OP-Besteck und Ärzte und Ärztinnen in einem Operationssaal

AUDIO: Ärztegewerkschaft erhebt Vorwürfe gegen UKSH Kiel und Lübeck (1 Min)

Stand: 28.06.2025 15:53 Uhr

Der Marburger Bund erhebt Vorwürfe gegen das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH). In Kiel und Lübeck fehle ein manipulationssicheres System zur Arbeitszeiterfassung, so der Ärtzeverband.

Ein „Rechtsbruch mit System“ – so bezeichnet der Vorsitzende des Marburger Bundes Schleswig-Holstein, Michael Wessendorf, die aktuellen Zustände zur Arbeitszeiterfassung am UKSH in Kiel und Lübeck. Der Ärzteverband setzt sich nach eigenen Angaben für bessere Arbeitsbedingungen von angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte ein

UKSH: Arbeitszeit derzeit digital in Dienstplanprogrammen erfasst

Ärztinnen und Ärzte an den beiden Standorten dokumentieren ihre Arbeitszeit derzeit digital in Dienstplanprogrammen oder sogar manuell und das ist laut Tarifvertrag seit Januar 2025 unzulässig – das ist die Kritik und gleichzeitig das Ergebnis einer Umfrage, die der Marburger Bund im Frühjahr an den beiden Standorten des UKSH durchgeführt hat.

Ärztegewerkschaft fordert Stechuhr-Prinzip

Trotz klarer tariflicher Vorgaben zur elektronischen Arbeitszeiterfassung fehle ein manipulationssicheres Arbeitszeiterfassungssystem, heißt es von der Ärztegewerkschaft. Eine tarifkonforme Zeiterfassung würde nach dem sogenannten Stechuhr-Prinzip funktionieren – Beginn, Ende und tatsächliche Pausen werden dabei notiert.

Arbeitsrechtlich bedenklich, menschlich enttäuschend

Michael Wessendorf kritisiert, dass geleistete Überstunden häufig nicht anerkannt oder vergütet würden. Wöchentlich blieben zehntausende von geleisteten Überstunden von Ärztinnen und Ärzten an den Unikliniken unberücksichtigt. Dies sei mehr als eine Frage der korrekten Zeiterfassung, so Wessendorf weiter.

Es geht um geleistete Arbeit, die nicht sichtbar gemacht wird. Um Überstunden, die keine Anerkennung finden. Um Arbeitsschutz, der in der Praxis zu oft vernachlässigt wird. Und um Ärztinnen und Ärzte, die aus Verantwortungsgefühl für ihre Patientinnen und Patienten über ihre Grenzen hinaus arbeiten – ohne dass dies dokumentiert oder honoriert wird

Michael Wessendorf, Vorsitzende des Marburger Bundes Schleswig-Holstein

Die Folgen sind laut Wesendorf gravierend: Zwei Drittel der Ärztinnen und Ärzte müssen Überstunden genehmigen lassen – oft erfolglos. Fast die Hälfte berichtet, dass wöchentlich zwei Stunden nicht erfasst werden, bei jedem Zehnten sind es sogar zehn oder mehr. Das summiere sich auf bis zu 500 unbezahlte Stunden pro Jahr.

UKSH: Tarifvertrag lässt verschiedene Verfahren zu

Das UKSH weist die Kritik zurück. In einer Stellungnahme betont das Klinikum, dass der geltende Tarifvertrag keine klassische Stechuhr verlange. Vielmehr seien auch andere elektronische Verfahren zulässig – darunter Apps oder Tabellen. Die Arbeitszeit werde am UKSH über das System „SP-Expert“ dokumentiert, das die tariflichen Anforderungen erfülle. Ärztinnen und Ärzte könnten dort selbstständig Mehrarbeit erfassen.

Zudem verweist das UKSH auf eine bestehende Dienstvereinbarung mit den Personalräten und betont, dass der Schutz der Mitarbeitenden höchste Priorität habe. Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz würden klar geregelt, und es gebe regelmäßige Schulungen zu arbeitsrechtlichen Themen.

Marburger Bund: 40-Stunden-Woche macht Umstellung unerlässlich

Der Marburger Bund fordert das UKSH auf, umgehend elektronische Zeiterfassungsterminals einzuführen – wie sie für andere Berufsgruppen bereits existieren. Mit Blick auf die ab 2026 geltende Reduktion der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden sei eine lückenlose Erfassung unerlässlich.

Das Schild der Paracelsus Klinik

Der Grund sind die festgefahrenen Tarifverhandlungen. Der Marburger Bund fordert unter anderem 15 Prozent mehr Lohn. 30 Teilnehmer am ersten Tag.

Arztteam rollt Patient auf Klinikbett durch einen Krankenhausflur.

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Grafik: Eine Sprechblase, in der die Kontur des Landes Schleswig-Holstein abgebildet ist.

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