Zuerst veröffentlicht am
28/06/2025 – 7:00 MESZ

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In Den Haag haben sich die Spitzen der NATO-Staaten zu ihrem alljährlichen Gipfel getroffen. Angesichts der latenten russischen Bedrohung einigte man sich auf eine drastische Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Doch ging es dabei auch darum, den unberechenbaren Mann im Weißen Haus zufriedenzustellen. Sind damit alle Probleme erledigt?

Jahrzehntelang war Europa der treueste Verbündete der USA. So verstanden die meisten politischen und militärischen Führer auf beiden Seiten des Atlantiks Europas Rolle auf der Weltbühne. 

Heute reicht das nicht mehr. Denn US-Präsident Trump behandelt seine treuen Verbündeten, als wären sie hinterhältige Schmarotzer.

Deshalb löst die Aussicht, von den USA im Stich gelassen zu werden, bei den Europäern existenzielle Ängste aus. Wer würde die westliche Verteidigung im Falle eines russischen Angriffs anführen?

In Den Haag einigten sich die NATO-Verbündeten darauf, mehr in die Verteidigung des Kontinents zu investieren: Das Ziel sind nun 5 % des BIP in den nächsten Jahren. Ist dies für alle realistisch? Ist es ausreichend? Bringt es eine neue strategische Rolle für Europa mit sich? Und das Wichtigste: Wird es Washington besänftigen?

Fragen an unsere Diskussionsrunde diese Woche bei Stefan Grobe: Tobias Cremer, EU-Abgeordneter der Sozialdemokraten, Lisa Musiol, Leiterin der Europa-Abteilung der International Crisis Group und Roderick Kefferpütz, Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Brüssel.

Überschattet wurde der NATO-Gipfel vom Nahostkonflikt. Schließlich wurde das größte und wichtigste Mitglied der Allianz dort zur Kriegspartei. Die US-Angriffe auf iranische Atomanlagen kamen zur Unterstützung Israels und brachten am Ende einen Waffenstillstand – doch der wurde schon Stunden später gebrochen. Hat die Diplomatie doch noch eine echte Chance?

Das Problem: Noch gibt es zu wenige Antworten auf zu viele Fragen. Gleicht Trumps Entscheidung einem Tritt in ein Hornissennest? Welchen tatsächlichen Schaden haben die Bombardierungen angerichtet? Ist das iranische Atomprogramm nun Geschichte?

Und was ist mit dem Regimewechsel in Teheran? Will Trump einen solchen oder will er keinen? Und wie wäre ein solcher zu bewerkstelligen ohne eine militärische Invasion? Und schließlich: Was ist mit dem Waffenstillstand?

Schließlich debattierten die Teilnehmer die Annäherung der EU und Kanada – dank Donald Trump.

Der US-Präsident hat durch sein Verhalten  seinen Nachbarn Kanada und die Europäische Union praktisch zu einem politischen Liebespaar gemacht. Trumps Drohung vom 51. Bundesstaat fand hierzulande ein Echo im Gerede vom 28. Mitgliedsstaat der EU.

Diese Woche trafen sich die Spitzen aus EU und Kanada in Brüssel zu einem Gipfel – auch bei diesem stand die Verteidigung im Mittelpunkt. Aber nicht nur: Der bilaterale Sicherheits- und Verteidigungspakt ist die am weitesten reichende Vereinbarung, die Europa jemals mit einem Drittstaat eingegangen ist.

Dieser wird neue Wege für die gemeinsame Arbeit in den Bereichen Krisenmanagement, militärische Mobilität, maritime Sicherheit, Cyber und Cyber-Bedrohungen sowie die Zusammenarbeit der Verteidigungsindustrie eröffnen. Löst Kanada die USA als bevorzugten Partner in Nordamerika ab?