Als sich die Verhandler von Union und SPD am Mittwoch vor die Presse stellten, um den Koalitionsvertrag zu präsentieren, demonstrierten sie Einigkeit. Wenige Tage zuvor soll es zwischen den Verhandlern von CDU/CSU und SPD aber noch heftig geknirscht haben. Fast wäre die Koalition gescheitert, berichten die „Bild“-Zeitung und der „Spiegel“.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil sollen die Verhandlungen gerettet haben, schreibt die „Bild“. Grund für den Streit sei eine Debatte über Steuern und Finanzen gewesen, die derart heftig ausfiel, dass sich die Verhandler nicht mehr in einem gemeinsamen Raum befunden hätten.
Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Alexander Dobrindt im Bundestag.
© imago/Future Image/IMAGO/Frederic Kern
Konkret hätten sich CDU/CSU über die Steuererhöhungspläne der SPD aufgeregt. Auf der anderen Seite sollen sich Sozialdemokraten über konservative Vorhaben wie die Mütterrente geärgert und dafür eine Gegenfinanzierung gefordert haben. In einem Papier, das die Genossen am Sonntag an die Union verschickt haben, standen, die Forderungen, Erbschaftsteuern, Vermögensteuern oder Kapitalertragssteuern zu erhöhen. Die Christdemokraten fühlten sich Berichten zufolge überrumpelt. „Es stand Spitz auf Knopf“, wird ein Unions-Mitglied von der „Bild“ zitiert.
Auch der „Spiegel“ berichtet von heftigen Unstimmigkeiten und zitiert CDU-Chef Friedrich Merz mit diesen Worten: „Eine Koalition, die diese Steuern erhöhen will, wird es nicht geben.“ Während einer internen Beratung soll Merz zudem geäußert haben, dass er im Ernstfall sogar den Bundespräsidenten informieren müsse – mit der Botschaft, dass die Gespräche zwischen den Parteien gescheitert seien.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Externen Inhalt anzeigen
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Dass diese letztlich nicht geplatzt sind, wäre dem Verhandlungsgeschick von Klingbeil und Dobrindt zu verdanken. Diese sollen sich für mehrere Vieraugengespräche zurückgezogen haben. Danach begann das diplomatische Hin und Her, heißt es im Bericht der „Bild“-Zeitung.
CSU-Mann Dobrindt sei immer wieder mit neuen Zetteln voller Vorschläge der Union in den Raum der SPD gekommen, um sie Klingbeil zu überreichen. Worum es bei den anschließenden Verhandlungen gegangen sein soll:
Die Union drängte der „Bild“ zufolge darauf, eine konkrete Zahl zur Kürzung der Entwicklungshilfe im Koalitionsvertrag zu verankern – die Sozialdemokraten bestanden auf eine Reduzierung ohne feste Beträge.
Die Steuererhöhungen für Spitzenverdiener habe die Union vehement abgelehnt, immerhin setzte die SPD im Koalitionsvertrag durch, dass Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen festgehalten wurden.
Mehr zum Koalitionsvertrag: „Die Koalition stand auf der Kippe“ Merz-Vertrauter Frei über Verhandlungen und Pläne von Schwarz-Rot Von „Aufatmen“ bis „Zu wenig CDU“ Wen Merz in seiner Partei für sich gewinnen konnte – und wen nicht Der Koalitionsvertrag im Expertencheck Wird Deutschland jetzt wieder krisenfest?
Ob das genauso kommt, ist keinesfalls sicher, denn es heißt: „Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages stehen unter Finanzierungsvorbehalt.“ Und einer, der mitverhandelt hat, prophezeite der „Bild“, dass es darüber in der Regierung bestimmt noch Streit geben werde.
Der designierte Kanzleramtschef Thorsten Frei, der an den Verhandlungen teilnahm, bestätigte den Zoff im Interview mit dem Tagesspiegel: „Die Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen waren ein Wechselbad der Gefühle. Es gab tolle Momente. Der vergangene Montag war eher schwierig, da stand die Koalition auf der Kippe.“ (Tsp)