Es ist ein sonniger Vormittag in der Dresdner Altstadt. Auf dem Neumarkt zwischen Frauenkirche und Verkehrsmuseum tummeln sich die ersten Touristen und die Cafés stellen ihre Tische nach draußen. Vor dem Lutherdenkmal, mitten auf dem Platz, steht eine Rikscha, blau-weiß bemalt in den Farben eines Supermarktes. An den Pedalen sitzt Philipp Kormos – Stadtführer, Schwabe und überzeugter Dresdner aus Leidenschaft.
Seit acht Jahren zeigt er Besuchern seine Wahlheimat aus einer ungewöhnlichen Perspektive. „Ich wollte in eine kulturell starke Stadt ziehen“, erzählt Kormos. Der gebürtige Baden-Württemberger landete dabei auf besonders schwäbische Weise in Dresden: „Ich habe bei Google nach der günstigsten Großstadt Deutschlands gesucht – Dresden war auf Platz eins.“ Es war nicht nur der Preis, der ihn überzeugte. „Als ich das Bild der Silhouette sah, wusste ich: Da will ich hin.“
Ich habe bei Google nach der günstigsten Großstadt Deutschlands gesucht – Dresden war auf Platz eins.
Philipp Kormos
Rikscha-Stadtführer in Dresden
Vom neugierigen Spaziergänger zum selbstständigen Stadtführer
Der Beginn war eher ein Zufall, erzählt Kormos. Auf seinen Streifzügen durch die Altstadt habe er die Rikschas entdeckt – und die Idee habe ihn nicht mehr losgelassen. Zunächst sei er immer mal für einen Betreiber gefahren, doch irgendwann habe er das Steuer dann ganz übernommen. Heute besitzt er mit einem Kollegen drei Rikschas und führt sein eigenes kleines Unternehmen, sagt Kormos.
„Viele Leute schreiben mir per WhatsApp oder rufen direkt an. Ich frage sie dann, was sie interessiert, wie viel Zeit sie haben – und daraus gestalten wir gemeinsam die Tour“, erzählt er. Meist beginne die Fahrt in der Altstadt, führe durch das historische Zentrum, manchmal auch über die Elbe in die Neustadt. Zwei Stunden würden meist reichen, um ein Gefühl für die Stadt zu bekommen – „und für viele Geschichten, die ich unterwegs erzähle“, meint Kormos.
Zwei Stunden reichen meistens für die Stadt und die Geschichten, die ich erzähle.
Philipp Kormos
Rikscha-Stadtführer in Dresden
Ein Lieblingsort mit Überraschungseffekt
Sein persönliches Highlight liegt abseits der touristischen Klassiker. „Beim Kongresszentrum – ein moderner Bau, ja, aber spannend!“, sagt Kormos und zeigt auf ein Satellitenbild. „Oben auf dem Dach ist eine Photovoltaikanlage. Und die Kollektoren formen das Wort Dresden. Das sieht man nur aus der Luft – oder eben bei Google Maps.“
Wenn der Gast zur Geschichte wird
Doch nicht nur die Architektur bewegt Kormos. Es seien vor allem die Menschen, die jede Tour einzigartig machten. Er erzählt von einem besonderen Erlebnis mit einem Schweizer Gast – erfolgreicher Unternehmer, inzwischen Weltenbummler. Drei Stunden hätten sich die beiden bei der Rundfahrt intensiv unterhalten – über das Leben, Erfolge, Ziele.
Erst zum Abschied, als der Gast zur Semperoper hinübergezeigt und gefragt habe, was das für ein Gebäude sei, sei beiden aufgefallen: Sie hatten eine der berühmtesten Sehenswürdigkeiten der Stadt komplett vergessen. „Das zeigt, wie tief die Gespräche mit den Gästen manchmal gehen“, sagt Kormos lächelnd.
Kultur auch im Winter
Und wenn der Winter kommt und es zu kalt wird für die Rikscha? Dann hat Kormos bisher an einem anderen kulturellen Hotspot Dresdens gearbeitet: der Semperoper. Dort habe er hinter den Kulissen der Bühnentechnik geholfen – und so neue Geschichten für den nächsten Frühling gesammelt. „Ich kann meinen Gästen dadurch nochmal eine andere Perspektive mitgeben – den Blick hinter die Bühne.“
Kommt nach Dresden – das ist wirklich eine schöne Stadt.
Philipp Kormos
Rikscha-Stadtführer in Dresden