DRESDEN. Gute Bildung funktioniert auch ohne frühe Ziffernnoten, Selektion nach der vierten Klasse und stures Auswendiglernen. Das zeigt einmal mehr die Universitätsschule Dresden. Im Rahmen von Deutschlands spannendstem Schulversuch testen die Beteiligten innovative Formen des Lehrens und Lernens. Nun haben zum Schuljahresende mehrere Schüler*innen eine Auszeichnung für ihre Leistungen in ihren Abschlussprüfungen erhalten.

Ein Erfolg, der sich sehen lässt. Symbolfoto: Shutterstock / Fit Ztudio

Am heutigen Freitag starten mit Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt die ersten Bundesländer in die Sommerferien. Auch an der Universitätsschule Dresden (USD) endete das Schuljahr mit der Zeugnisübergabe. Das Besondere: zum ersten Mal nahm ein gesamter Jahrgang an den Abschlussprüfungen teil. 55 Schüler:innen erhielten ihre Abschlusszeugnisse für die Förder-, Haupt- und Realschullaufbahn. Acht von ihnen wurden sogar für ihre sehr guten Prüfungsleistungen ausgezeichnet. Alle Jugendlichen, die die Schule seit ihrer Gründung 2019 besuchen, haben ihre Prüfung bestanden.

Zum ersten Mal Zeugnisse über die Mittlere Reife

„Der Erfolg unseres ersten 10. Prüfungsjahrgangs erfüllt das Kollegium mit viel Freude und Dankbarkeit,“ sagt Schulleiterin Maxi Heß. Das erste Mal überreichten sie und ihr Team Zeugnisse über die Mittlere Reife und den ersten Förderschulabschluss, den ein Schüler an einer Gemeinschaftsschule erworben hat. „Die Jugendlichen haben gemeinsam mit dem Lernbegleitungsteam ganz Wunderbares erreicht. Und ein guter Teil möchte nach den Sommerferien sogar zurück in die Universitätsschule kommen, um weiter zu lernen. Das finde ich großartig!“ Im Schuljahr 2024 hatten im ersten Prüfungsjahrgang sieben Schülerinnen und Schüler den Hauptschulabschluss abgelegt (News4teachers berichtete).

Die Lernbegleiter:innen der Qualifizierungsstufe überreichten 47 Schülerinnen und Schüler das Realschulzeugnis, fünf von ihnen erhielten für ihre sehr guten Prüfungsleistungen eine Auszeichnung. Unter den Hauptschulabsolventen gehören drei zu den besten in Sachsen und wurden vom Sächsischen Kultusministerium geehrt. Insgesamt vier können mit dem qualifizierten Hauptschulabschluss im kommenden Schuljahr auf Realschulniveau weiterlernen.

Teil des Erfolgskonzepts: Längeres gemeinsames Lernen

Durch die Ergebnisse der Abschlussprüfungen sieht sich das Team der Universitätsschule in seinem Ansatz bestätigt: „Entwicklung ist nicht vorhersagbar“, erklärt Anke Langner eine der Grundannahmen, die dem didaktischen Konzept der Schule zugrunde liegt. Langner ist Professorin an der Technischen Universität Dresden und die wissenschaftliche Leiterin der Begleitforschung zum Schulversuch Universitätsschule.

Die Universitätsschule ist eine Gemeinschaftsschule in kommunaler Trägerschaft der Stadt Dresden. Aufgabe des auf 15 Jahre angelegten Schulversuchs ist es, innovative Formen des Lehrens, Lernens und Zusammenlebens zu erproben und zu erforschen. Die Schüler*innen der Universitätsgemeinschaftsschule lernen daher beispielsweise in jahrgangs- und niveaugemischten Gruppen – unabhängig des angestrebten Abschlusses.

Ziffernnoten erst ab dem 9. Jahrgang

„Im Alter von 10 Jahren kann man noch nicht abschließend bestimmen, welchen Bildungsweg ein Kind gehen wird“, betont Professorin Langner. „Gleichzeitig wissen wir, dass längeres gemeinsames Lernen den individuellen Erfolg unterstützen kann und auch der Vergemeinschaftung dient.“ Das beste Beispiel dafür, dass diese Form von Durchlässigkeit funktioniert, seien die Schüler, denen im vergangenen Jahr der qualifizierte Hauptschulabschluss den Weg zum Realschulabschluss eröffnet hätte – und von denen zwei nun überlegten, ob sie weiterlernen möchten bis zum Abitur.

Hinzu kommt: Die Jugendlichen haben an der Universitätsschule erst ab dem 9. Jahrgang die ersten Ziffernnoten erhalten. Diese ergänzen das lernförderliche Feedback, das den Kern der Rückmeldekultur bildet. In den erzielten guten Prüfungsergebnissen sieht das Team des Schulversuchs zudem einen Beweis, dass die Schüler*innen mit den innovativen Lehr-Lern-Formaten, die im Schulversuch erprobt und erforscht werden, gut auf die klassischen Prüfungsformate vorbereitet sind. Im Zentrum stehen dabei Projektarbeit und selbstreguliertes Lernen mit einem starken Lebens- und Arbeitsweltbezug.

Intensive Lebenswelt- und Berufsorientierung

Professorin Langner erklärte dazu einmal gegenüber News4teachers: „Es muss für die Kinder Sinn ergeben, warum sie Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Sinn ist eine rein individuelle Kategorie. Kinder wollen viel wissen und sie haben viele Möglichkeiten, dass etwas Sinn für sie ergibt. Es muss aber an ihrer aktuellen Lebenssituation gut anknüpfen, sonst kann es für sie keinen Sinn machen. Unser Wunsch ist es, die Neugier und Kreativität der Kinder zu unterstützen – sie sollen ihre Fragen an die Welt stellen und sich selbst mit Unterstützung der Lehrerinnen und Lehrer beantworten und über diesen Weg Wissen selbst produzieren und damit lernen.“

Ein Teil der erfolgreichen Prüfungsteilnehmer:innen verlässt die Schule für die weitere berufliche Ausbildung, die ersten Ausbildungsverträge seien bereits unterschrieben. Auch hier zeigen sich die Verantwortlichen des Schulversuchs überzeugt, dass die Schüler*innen den Übergang in die Arbeitswelt erfolgreich meistern werden. Sie hätten nicht nur durch das Lernen in Projekten mit wachsender Selbstständigkeit und Verantwortungsübernahme, sondern auch durch die Jugendschule und das Freitagspraktikum notwendige Erfahrungen gesammelt. „In diesen Formaten können die Schülerinnen und Schülern in den Jahrgängen 7 und 8 an außerschulischen Lernorten die Lösung realer lebensweltlicher Probleme erfahren.“

Nächster Meilenstein: das Abitur

Ein anderer Teil des Jahrgangs 2025 bleibe mit sehr guten Ergebnissen an der Schule und bereite sich ab dem kommenden Schuljahr auf die Sekundarstufe II vor. „Das ist für uns nicht selbstverständlich“, erklärt Schülersprecherin Hedi Götze. „Als ich 2019 an die Schule kam, war sie ja noch in Grund- und Oberschule getrennt, die Perspektive Abitur existierte nur auf dem Konzeptpapier.“

Die Schulgemeinschaft motivierten die guten Ergebnisse einmal mehr, so heißt es von Seiten der Universitätsschule. Vor allem, da sie in der intensiven Aufbauphase unter herausfordernden Bedingungen wie den Corona-bedingten Schulschließungen erreicht wurden. Nun stünden die nächsten Entwicklungsschritte an: hin zum „Meilenstein Abitur“. News4teachers

Gute Noten für Deutschlands spannendsten Schulversuch, die Universitätsschule Dresden

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