In Esslingen bekommen Mieter, die in eine kleinere Wohnung umziehen, künftig eine Prämie. Foto: Roberto Bulgrin
Esslinger Mieterinnen und Mieter, die in eine kleinere Wohnung umziehen, können von der Stadt künftig einen Bonus von bis zu 7500 Euro bekommen. Das Geld stammt aus Landesmitteln.
In den meisten Esslinger Haushalten leben Singles, und ihre Zahl wächst weiter. Gleichzeitig ist die Vierzimmerwohnung die häufigste Wohnform in der Stadt. Das hat der Wohnraumsituationsbericht ergeben, für den die Verwaltung im Zweijahresrhythmus die Lage auf dem Esslinger Immobilienmarkt analysiert. Die Zahlen deuten darauf hin, dass es viel ungenutzten Wohnraum gibt, da offenbar immer mehr Personen in für sie zu großen Wohnungen leben.
Hier setzt der Wohnflächenbonus an, dem der Ausschuss für Kultur, Sport und Soziales jetzt mehrheitlich zugestimmt hat. Damit hängt sich die Stadt gewissermaßen an das Förderprogramm des Landes an, das in diesem Mai den Wohnflächenbonus BW eingeführt hat. Kommunen erhalten zwischen 3000 und 7500 Euro, wenn sie eine Wohnungsverkleinerung um mindestens 15 Quadratmeter angestoßen haben.
Geld bekommt nur, wer in Esslingen bleibt
Diesen Bonus möchte die Stadt an umzugswillige Mieterinnen und Mieter weitergeben, sofern die Kriterien erfüllt sind. So muss der neue Mietvertrag beispielsweise eine Laufzeit von mindestens einem Jahr haben, die Wohnung muss sich in Esslingen befinden und die Mieter müssen dort gemeldet sein. Die Prämie kann innerhalb von fünf Monaten ab Mietbeginn bei der Stabsstelle Wohnen beantragt werden und wird nur ausgezahlt, solange das Landesprogramm läuft.
Wohnflächenbonus – Keiner wird zum Wechsel gezwungen
Das neue Instrument soll einen positiven Anreiz bieten, aber keinen Druck ausüben. „Es wird niemandem etwas genommen, hier geht es um Freiwilligkeit“, betonte Sozialbürgermeister Yalcin Bayraktar in der Ausschusssitzung. Er könne durchaus nachvollziehen, warum Menschen nach dem Tod des Partners oder dem Auszug der Kinder nicht umziehen. „Oft ist es billiger, mit einem alten Vertrag weiter in einer großen Wohnung zu bleiben“, sagte er. Bei den Fraktionen fand der Wohnflächenbonus überwiegend Zustimmung, FDP/Volt und die AfD stimmten dagegen. „Es wird den Wohnungsmarkt nicht grundsätzlich verändern. Aber wenn auch nur wenige Familien auf diese Weise eine Wohnung finden, ist das zu begrüßen“, sagte Jörg Freitag (Grüne). „Der Bonus ist mehr als gerechtfertigt. Jeder Mieter, der schon einmal umgezogen ist, weiß, wie teuer das ist“, sagte Tobias Hardt (Linke). Auch Hanna Scherieble, beratendes Ausschussmitglied, begrüßte im Namen des Stadtseniorenrats das Angebot. Sie wolle dafür bei ihrer Klientel werben. Enrico Bertazzoni (CDU) warnte vor möglichem Missbrauch und begrüßte es, dass es Kriterien gebe, die beispielsweise keine Kurzvermietung zulassen.
Esslingen führt einen Wohnflächenbonus ein. Mieter bekommen bis zu 7000 Euro. Foto: dpa Esslinger FDP und AfD sind gegen Wohnflächenbonus
Stephan Köthe lehnt den Bonus dagegen ab. „Diese Maßnahme steht exemplarisch für eine übergriffige Sozialpolitik, der Staat hat nicht zu regulieren, wie Menschen wohnen“, sagte der AfD-Stadtrat, „auch Landesmittel sind keine Rechtfertigung für Unsinn“. Belohnt würde nur eine Verringerung der Quadratmeterzahl, nicht aber, wenn etwa zwei Personen zusammenziehen. Strukturelle Probleme des Wohnungsmarktes könnten damit nicht gelöst werden. Das kritisierte auch Rena Farquhar (FDP) und sprach von einem „Placebo-Effekt“. „Wir brauchen andere Maßnahmen wie eine Veränderung des Baurechts“, sagte sie. Flankierende Maßnahmen könnten zusätzlich Entlastung auf dem Wohnungsmarkt bringen, hielt Sozialbürgermeister Bayraktar dagegen.
Maßnahmenbündel, um Wohnungsnot in Esslingen zu lindern
Mit Initiativen wie dem Wohnraummanagement und Kooperationen, etwa mit dem Unternehmen Mietenmonitor, das Mietwucher aufspüren soll, versucht die Stadt, die angespannte Lage zu lindern. 2023 hat die Stadt zudem eine digitale Wohnungstauschbörse eingeführt, die auf ihrer Website abrufbar ist. Ursprünglich gab es hierfür auch eine Umzugspauschale von 2000 Euro. Da diese jedoch nie abgerufen worden war, hat der Sozialausschuss sie 2024 abgeschafft – mit der Option, sie bei Nachfrage wieder zu reaktivieren.