Liebe Leserin, lieber Leser,
Maryam
Blumenthal zu finden, ist nicht ganz einfach. Ihr Büro liegt
irgendwo im vierten Stock der Hamburger Meile, diesem etwas verstaubt
wirkenden Einkaufszentrum in Barmbek-Süd. Man muss eine Weile über
den hellen Hochglanzmarmor laufen, vorbei an Nagelstudios, billigen
Kleiderläden und asiatischen Fast-Food-Restaurants, bis man
schließlich den Weg zu einem schmalen grauen Aufzug erreicht.
Interessanter Ort für eine Behörde, dachte ich mir so herumirrend.
(Und auch: Google Maps ist in Kaufhäusern ein schlechter Wegweiser.)
Seit
dem 7. Mai ist Blumenthal Hamburgs Senatorin für Wissenschaft,
Forschung und Gleichstellung, sie ist die einzige Neue in der
rot-grünen Regierung. Die Besetzung der 39-jährigen
Landesvorsitzenden der Grünen war
für viele Menschen damals eine Überraschung kaum einer hatte wohl damit gerechnet, dass Katharina Fegebank
(ebenfalls Grüne) diesen Posten einmal hergeben würde. Aber die
Zweite Bürgermeisterin ist jetzt Umweltsenatorin.
Unser
Gespräch sollte sich also eigentlich um Blumenthals Agenda drehen, um ihre
Prioriäten im Amt, darum etwa, ob sie wirklich findet, der Elbtower
sei ein guter Ort für ein Naturkundemuseum, und ob Hamburg nun
Spitzenforscherinnen und Spitzenforschern, die ihre freie Arbeit
unter Donald Trumps Regierung gefährdet sehen, eine Heimat bieten
will. Darüber sprachen wir auch. Aber nicht nur.
Denn
Blumenthal
ist Iranerin, sie kam mit knapp drei Jahren zusammen mit ihren Eltern
und ihrem Bruder nach Deutschland, ein großer Teil ihrer Familie
lebt heute noch in Teheran. Für sie, sagte sie mir, ist Teheran
immer noch eine Heimat. Und so redeten wir auch darüber, wie es ihr geht, seit sich der Iran
und Israel bekriegen.
© ZON
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Dass
die Sorge
um ihre Angehörigen und das Land gerade ein dauerhafter Begleiter
sei, erzählte sie etwa. Dass sie seit den Angriffen kaum geschlafen
habe. Und auch über ihre Sorge davor, dass die Situation der
Iranerinnen und Iraner zunehmend von Antisemiten instrumentalisiert
wird. „Das darf nicht geschehen“, sagte Blumenthal.
Einen
Auszug des Interviews können Sie weiter unten in diesem Newsletter
lesen. Eine Sache aber hat mich Maryam Blumenthal gebeten, Ihnen
weiterzugeben, und diesen Wunsch erfülle ich ihr gerne: Falls Sie
Menschen kennen, die Verwandte im Iran oder in Israel haben, dann
fragen Sie sie doch einmal, wie es ihnen in diesen Tagen geht. Zu
spüren, dass Menschen Anteil nehmen, das
gebe Blumenthal gerade Trost. Und das sei bestimmt nicht nur bei ihr
so.
Haben
Sie einen schönen Tag!
Ihre
Maria Rossbauer
WAS HEUTE IN HAMBURG WICHTIG IST
© Christian Charisius/dpa
In
den kommenden Tagen wird es im
Norden sehr heiß.
Für Hamburg sagt der Deutsche Wetterdienst 25 bis 26 Grad am Montag,
um die 33 Grad am Dienstag und 36 bis 37 Grad am Mittwoch
voraus. Im Süden Deutschlands werden sogar bis zu 39 Grad erwartet.
Wie man sich am besten bei Hitze schützt, können Sie auf dieser
Seite der Stadt Hamburg erfahren. Immerhin geben die Nächte im Norden
mit 16 bis 18 Grad noch ein bisschen Abkühlung. Ab Mittwoch dann
zieht ein neues Tief über den norddeutschen
Raum, was wieder kältere Luft, Gewitter und Regen bringt.
Die
Inbetriebnahme eines Erdwärmeprojekts
in Wilhelmsburg verzögert
sich. Statt wie angekündigt im Frühjahr 2025 soll die kommerzielle
Wärmelieferung nun im Verlauf des Jahres 2026 starten. Grund für
die Verzögerung seien eine Änderung der Pläne und eine damit
einhergehende Überarbeitung des Genehmigungsantrags zum Bau der
Anlage. Das Projekt soll einmal den Stadtteil durch CO₂-freie
Energie klimafreundlicher machen und wird vom
Bundeswirtschaftsministerium mit 22,5 Millionen Euro gefördert. Die
Idee ist, 48
Grad warmes Wasser aus rund 1.000 Meter Tiefe zu
pumpen und anschließend mit Wärmepumpen die Temperatur auf etwa 80
Grad zu erhöhen.
Beim
gestrigen Halbmarathon mussten zwei Teilnehmer
von
Rettungskräften reanimiert werden.
Sie waren offenbar aufgrund des schwülen Wetters zusammengebrochen
und in Begleitung von Notärzten in Krankenhäuser gebracht worden.
Rettungskräfte mussten außerdem einige
verstauchte Knöchel, Blasen an den Füßen und Fälle von
Wassermangel behandeln.
In aller Kürze
• Mit
einem gestohlenen Auto hat sich ein Mann am Sonntagmorgen eine
Verfolgungsjagd mit der Polizei
geliefert. In der Innenstadt baute er aber schließlich einen
Unfall, danach konnten die Polizisten den Fahrer und seinen Beifahrer
festnehmen. Es wurden vier Streifenwagen beschädigt, drei
Polizisten erlitten leichte Verletzungen •
Beim Bundesparteitag der SPD am Wochenende wurde Hamburgs Kultursenator
Carsten Brosda überraschend
nicht in den Parteivorstand gewählt. Somit ist Hamburg als einziger
Landesverband nicht im Bundesvorstand vertreten • Die
S-Bahn
Hamburg
will neue Züge, und sucht nun laut NDR europaweit nach Fachleuten,
die bei der Entwicklung von mindestens 112 davon helfen
AUS DER HAMBURG-AUSGABE
© Christian Charisius/dpa
„Ich bin in großer Sorge“
Mehr
Professorinnen, kein Abwerben von Spitzenforschern aus den USA:
Maryam Blumenthal spricht zum ersten Mal über ihre Pläne als neue
Wissenschaftssenatorin – und über die Angst um ihre Familie im
Iran. Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Interview von
ZEIT:Hamburg-Ressortleiterin
Maria Rossbauer:
DIE
ZEIT:
Frau Blumenthal, wir sind verabredet, um über Ihre Agenda als
Hamburgs neue Senatorin für Wissenschaft, Forschung und
Gleichstellung zu sprechen. Nun
aber bekämpfen sich Israel und der Iran
– das Land, in dem Sie geboren sind. Deshalb zuerst eine
andere Frage: Wie geht es Ihnen?
Maryam
Blumenthal:
Durchwachsen, würde ich sagen. Tagsüber habe ich mit der Arbeit
viel zu tun, da bin ich abgelenkt. Auch wenn der Blick immer wieder
aufs Handy geht, ob Nachrichten gekommen sind, damit ich weiß, wie
es meinen Cousinen und Cousins, meinen Tanten, meinem Onkel geht.
Nachts aber verfolge ich die aktuellen Nachrichten, versuche
herauszufinden, ob Bomben in der Nähe meiner Familie eingeschlagen
haben. Seit den Angriffen habe ich kaum geschlafen. In Hamburg lebt
die zweitgrößte iranische Community Europas, etwa 40.000 Menschen.
Ich bin sicher, den meisten geht es wie mir.
ZEIT:
Wo befindet sich Ihre Familie gerade?
Blumenthal:
Meine engsten Angehörigen leben alle in Teheran. Wir sind in großer
Sorge, weil wir erneut seit zwei Tagen nichts von meiner Tante und
ihren Kindern gehört haben. Die Sorge um unsere Angehörigen und das
Land ist gerade ein dauerhafter Begleiter.
ZEIT:
Was verbinden Sie selbst mit Teheran?
Blumenthal:
Ich war ja knapp drei Jahre alt, als wir nach Deutschland gekommen
sind, aber seit meine Eltern einige Jahre später dann zurückreisen
durften, habe ich alle meine Sommerferien dort verbracht. Teheran ist
wunderschön, es ist auch Heimat für mich. Zuletzt war ich 2012
dort, danach wäre eine Einreise für mich zu riskant gewesen. Meine
große Hoffnung aber ist, dass ich einmal das Grab meiner Großeltern
besuchen kann. Die sind in der Zwischenzeit, als ich nicht mehr
einreisen konnte, verstorben.
ZEIT: Ihre Behörde ist auch für den Kampf
gegen Antisemitismus in Hamburg zuständig. Nehmen Sie seit Beginn der
Angriffe einen Stimmungswechsel wahr?
Blumenthal: Zwischen der iranischen Community in Hamburg und den
Jüdinnen und Juden der Stadt besteht eigentlich eine tiefe Freundschaft.
Während der Frau-Leben-Freiheit-Bewegungen waren viele Jüdinnen und
Juden auf unserer Seite, und nach dem 7. Oktober 2023 haben sich sofort
viele Iranerinnen und Iraner solidarisiert. Aber, ja, ich habe große
Sorge davor, dass die Situation der Iranerinnen und Iraner zunehmend von
Antisemiten instrumentalisiert wird.
Warum es Blumenthal außerdem nicht für den richtigen Weg hält, nun aktiv
Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher aus den USA abzuwerben, und
warum sie glaubt, dass der Elbtower durchaus ein guter Ort für das
Naturkundemuseum sein könnte, lesen Sie in der ungekürzten Fassung
des Interviews auf ZEIT ONLINE.
DER SATZ
© Christian Charisius/dpa
„Bei
ihm
ist Musik selbst in ihren schroffen, schmutzigen oder bombastischen
Momenten ein flüchtiger, heiliger Geist.“
Nach
zehn Jahren hört der Hamburger Generalmusikdirektor Kent Nagano Ende
der Saison auf. Warum er den Hamburgern und Hamburgerinnen all die
Zeit bei aller Sympathie dennoch fremd blieb, schreibt
ZEIT:Hamburg-Ressortleiter Florian Zinnecker zum Abschied. Den
ganzen Artikel lesen Sie hier.
DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN
Den
niederländischen Künstler Bas Jan Ader kann man jetzt in der
Ausstellung „I’m
Searching…“ (wieder-)entdecken. Die Kunsthalle zeigt 16-mm-Filme, Dia-Installationen, Fotografien und
Videos. Immer wieder steht das Scheitern im Mittelpunkt seiner
Arbeiten, häufig ist er selbst in seinen Performances zu sehen. Ader
ist 1975 zu einer Fahrt über den Atlantik aufgebrochen, als
Fortsetzung seiner künstlerischen Arbeit „In Search Of The
Miracles“, seit 1976 gilt er als verschollen.
„I’m
Searching…“, Kunsthalle, Galerie der Gegenwart, bis 24.8., Di–So
10–18 Uhr, Do bis 21 Uhr, Glockengießerwall 5; weitere Infos hier
MEINE STADT
Die Stettin © Hilke Suhr
HAMBURGER SCHNACK
In
der S1: Zwei Mitarbeiter der DB-Sicherheit unterhalten sich über
berufliche Perspektiven. Der eine zum anderen: „Ganz ehrlich,
Schwarzgeld ist das am ehrlichsten verdiente Geld.“
Gehört
von Juliana Volkmar
Das war
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