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Russlands Stahlbranche steckt in der Krise. Es könnte zu Produktionseinschränkungen kommen. Ein Top-Manager warnt vor massivem Schwund.

Moskau – Es sieht nicht gut aus für Kreml-Diktator Wladimir Putin: Erst kürzlich musste er eine Reihe von Investitionen für Russlands Wirtschaft kürzen. Außerdem meldeten sich zwei russische Top-Offizielle und sprachen Warnungen aus, nach denen wichtige Ressourcen bald zur Neige gehen. Und jetzt kommen auch noch Warnsignale aus der Stahlindustrie.

Russlands Stahl-Branche vor der Katastrophe – Nachfrage sinkt, Profite bleiben aus

Der Chef eines der führenden russischen Stahlproduzenten hat vor kurz bevorstehenden Produktionsbeschränkungen gewarnt. Außerdem kann es zu Werksschließungen kommen. Ein erstarkender Rubel und die zu hohen Leitzinsen „erwürgen“ Nachfrage und Profitabilität. Die Industrie könnte vor dem Problem stehen, bis zu sechs Millionen metrische Tonnen im Jahr 2025 nicht verkaufen zu können – was in etwa zehn Prozent des gesammelten Outputs aus dem Jahr 2024 entspreche. So drückte es Alexander Schewelew aus, als er Mitte Juni auf dem St. Petersburg International Economic Forum sprach.

Aktuelle Prognosen für den Stahlverbrauch innerhalb des Landes sollen besagen, dass der Bedarf von 43 bis 45 Millionen Tonnen auf 39 Millionen Tonnen fallen könnte. „Das ist effektiv der Schwund des Bedarfs einer ganzen Industrie“, zitierte die Moscow Times Schewelew. Gleichzeitig ist der Export von Stahl nicht mehr profitabel. Das liege vorrangig am gesteigerten Wert des Rubels.

Bildmontage aus Wladimir Putin und der Produktionshalle eines Stahlwerks.Bildmontage aus Wladimir Putin und der Produktionshalle eines Stahlwerks (Symbolfoto). Russlands Stahlbranche steckt in der Krise. Es könnte zu Produktions-Kürzungen kommen. Ein Top-Manager warnt vor massivem Schwund. © IMAGO / ZUMA Press & IMAGO / ITAR-TASS

Was diese Entwicklung für den Kreml so problematisch macht, ist, dass die russische Stahlindustrie seit langer Zeit eigentlich ein tragender Pfeiler für die Schwerindustrie im Land war. Rund 600.000 Russen arbeiten in der Branche, außerdem machten russische Stahlimporte etwa zehn Prozent der Exporteinnahmen aus. „Die Industrie ist heute praktisch nicht mehr fähig, Metallprodukte zu exportieren, weil es sich wirtschaftlich nicht mehr lohnt“, sagte Schewelew.

Niedergang von Russlands Stahl-Branche – Exporte gehen seit Jahren zurück

Laut der World Steel Association hat Russland im Mai 2025 rund 5,8 Mt (1 Mt ist das Äquivalent zu einer Million Tonnen) Stahl produziert, was einem Minus von 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat entspricht. Diese Entwicklung kommt keineswegs plötzlich: Der Export brach bereits während der Frühphase des Ukraine-Kriegs deutlich ein. Wie die International Trade Administration berichtete, exportierte Russland im Jahr 2023 rund 11,6 Millionen Tonnen Stahl, gegenüber 2022 bedeutet das einen Einbruch um 27 Prozent. Zwischen 2015 und 2023 gab die Trade-Administration einen Rückgang der russischen Stahl-Exporte um 22,3 Prozent an.

Nur wenige Jahre vorher hatte das noch ganz anders ausgesehen. 2017 galt Russland als der drittgrößte Stahl-Exporteur der Welt, konnte 2018 rund 33,3 Millionen metrische Tonnen an Stahl exportieren und die Ausfuhr gegenüber 2017 sogar steigern. Russische Stahl-Exporte hatten 2017 einen Anteil von sieben Prozent an den weltweiten Stahlexporten.

Leitzinsen als großes Problem – Putin will Senkungen

Die hohen Leitzinsen stellen für Russlands Wirtschaft schon seit Monaten ein gravierendes Problem dar. Sie erschweren Investitionen, können für Unternehmen, die entsprechend hohe Kredite abbezahlen müssen, förmlich erdrosseln und ein Ende ist kaum in Sicht. Zwar hatte die Zentralbank den Leitzins Anfang Juni leicht auf 20,0 Prozent gesenkt, das Niveau bleibt jedoch weiter hoch. Dabei handelte es sich um den ersten Leitzins-Rückgang seit 2022.

Aus dem Kreml hatte das schon wiederholt für Kritik gesorgt. Kreml-Herrscher Wladimir Putin forderte Senkungen bei der Geldpolitik der Zentralbank. Die notwendigen Werkzeuge seien da, aber die Zentralbank gebrauche sie nicht rechtzeitig – den Tenor schlug er etwa bei der jährlichen Neujahrsansprache an. Gleichzeitig herrscht in Russland eine Inflation von 9,9 Prozent, was etwa den Einzelhandel in Schwierigkeiten bringt.

Hilfe aus dem Kreml – ist genug Geld zur Rettung der Stahl-Branche da?

Wie geht es mit Russlands Stahlbranche weiter? Offenbar überlegt die Regierung derzeit, ob sie Steuererleichterungen oder Anpassungen bei der Regulierung vornehmen will, um die Industrie zu unterstützen. Ob für Ersteres genügend Geld vorhanden ist, ist jedoch fraglich. Erst Ende Mai berichtete die russische Zeitung Kommersant, die grundsätzlich dem Kreml gewogen ist, dass die russische Regierung rigoros verschiedene Investitionsprogramme zusammenstrich. Unter anderem betraf das die Luftfahrt, Schiffsproduktion und die Herstellung von Industrierobotern.