Graffiti nerven. Erst recht, wenn sie hässlich sind und die Häuserwände einzig und allein davon erzählen, dass sich die Verursacher der Wandverzierungen unbedingt selbst feiern wollten. Das Problem ist nicht neu, es beschäftigt den Stadtrat seit 20 Jahren immer wieder. Doch es wird nicht besser. Was Madlen Bauer dazu bewegte, eine ausführliche Petition an den Stadtrat zu schicken. Der auch der Petitionsausschuss vollinhaltlich zustimmen konnte, der aber trotzdem die Ablehnung empfahl.
Denn alles, was Madlen Bauer sich wünschte, macht die Stadt schon. Auch wenn man es oft nicht sieht. Und Gebäudeeigentümer kostet das Reinigen der mit Graffiti verunzierten Wände längst horrende Summen. Aber wer erzählt das den eigensinnigen Fassadenbemalern?
Auch die Stadt kostet das Beseitigen von Graffiti jedes Jahr richtig viel Geld, teilte das Ordnungsamt in seiner Stellungnahme zur Petition mit: „Die Stadt Leipzig ist selbst auch regelmäßig durch illegale Graffiti an städtischen Gebäuden und Anlagen betroffen. Die Stadt Leipzig stellt daher jährlich erhebliche finanzielle Mittel in Höhe von 250.000 EUR zur Graffitientfernung an städtischen Gebäuden und Anlagen zur Verfügung.
Im September 2019 wurde im Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig zusätzlich ein stadteigenes Reinigungsteam etabliert (‚Projekt Stadtsauberkeit‘). Neben der Umsetzung von Eilaufträgen bei Graffiti mit strafrechtlichem Inhalt werden durch dieses Team auch regelmäßig Schaltkästen, Spielgeräte und Papierkörbe gereinigt.“
Das Problem ist nur: Die Verursacher der Graffiti betrachten die frisch gereinigten Flächen geradezu als Einladung, schnellstmöglich wieder mit Spraydose aktiv zu werden.
Reinigungskosten gehen in die Millionen
„Die einmalige Reinigung der betroffenen Gebäude ist allerdings auch bei städtischen Gebäuden kein Garant, dass diese dauerhaft sauber bleiben. Nicht selten sind auch diese Gebäude nach kurzer Zeit wieder beschmiert und müssen daher mehrfach gereinigt werden“, stellt das Ordnungsamt fest. Und weist auch darauf hin, dass private Gebäudeeigentümer selbst dafür verantwortlich sind, die beschmierten Flächen zu reinigen.
Aber wie hoch ist tatsächlich der jährliche Schaden? Das kann auch die Stadt nur schätzen: „Lt. Statistischen Jahrbuch 2023 gab es in Leipzig (2022) 65.489 Gebäude mit Wohnungen. In Ermangelung belastbarer statistischer Zahlen kann die tatsächliche Betroffenheit allein der Wohngebäude nicht seriös beziffert werden. Daher kann eine mögliche Kostenprognose nur geschätzt werden.
Nimmt man an, dass 50 % allein der Wohngebäude von illegalen Graffiti betroffen sind und setzt man die durchschnittlichen Reinigungskosten bei 1.000 EUR je Auftrag an, so müssten allein bei einer einmaligen Reinigung im Jahr 32.744.500 EUR finanzielle Mittel aufgebracht werden. Diese Kosten würden sich jeweils um einen Faktor x erhöhen, umso öfter über das Jahr gereinigt werden müsste.“
Dazu kämen dann noch „andere bauliche Anlagen, wie Gewerbebetriebe, Mauern, Bahnanlagen“.
Wenn das Geld fehlt
Geld könnte vielleicht helfen, wenn es denn da wäre: „Grundsätzlich wäre für die Stadt Leipzig zur Verbesserung des Stadtbildes eine finanzielle Unterstützung (deren Höhe festzulegen wäre) denkbar, um Privateigentümern, insbesondere in touristisch frequentierten Bereichen, einen Anreiz zur Reinigung ihrer Gebäude zu bieten. Jedoch ist dies aufgrund der sehr angespannten Haushaltslage aktuell nicht umsetzbar.“
Und so wird es auch vielen Gebäudeeigentümern gehen, denn sie dürfen die Reinigungskosten nicht auf die Mieter umlegen: „Nach allgemeiner Rechtsauffassung und Rechtsprechung können die Kosten zur Graffitibeseitigung nicht auf die Betriebskosten und somit auf die Mieter umgelegt werden, da es sich hierbei um Instandhaltungsarbeiten handelt.
Damit ist zwar der Mieter nicht weiter belastet, aber der Vermieter muss letztlich für die Reinigungskosten selbst aufkommen. Allein die damit verbundenen Kosten sind ein erheblicher Faktor für die Entscheidung, ob die Reinigung vorgenommen wird und wie oft.“
Eigentlich, so stellt das Ordnungsamt fest, werden alle drei Antragspunkte aus der Petition schon umgesetzt. Sie sind tatsächlich genau das, was sich im jahrelangen zähen Kampf der Stadt gegen Graffiti als machbar herausgestellt hat.
Die Graffiti-Petition von Madlen Bauer.
In der Auflistung aus der Petition: „1. Verstärkte Reinigung: Einführung eines städtischen Reinigungsprogramms, um betroffene Gebäude und öffentliche Flächen zeitnah von illegalem Graffiti zu befreien. 2. Förderung legaler Graffiti-Flächen: Bereitstellung von Flächen, die Künstlern erlauben, ihre Kreativität legal und ohne negative Auswirkungen auf das Stadtbild auszuleben. 3. Aufklärungskampagnen: Initiativen, die junge Menschen über die Konsequenzen von illegalem Graffiti informieren und für den respektvollen Umgang mit dem öffentlichen Raum sensibilisieren.“
Warum nicht den Verkauf von Spraydosen untersagen?
Fast hätte man noch einen schriftlich formulierten Seufzer aus dem Ordnungsamt erwartet, dass man hier nun schon seit Jahren versuche, genau so die Graffiti-Flut in den Griff zu bekommen.
Einen Vorschlag hat Madlen Bauer eher im Text versteckt. „Illegale Graffiti sind keine Kunst mehr, sondern eine Verschandelung, die Leipzigs Schönheit bedroht. Wir können und müssen etwas dagegen tun, um unsere Stadt zu schützen. Durch den eingeschränkten Verkauf von Spraydosen könnten wir präventiv gegen illegale Aktivitäten vorgehen.
Gleichzeitig würde der Zugang für professionelle und legale Nutzer weiterhin gewährleistet bleiben. Helfen sie uns und tragen sie Sorge dafür, dass Leipzig nicht von Schmierereien, sondern von Kultur und sauberer Architektur geprägt bleibt.“
Aber an eine Einschränkung des Verkaufs der Spraydosen ist wohl nicht zu denken. Also wird sich auch nicht viel ändern. Der Petitionsausschuss empfahl zwar Ablehnung der Petition. Aber eben nicht, weil das Anliegen falsch war, sondern weil die Stadt ihre Möglichkeiten schon nutzt, die Graffiti-Flut wenigstes ein bisschen einzudämmen. Der Stadtrat folgte – bis auf acht Enthaltungen – dem Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses.