Mitten im historischen Klosterviertel befindet sich ein Wohnhaus, das auf engstem Raum mit architektonischer Raffinesse überrascht. Der Entwurf von Sohrab Zafari zeigt, wie zeitgenössische Architektur in sensiblen Altstadtlagen bestehen kann, ohne sich aufzudrängen.
Auf dem Grundstück mit einer Fläche von 520 Quadratmetern, das zuvor mit Garagen bebaut war, steht ein besonderes Wohnhaus des Atelier Zafari. / © Foto: ENTWICKLUNGSSTADT
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Nur wenige Gehminuten vom Alexanderplatz entfernt liegt die Waisenstraße. Zwischen Resten der alten Stadtmauer und denkmalgeschützten Bauten befindet sich hier ein Wohnhaus, das sich bewusst von der gewohnten Berliner Blockrandbebauung absetzt. Entworfen wurde es vom Architekten Sohrab Zafari, der auf dem kleinen und komplexen Grundstück eine ungewöhnliche Lösung entwickelt hat.
Das Grundstück misst lediglich 520 Quadratmeter und war zuvor mit Garagen bebaut. Es liegt eingebettet zwischen der engen Straßenflucht der Waisenstraße und einem rückwärtigen Gewerbehof mit sechs Geschossen. Zusätzlich war die Nordwestfassade als Brandwand auszubilden, was Fensteröffnungen unmöglich machte. Zafari nutzte diese Einschränkung gestalterisch und entwarf eine fensterlose Fläche mit klarer Plastizität, die dem Haus eine besondere Ausstrahlung verleiht.
Waisenstraße in Berlin-Mitte: Verdichteter Wohnraum mit Struktur
Im Inneren des Neubaus verteilen sich sieben individuelle Wohneinheiten auf ein komplexes räumliches Gefüge. Der Architekt wollte dabei nicht auf Wiederholung, sondern auf Vielfalt setzen. So entstanden unter anderem ein fünfgeschossiges Townhouse mit Dachterrasse und Pool sowie mehrere Geschosswohnungen, darunter zwei Maisonette-Wohnungen. Drei der Einheiten wurden auch im Innenausbau von Zafari gestaltet.
Besonders wichtig war die Frage der Belichtung. Trotz der engen Umgebungsbebauung gelang es, helle und durchlässige Räume zu schaffen. Die weiß verputzten Fassadenflächen im Inneren reflektieren das Tageslicht, die Geometrie des Gebäudes leitet es gezielt in die verschiedenen Wohnebenen. Der Architekt beschrieb das Gebäude gegenüber BauNetz als ein Haus, das mit Licht gebaut wurde und das sich je nach Tages- und Jahreszeit verändere.
„Haus Licht und Schadow“: Atelier Zafari realisiert Wohn- und Gewerbeeinheiten an der Schadowstraße
Nicht weit entfernt entsteht an der Schadowstraße, nahe dem Boulevard Unter den Linden, ein weiteres Projekt des Atelier Zafari. Auf einem kleinen Eckgrundstück wird derzeit ein Neubau mit zwölf Wohneinheiten und zwei Gewerbeeinheiten realisiert. Das neue Gebäude entsteht direkt neben dem historischen Schadowhaus, dem ehemaligen Wohnhaus des Berliner Bildhauers Johann Gottfried Schadow.
Im Unterschied zur Waisenstraße fällt der Entwurf an der Schadowstraße zurückhaltender aus. Die beengten Verhältnisse und der direkte Anschluss an den Bestandsbau erfordern ein hohes Maß an städtebaulicher Sensibilität. Der Projektname „Haus Licht und Schadow“ verweist auf die historische Bedeutung des Ortes und unterstreicht zugleich das gestalterische Leitmotiv des Architekturbüros.
Wandel im Klosterviertel: Umbau von DDR-Bestandsbau nimmt Form an
Auch rund um die Waisenstraße wird städtebaulich weitergedacht. Der Projektentwickler Trockland saniert an der Klosterstraße ein Bürogebäude aus der DDR-Zeit und ergänzt es um ein neues Wohn- und Gewerbegebäude.
Dabei bleibt der Bestand erhalten und wird durch eine neue Fassadengestaltung und zusätzliche Nutzungen aufgewertet. Das Ensemble, zu dem auch der Neubau „Sixty2“ gehört, schafft zusätzliche Wohnungen und Arbeitsplätze und soll künftig öffentlich zugänglich sein.
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Quellen: BauNetz, german-architects.com, Atelier Zafari, Sixty2, Architektur Urbanistik Berlin, Deutsches Architektur Forum, Trockland GmbH, Wikipedia, Immobilien Zeitung