Tausende Menschen fordern in Serbiens Hauptstadt Neuwahlen und das Ende von Korruption. Präsident Vucic lehnt ab und spricht von „ausländischen Mächten“. Dann eskaliert die Lage auf den Straßen von Belgrad. Bei den Ausschreitungen werden mehrere Menschen verletzt.

In Serbien haben am Samstag erneut tausende Menschen gegen die Regierung und für Neuwahlen demonstriert. Zu der Massenkundgebung in der Hauptstadt Belgrad waren Menschen aus dem ganzen Land angereist, viele hielten serbische Flaggen und Schilder mit dem Namen ihrer Heimatstadt hoch. Zu Beginn sangen sie die Nationalhymne.

Bei darauffolgenden gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten hat es Festnahmen und Verletzte gegeben. Polizeichef Dragan Vasiljevic teilte mit, bei den Ausschreitungen seien sechs Polizisten sowie zwei andere Menschen verletzt worden. Dutzende Demonstranten wurden demnach festgenommen.

Laut Vasiljevic hatten die Einsatzkräfte Schlagstöcke eingesetzt, nachdem sie von Protestteilnehmern angegriffen worden seien. „Chemische Mittel“ seien nicht zum Einsatz gekommen. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP sahen, dass die Polizei Tränengas und Blendgranaten einsetzte, um die Menge auseinanderzutreiben. Beamte wurden mit Steinen beworfen, einige Teilnehmer hatten Rauchgranaten.

An der Demonstration in Belgrad hatten nach Schätzungen der Organisation Archiv öffentlicher Versammlungen etwa 140.000 Menschen teilgenommen. Die Polizei sprach von nur 36.000 Teilnehmern, laut den AFP-Reportern vor Ort und Luftbildern waren es aber deutlich mehr. Die Gewalt brach nach einem stundenlangen friedlichen Protest aus.

Serbien wird seit mehr als einem halben Jahr von der heftigsten Protestwelle seit den 1990er-Jahren erschüttert. Auslöser war der Einsturz eines Bahnhofsvordachs im November vergangenen Jahres in Novi Sad, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen.

Zunächst ging es um die Unglücksursache, später richteten sich die vor allem von Studenten getragenen Kundgebungen gegen die Regierung und die weit verbreitete Korruption im Land. Inzwischen werden bei den Protesten Neuwahlen gefordert.

Die Regierung steht wegen der Demonstrationen stark unter Druck. Die Studenten, die die Proteste organisiert haben, stellten Präsident Aleksandar Vucic ein Ultimatum, bis Samstagabend um 21 Uhr Neuwahlen auszurufen. Vucic hatte die Forderung bereits am Freitag zurückgewiesen und erklärt, dass vor Ende 2026 nicht gewählt werde.

Vucic bezeichnete die Proteste zudem erneut als vom Ausland gesteuert: „Die ausländischen Mächte haben durch lokale Handlanger ein Ultimatum gestellt“, sagte er. Unweit der Großkundgebung der Studenten auf einem großen Platz im Stadtzentrum versammelten sich am Samstag auch tausende Unterstützer des Präsidenten. Vucic heizte die angespannte Lage mit Warnungen vor gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den beiden Lagern noch weiter an. Gegen Ende der Studentenproteste werde es zu „Gewalt kommen“, warnte der Präsident.

AFP/AP/ceb/saha