Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hat ihre Entscheidung verteidigt, beim Christopher Street Day in Berlin am 26. Juli auf die Regenbogenflagge auf dem Reichstag zu verzichten. „Wir sind der Deutsche Bundestag, und bei uns weht eine Fahne: Schwarz-Rot-Gold“, sagte die CDU-Politikerin in einem Interview mit T-Online. „Sie repräsentiert alles, wofür unser Grundgesetz steht: Freiheit, Menschenwürde – und eben auch das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Keine Fahne steht über ihr.“

Die Regenbogenfahne wurde in den 1970er-Jahren zu einem Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung. Inzwischen steht die Flagge – teils mit weiteren Farben – für den Kampf um die Anerkennung von Rechten weiterer sexueller Minderheiten. Im Juli 2022 wurde anlässlich des CSD in Berlin zum ersten Mal in der Geschichte die Regenbogenflagge auf dem Reichstagsgebäude gehisst. Die damalige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hatte die Flaggenhissung angekündigt und erklärt, dass dies die Sichtbarkeit des Bekenntnisses zu Vielfalt und Diversität noch einmal deutlich erhöhen würde.

Klöckners Entscheidung sorgte für Kritik und für Empörung. Koalitionspartner SPD nannte den Schritt „grundfalsch“. Abgeordnete von den Linken und Grünen stellten sich zuletzt im Bundestag mit bunter Kleidung gegen das Verbot.

Regenbogenflagge nur am 17. Mai

Klöckner verurteile Angriffe auf schwule und lesbische Menschen oder auf Veranstaltungen wie den Christopher Street Day. Doch auch andere Gruppen würden angefeindet und wünschten sich Sichtbarkeit. „Die meistverfolgte Gruppe weltweit sind übrigens Christen. Dann müsste ich auch an einem Tag im Jahr zum Beispiel die Vatikanflagge hissen.“

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Davon abgesehen habe sie entschieden, dass die Regenbogenflagge immer am 17. Mai auf dem Bundestag gehisst werde, sagte die CDU-Politikerin. Auf dieses Datum fällt der internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit. Für diese Entscheidung gebe es zudem einen parlamentarischen Anlass, so Klöckner. „Der Bundestag hat 2002 symbolisch den Beschluss, dass die Urteile gegen Homosexuelle in der NS-Zeit nichtig sind, auf diesen Tag gelegt.“

Klöckner: „Nicht im Namen des gesamten Bundestags“

In den vergangenen Tagen hatte Klöckner auch Kritik einstecken müssen, weil sie den Angestellten der Bundestagsverwaltung untersagt hatte, als queeres Netzwerk der Bundesverwaltung am Berliner Christopher Street Day teilzunehmen. Im Interview mit T-Online begründete sie dies mit den Worten: „Jeder hat persönlich die Freiheit, Demonstrationen zu unterschiedlichsten politischen Anliegen zu besuchen, solange sie sich im Rahmen unserer Verfassung bewegen. Aber nicht im Namen des gesamten Bundestags.“

© Lea Dohle

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Verwaltung müsse aus ihrem Selbstverständnis heraus neutral sein, betonte die Bundestagspräsidentin. „Das ist kein Politikum, sondern sollte Selbstverständlichkeit sein – ganz gleich, wie ehrenwert die Anliegen politischer Demonstrationen auch sein mögen. Wo ziehen wir sonst die Grenze?“

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Aus München, wo der Christopher Street Day schon dieses Wochenende stattfindet, postete Markus Söder auf der Plattform X ein Bild der wehenden Regenbogenflagge vor dem bayerischen Landtag. „Bei uns kann jeder leben und lieben, wie er möchte“, schrieb der bayerische Ministerpräsident darüber. „Zum Christopher Street Day in München wehen auch dieses Jahr wieder Regenbogenflaggen bei uns.“ Das sei die Liberalitas Bavariae.