mythologien und zeitgenössische technologische Fiktionen miteinander verwebt. Zu sehen in der Galerie Oriane. Die Ausstellung „Distant Inventions“ in der Quittenbaum Gallery lädt ein, sich zu erinnern. Dort zeigen Nicolas Pallavicini und Emiliano Coletta im Dialog ihrer Malerei und Skulptur, welche Formen die Dinge in der distanzierenden Rückschau des Erinnerns annehmen können.

Nicola Staeglich versetzt Farbe mithilfe von Acrylglas und Licht in einen Zustand des Schwebens. Wie das aussieht, kann man bei Wittenbrink entdecken. „Oberschweinbach im August und andere Mythen“ heißt die Ausstellung des Malers Mongi Higgs, die bei Konsum163 gezeigt wird. Eine Szenerie, die sich zwischen Kammerspiel und nostalgischer Projektion bewegen soll. Die Malerin Ulrike Seyboth und der Zeichner und Bildhauer Ingo Fröhlich erzählen in der Ausstellung „Auf Achse“ von der Kunst, zwischen Berlin und Südfrankreich zu leben. Die Ausstellung zweier künstlerischer Gegenpole, die seit Jahren in einem „Atelier vagabond“ arbeiten, ist bei Fenna Wehlau zu sehen.

Walter Storms zeigt Günther Ueckers Bühnenbild für Wagners „Lohengrin“, 1. Akt, 1. Auftakt, entstanden 1979 für die Festspiele in Bayreuth.Walter Storms zeigt Günther Ueckers Bühnenbild für Wagners „Lohengrin“, 1. Akt, 1. Auftakt, entstanden 1979 für die Festspiele in Bayreuth. (Foto: Lothar Wolleh)

Walter Storms zollt dem jüngst verstorbenen, vor allem als „Nagelkünstler“ bekannten Günther Uecker noch einmal Respekt und zeigt passend zum Mythen-Thema Ueckers Bühnenbildentwürfe und Figurinen für Richard Wagners „Lohengrin“ für die Bayreuther Festspiele 1979. „Im Zeichen der Schöpfungsmythen“ heißt die Ausstellung von Rune Mields bei Carol Johnssen, bei der sie Ordnungssysteme menschlicher Kultur in eine strenge Formsprache in Schwarz-Weiß übersetzt.

Die wunderbar zarten, auch verstörenden Fotografien von Jean-Marie Bottequin zeigt die Autoren Galerie 1. Frauenfiguren in verschiedenen Stadien des Lebenszyklus, dargestellt als „skulpturale“ Wesen wie nicht von dieser Welt. Und in der Galerie von Rüdiger Schöttle ist noch die von der Künstlerin Leiko Ikemura kuratierte Gruppenausstellung „Breaking the walls, Dino appears“ zu sehen.

Westlich des KunstarealsChris Tille: „Monet’s Garden in Giverny | Traces of Light“, 2024. Die Fotografien Tilles sind in der Smudajescheck Galerie zu sehen.Chris Tille: „Monet’s Garden in Giverny | Traces of Light“, 2024. Die Fotografien Tilles sind in der Smudajescheck Galerie zu sehen. (Foto: Chris Tille)

Um zwischenmenschliche Beziehungen in einer fantastischen Traumwelt kreisen die überbordenden Werke der Malerin Aleksandra Belić. Zu sehen sind sie bei Braun-Falco. Die Soloausstellung „Commedia dell’Arte“ der in Amsterdam geborenen Fotografin Danielle van Zadelhoff zeigt die Galerie Stephan Stumpf. Entlang der Wege von Malern wie Claude Monet und Vincent van Gogh hat der Fotograf und Künstler Chris Tille das einzigartige Licht mit einem Spektrometer analysiert. Die zarten, aber auch farbintensiven Fotografien stellt die Smudajescheck Galerie vor. Und die Malerei von Luise Ramsauer ist bei Michael Heufelder zu sehen.

Nach Haidhausen und BogenhausenJulia Smirnova: „White Horse and the blue Wall“, 2022, analoge Fotografie, zu sehen in der  Galerie Artoxin.Julia Smirnova: „White Horse and the blue Wall“, 2022, analoge Fotografie, zu sehen in der  Galerie Artoxin. (Foto: Julia Milberger)

Auf die nordische Mythologie des Skíðblaðnir, eines magischen Schiffes des Gottes Freyr, das sich zusammenfalten und wieder entfalten kann, verweist der Titel der Ausstellung „Between the Folded Horizons“ von Julia Smirnova. Die Galerie Artoxin präsentiert ihre Installationen aus Fotografie, Objekten, Video, Klang, integrierten Drahtskulpturen sowie Fundstücken. Als ein „Mythos im Verborgenen“ bezeichnete die auf Fotografie spezialisierte Galeristin Ira Stehmann das Werk von Vivian Maier. Die erst posthum entdeckte amerikanische Fotografin gilt heute als Ikone der Street Photography. Ihre Schwarz-Weiß-Aufnahmen sind immer wieder eine Offenbarung amerikanischer Lebenswirklichkeit.

Wanderkonzerte der Bayerischen Staatsoper

Ein mehrfaches musikalisches „Stelldichein!“ geben Musiker der Bayerischen Staatsoper in ausgewählten Galerien am Samstag, 5. Juli. Die drei an das Mythen-Motto angelehnte Kurzprogramme touren durch jeweils drei Galerien. Wer entsprechend wandert, kann sich sein Konzert selbst zusammenstellen oder es in neuer Umgebung ein weiteres Mal erleben. Die Mini-Konzerte dauern jeweils etwa 20 Minuten, sodass genug Zeit bleibt, um den Ort zu wechseln. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich.

Was steht auf dem Programm? Der Klarinettist Markus Schön spielt Claude Debussy „Syrinx“, Ilse Fromm-Michaels „Stimmungen eines Fauns op. 11“ und Șerban Nichifor „Carnyx (Dionisies VI)“. Und zwar um 14.30 Uhr in der Galerie Artoxin, um 15.30 Uhr bei Florian Sundheimer und um 16.30 Uhr bei Filser & Gräf.

Ein Konzert für Kontrabass-Solo gibt Andreas Riepl mit der „Sonata enigmatica op. 81“ von Gottfried von Einem. Zu hören um 14.30 Uhr in der Galerie von Barbara Ruetz, um  15.30 Uhr bei Oriane und um 16.30 Uhr bei Wittenbrink.

Johannes Dengler und Christian Loferer präsentieren ein Programm für Horn-Duo mit Werken von William Croft (Sonata No. 1 in e-Moll), Georges Barboteu (Duo pour deux cors) und Christian Loferer, das um 14.30 Uhr in der Heitsch Gallery, um 15.30 Uhr bei Nicole Gnesa und um 16.30 Uhr bei Tanit erklingen wird.

Open Art Munich Gallery Weekend, Eröffnung: Donnerstag, 3. Juli, 18 bis 21 Uhr, Freitag bis Sonntag, 4. bis 6. Juli, jeweils 11 bis 18 Uhr