„Das ist das erste Mal, dass Putin den Schaden benennt, den die Militärausgaben der Wirtschaft zufügen“, wunderte sich einer der russischen Polit-Blogger [externer Link] über eine aufsehenerregende Äußerung des Kremlchefs.

Putin hatte auf einer Pressekonferenz im belarussischen Minsk [externer Link] die derzeitigen russischen Militärausgaben auf 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts beziffert oder umgerechnet rund 15 Milliarden Euro jährlich – Zahlen, die nach Meinung von innerrussischen Kritikern [externer Link] höchst zweifelhaft sind und als „Propaganda-Sammelsurium“ bezeichnet wurden.

„Wir planen, Ausgaben zu senken“

Wörtlich fragte Putin sich und seine Zuhörer: „Ist das viel oder wenig? Ziemlich viel. Wir haben dafür mit der Inflation bezahlt. Aber wir kämpfen derzeit gegen diese Inflation.“

Russland habe vor, seine Verteidigungsausgaben in den kommenden drei Jahren zu reduzieren, so der Präsident: „Ja, wir wollen die spezielle Militäroperation mit dem gewünschten Ergebnis abschließen. Natürlich. Genau darauf setzen wir, und nicht auf aggressive Pläne gegenüber Europa und den NATO-Staaten. Wir planen, die Ausgaben zu senken, und sie planen, sie zu erhöhen. Wer verhält sich also aggressiv?“

Putin könne vier Gründe für seine Bemerkung haben, spekuliert der erwähnte Blogger: Er habe eingesehen, dass Russland bei einem Wettrüsten mit dem Westen unterlegen sei, die russischen Oligarchen hätten Alarm geschlagen, weil der Wirtschaft eine Rezession drohe, er wolle möglicherweise Trump schmeicheln oder schlicht Desinformation verbreiten. Womöglich sei es auch eine Kombination aus den genannten Motiven.

„Eingeständnis ist bemerkenswert“

Im Umlauf ist ein weiterer denkbarer Grund für Putins möglichen Tritt auf die Ausgabenbremse. Demnach will die russische Zentralbank die hohen Zinsen nur senken, wenn es spürbare Kürzungen im Staatshaushalt bzw. Steuererhöhungen gibt. Ansonsten sei die Inflation nicht in den Griff zu bekommen.

„Im heutigen Russland kann nur Putin die Höhe der Verteidigungsausgaben benennen und behaupten, sie seien hoch“, so Politologe Georgi Bovt [externer Link]: „Daher ist dieses Eingeständnis natürlich bemerkenswert. Gleichzeitig müssen wir abwarten, wie das Versprechen zur Reduzierung der Verteidigungsausgaben umgesetzt wird, da die Sonderoperation noch nicht abgeschlossen ist und nicht alle Aufgaben erfüllt sind. Er hat nicht gesagt, wann die Kürzungen erfolgen werden.“

„Innere Stabilität der Regierung beeinträchtigt“

Deutlicher wurde ein weiterer Beobachter mit 121.000 Fans [externer Link]: „Dieses Eingeständnis unterstreicht das Wesentliche: Der langwierige Krieg gegen die Ukraine beginnt nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die innere Stabilität der Regierung zu beeinträchtigen.“ Der Kreml drohe die Kontrolle über die Finanzen zu verlieren und werde den „Gürtel enger schnallen“ müssen, wenn der Krieg noch länger fortgesetzt werde.

Wirtschaftsexperte erwartet Währungsreform

Der vom Kreml als „ausländischer Agent“ gebrandmarkte Wirtschaftsfachmann Igor Lipsitz zeigte sich pessimistisch [externer Link], was Russlands Perspektiven betrifft: „Krieg erzeugt immer Inflation, und nach seinem Ende ist es immer schwierig, das Verhältnis zwischen Geld- und Warenmenge in der Wirtschaft zu normalisieren. Daher ist nach einem Krieg in der Regel eine Währungsreform notwendig, wie sie in den europäischen Ländern und der UdSSR nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs durchgeführt wurde.“