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Trotz Verbot demonstrieren Zehntausende Menschen bei der Pride-Parade in Budapest. Ungarns Regierung hat ihre eigene Theorie, was dahintersteckt.

Update, 29. Juni, 6.15 Uhr: An der Kundgebung in Ungarn für die Rechte von Schwulen, Lesben und anderen sexuellen Minderheiten hat gestern nach Angaben der Veranstalter eine Rekordzahl von bis zu 200.000 Menschen teilgenommen. Auch Dutzende Mitglieder des EU-Parlaments reisten an, um ihre Solidarität zu zeigen. Während des Umzugs wurden außer Regenbogenfahnen vielfach auch EU-Flaggen geschwenkt.

Szene von der „Pride Parade“ in Budepast (28. Juni)Szene von der „Pride Parade“ in Budepast (28. Juni) © Peter Kohalmi/AFPRekordzahl bei verbotener Pride-Parade in Budapest: Ungarn unterstellt EU „Befehl“

Update, 23.55 Uhr: Nach der großen Beteiligung an der Pride-Parade in Budapest trotz eines polizeilichen Verbots hat die ungarische Regierung von einer Kundgebung „auf Brüssels Befehl“ gesprochen. „Mit der Pride hat die Opposition gegen Gesetze aufgewiegelt, die ihr nicht gefallen, Ungarns Souveränität verhöhnt und – mit ausländischer Unterstützung – versucht, uns die woke Kultur aufzuzwingen“, erklärte Regierungssprecher Zoltan Kovacs am Samstag mit Blick auf die EU.

Bei der Pride-Parade in Budapest waren laut Veranstaltern bis zu 200.000 Menschen unterwegs. Angesichts der restriktiven Politik im EU-Land Ungarn gegenüber sexuellen Minderheiten hatte die Pride-Parade in diesem Jahr eine besondere politische Bedeutung. Die Regierung des rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán schränkt seit Jahren die Rechte von LGBTQ-Menschen ein.

Pride-Parade in Budapest erreicht Rekordzahl an Teilnehmenden

Update, 18.21 Uhr: Trotz eines Verbots hat nach Angaben der Organisatoren eine Rekordzahl von bis zu 200.000 Menschen an der Pride-Parade in der ungarischen Hauptstadt Budapest teilgenommen. „Wir gehen davon aus, dass 180.000 bis 200.000 Menschen teilnehmen“, sagte die Präsidentin der Pride, Viktoria Radvanyi, am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. Eine genaue Schätzung sei schwierig, „weil noch nie so viele Menschen bei der Budapest Pride waren.“

Update, 17.40 Uhr: Nicht nur in Budapest, sondern auch in Köln läuft derzeit eine Pride-Parade. Mit Regenbogen-Farben, guter Laune und Live-Musik geht es gegen Hass und Hetze. 22.000 Menschen haben in Köln laut Veranstaltern die Premiere des „Rainbow Festivals“ gefeiert. „Im Moment ist jedes Festival wichtig, das Vielfalt und Toleranz feiert und für Sichtbarkeit sorgt“, sagte Entertainerin Olivia Jones der Deutschen Presse-Agentur.

Die Hamburgerin moderierte das Festival und erinnerte auch an den zeitgleich stattfindenden Christopher Street Day in Budapest, der ursprünglich von der ungarischen Regierung verboten worden war. „Das halbe Herz ist heute in Budapest. Ich finde es wichtig, dass einige EU-Abgeordnete aus Deutschland unsere Freundinnen und Freunde unterstützen“, sagte Jones. „Würde ich dieses Festival nicht moderieren, hätte ich sie begleitet.“

Pride-Parade in Ungarn trotz Orban-Verbot in vollem Gange

Update, 28. Juni, 15.30 Uhr: Die Pride-Parade in Budapest ist in vollem Gange, trotz des Polizeiverbots. Und sie scheint ungarische Teilnehmer-Rekorde zu brechen. Nach Angaben der ungarischen Zeitung Blikk ist die Menschenmenge so groß, dass es fast unmöglich ist, die Oberfläche am Ausgang der U-Bahn-Linie 2 zu erreichen: „Auch die U-Bahn-Linie 1 ist praktisch lahmgelegt“, heißt es. Die Polizei hat den Verkehr blockiert: „Die Zahl der Teilnehmer hat bereits 50.000 überschritten.“

Parallel kommt es jedoch laut des italienischen Portals Il Fatto Quotidiano zu Konfrontationen mit militanten Mitgliedern der extremistischen ungarischen Partei Patria Nostra. Demnach würde die Szabadsag-Brücke, eine Etappe der geplanten Pride-Route, mit Autos blockiert. Die Brücke ist Teil der Demo-Route. Die Polizei soll nicht eingegriffen haben.

Menschen mit einem Kreuz und religiösen Büchern laufen zwischen den Teilnehmern des Pride-Marsches in Budapest.Menschen mit einem Kreuz und religiösen Büchern laufen zwischen den Teilnehmern des Pride-Marsches in Budapest. © Rudolf Karancsi/dpa

„Die Situation ist völlig ungewiss: Niemand weiß genau, was vor sich geht, und der erste Teil der Menge wartet in der prallen Sonne“, heißt es dort mit Verweis auf die Blikk: „Der andere Teil des Zuges hat bereits den Kálvin-Platz erreicht. Rund um das Museum hat sich eine technische Blockade gebildet, und die Polizeipräsenz reicht nicht aus, um einen reibungslosen Ablauf des Zuges zu gewährleisten.“

Pride-Parade in Budapest verboten: Orbán warnt Teilnehmende

Budapest – Weltweit finden am Samstag (28. Juni) zahlreiche Pride-Paraden statt, unter anderem in Frankreich, in der Türkei – und in Budapest. Und das ungeachtet eines Verbots, das die örtliche Polizei ausgesprochen hatte. Gerade deshalb erwarten die Veranstalter Zehntausende Menschen, die bei der Pride-Parade in Budapest für LGBTQ-Rechte eintreten. Es könnte eine Rekordteilnahme in der 30-jährigen Geschichte der Veranstaltung geben, selbst rund 70 Mitglieder des EU-Parlaments haben sich angekündigt. 

Der ungarischer Ministerpräsident Viktor Orbán will in Budapest keine Pride Paraden zulassen. Der ungarischer Ministerpräsident Viktor Orbán will in Budapest keine Pride Paraden zulassen. © Marton Monus/dpa

Doch so mancher fährt mit einem mulmigen Gefühl nach Budapest, wie etwa der deutsche Europa-Abgeordnete Moritz Körner (FDP). Teilnehmen wird er an der Pride-Parade in Budapest trotzdem, da es „wichtig (sei), ein Zeichen zu setzten“, wenn in einem Mitgliedsstaat der EU die Versammlungsfreiheit bedroht sei. Die Delegation der Parlamentarier soll demnach auch Schutz für die Teilnehmenden der Pride-Parade bieten. Er erwarte zwar nicht, dass es zur Eskalation komme, es habe aber für die Europa-Abgeordneten Sicherheitshinweise gegeben, sich etwa von Gegendemonstrationen fernzuhalten.

Pride-Parade in Budapest: Ungarns Regierungschef Orbán erwartet keine Polizeigewalt

Die rechtsnationalistische Regierung in Ungarn unter Regierungschef Viktor Orbán schränkt seit Jahren unter dem Vorwand des „Kinderschutzes“ die Rechte von LGBTQ-Menschen ein. Mitte März verabschiedete das ungarische Parlament eine Gesetzesänderung, die auf ein Verbot der jährlichen Pride-Parade abzielt: Damit werden alle Versammlungen untersagt, die gegen das ungarische LGBTQ-Gesetz verstoßen. Daraufhin hatte der liberale Bürgermeister der Hauptstadt, Gergely Karacsony, den Pride zur „städtischen Veranstaltung“ erklärt – woraufhin die Polizei ein Verbot aussprach.

Promis, Premieren und Problemfälle: Das ist Ursula von der Leyens neue EU-KommissionUrsula von der Leyen hat ein neues Team in ihrer EU-Kommission.Fotostrecke ansehen

Noch am Freitag wollte Orbán Befürchtungen zerstreuen, wonach Teilnehmenden der Pride-Parade in Budapest Polizeigewalt drohe. Die Polizei habe zwar die Befugnis, „solche Veranstaltungen aufzulösen“, aber „Ungarn ist ein zivilisiertes Land“, sagte er in einem Interview mit einem staatlichen Radiosender. Und weiter: „Es wird rechtliche Konsequenzen geben, aber es darf nicht das Ausmaß körperlicher Gewalt annehmen … Wir verletzen einander nicht.“ 

Teilnehmenden des Pride in Budapest drohen Strafen

Teilnehmenden droht eine Geldstrafe von bis zu 500 Euro. Die Polizei hat die Befugnis, Technologie zur Gesichtserkennung zu nutzen, auch könnte den Organisatoren der Pride-Parade in Budapest eine einjährige Freiheitsstrafe drohen. Daher forderte der Grünen-Parteichef Felix Banaszak die deutsche Botschafterin in Budapest zur Unterstützung und Teilnahme auf. „Gerade in Zeiten, in denen queere Menschen in vielen Teilen Europas erneut unter Druck geraten, ist es wichtig, dass Deutschland Haltung zeigt – für Menschenrechte, für Vielfalt und für die Sichtbarkeit derjenigen, die sich vor Ort mit großem Mut für Gleichberechtigung und Freiheit einsetzen.“ (mit afp/dpa)