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Großbritannien setzt auf Atomenergie und baut Sizewell C. Die Regierung trägt dabei fast alle Kosten.
Sizewell – Zwar ist Deutschland aus der Atomkraft ausgestiegen, doch immer wieder gibt es mehr oder weniger ernste Initiativen, Kernkraftwerke zu reaktivieren. Andere Länder dagegen setzen auf Atomenergie. So plant Frankreich den Bau von acht neuen Reaktoren bis 2050 und die tschechische Regierung will mehr neue Atomreaktoren bauen als ursprünglich geplant. Im vergangenen Jahr hat die Schweizer Regierung erwogen, das Verbot des Baus neuer Kernkraftwerke aufzuheben.
Vereinigtes Königreich investiert Milliarden in neues Kernkraftwerk: Goldenes Zeitalter versprochen
Auch das Vereinigte Königreich baut auf Atomenergie. Die Regierung in London fördert mit einer Reihe von Reformen den massiven Ausbau der Atomenergie im Land. Die Energiesicherheit sei zu lange „eine Geisel“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin gewesen, sagte Premierminister Keir Starmer Anfang des Jahres. „Ich setze dem ein Ende.“ Starmer bringe das Land „zurück ins weltweite Rennen um die Kernenergie“, schrieb die Regierung.
In Sizewell gibt es bereits zwei Kernkraftwerke, Sizewell A (links) wurde jedoch bereits vor Jahren abgeschaltet. © Mark Fairhurst / Avalon / imago
Nun hat die britische Regierung 14,2 Milliarden Pfund (etwa 16,8 Milliarden Euro) für den Bau des Atomkraftwerks Sizewell C in der ostenglischen Grafschaft Suffolk freigegeben. Laut BBC sprach Energieminister Ed Miliband dabei von einem „goldenen Zeitalter des Überflusses an sauberer Energie“. Miliband zufolge wird das Projekt zwar hauptsächlich von der Öffentlichkeit finanziert. Ohne näher darauf einzugehen sagte er, dass es aber „einige“ private Investitionen gebe.
Vereinigtes Königreich investiert Milliarden in neues Kernkraftwerk: Chinesen wurden rausgekauft
Das Geld ist dringend nötig. EDF Energy, eine britische Tochter des französischen Staatskonzerns EDF und einer der bedeutendsten Energieversorger im Vereinigten Königreich, besitzt laut den im Februar veröffentlichten Finanzergebnissen nur noch 16,2 Prozent an Sizewell C, den Rest von 83,2 Prozent hält die britische Regierung.
An Sizewell C war zunächst auch die China General Nuclear Power Group (CGN) mit einem Anteil von 20 Prozent beteiligt. Vor dem Hintergrund ihrer kritischen Haltung gegenüber chinesischen Beteiligungen an großen Infrastrukturprojekten hat die britische Regierung im Jahr 2022 den Anteil von CGN aufgekauft.
Vereinigtes Königreich investiert Milliarden in neues Kernkraftwerk: Strom für sechs Millionen Haushalte
Das Projekt Sizewell C sieht den Bau von zwei Europäischen Druckwasserreaktoren (EPR) vor. Nach seiner Fertigstellung soll das Kernkraftwerk über eine Leistung von 3200 Megawatt (3,2 Gigawatt) verfügen. Das soll für die Energieversorgung von sechs Millionen Haushalten reichen. Zudem sollen rund 1000 Arbeitsplätze entstehen. Miliband geht davon aus, dass die Reaktoren im Jahr 2030 erstmals Strom liefern werden. Ihre Lebensdauer soll 60 Jahre betragen.
In Suffolk gibt es mit Sizewell A und B bereits zwei Atomkraftwerke. Sizewell A wurde 2006 nach 40 Jahren Betriebsdauer abgeschaltet. Sizewell B ging 1995 ans Netz und hat eine Leistung von rund 1,2 Gigawatt. Bisher ist die Stilllegung der Blöcke für das Jahr 2035 geplant, allerdings ist eine Laufzeitverlängerung um 20 Jahre vorgesehen.
Vereinigtes Königreich investiert Milliarden in neues Kernkraftwerk: Negativbeispiel Hinkley Point C
Ob die Pläne der Regierung aufgehen, ist ungewiss. Das zeigt der Fall des Atomkraftwerks Hinkley Point C, dessen Bau im Jahr 2013 begann. Laut Unterlagen der britischen Regierung sollten die Reaktoren bereits ab diesem Jahr 3,2 Gigawatt Strom liefern. Bei Baubeginn sollte das Projekt 19 Milliarden Euro kosten. Laut EDF sind nun jedoch 36 bis 40 Milliarden Euro veranschlagt. Im günstigsten Fall soll der erste Reaktor 2029 ans Netz gehen, im ungünstigsten Fall 2031, der zweite Reaktor jeweils ein Jahr später. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass die Kosten weiter steigen und der Zeitplan angepasst werden muss.
Nach Angaben der Kölner Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) gGmbH gibt es im Vereinigten Königreich derzeit an vier Standorten neun Kernkraftwerksblöcke mit einer Gesamterzeugungskapazität von rund sechs Gigawatt. Alleinige Betreiberin ist EDF Energy.