Mit Erlösen aus Straftaten Gold, edle Uhren bis hin zu Luxusautos kaufen – so versuchen Kriminelle die Herkunft ihrer Beute zu verschleiern. Das Problemfeld „Geldwäsche“ ist in den vergangenen Jahren enorm gewachsen. Die Polizei in Bayern hat laut Innenminister Joachim Herrmann (CSU) 2024 rund 9000 Meldungen wegen Geldwäsche registriert und schöpfte etwa 71 Millionen Euro an Vermögenswerten ab.

Die Summe, die in Deutschland gewaschen wird, schätzt man auf bis zu 100 Milliarden Euro im Jahr. Bayerns Justiz hat jetzt reagiert. Seit 1. April gibt es neue Strukturen und mehr Personal für die Ermittler in Sachen Geldwäsche. Die in Dingen der Wirtschaftskriminalität erfahrene Oberstaatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl hat die Leitung der neuen Zentralstelle Geldwäschebekämpfung und Vermögensabschöpfung (ZGV) übernommen.

Wichtiger Schritt für bayrische Justiz

Ziel der Zentralstelle bei der Münchner Generalstaatsanwaltschaft sei es, Geldwäsche von Drogendealern, Internetbetrügern oder Menschenhändlern einzudämmen und Beute aus Straftaten sicherzustellen, um sie ihren Eigentümern zurückzugeben. Mit der Erweiterung der Aufgaben der Zentralstelle auf herausragende Geldwäschefälle habe die bayerische Justiz einen wichtigen Schritt getan, die Strafverfolgung gerade in diesem Bereich zu stärken und zukunftsfähig zu machen.

Oberstaatsanwältin Bäumler-Hösl: „Durch den gezielten Einsatz der Ressourcen der ZGV gerade im Bereich der besonders komplexen Fälle können wir einen entscheidenden Schritt in die richtige Richtung machen. Ein weiteres wesentliches Erfordernis ist die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit: Geldwäsche kennt keine Grenzen und kriminelle Gruppierungen sind oftmals transnational tätig.“

ZGV kann auf großen Wissenspool zurückgreifen

Auch insoweit könne die ZGV auf einen großen Wissenspool und internationale Kontakte, zum Beispiel über das Europäische Justizielle Netz (EJN), dessen Bayerische Kontaktstelle bei der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelt ist, zurückgreifen.

 

Wie funktioniert Geldwäsche? „Geldwäsche ist ein Prozess, durch den Straftäter ihre erzielten Erlöse in scheinbar legale Vermögenswerte umwandeln, um die Herkunft des Geldes zu verschleiern“, so die ZGV-Chefin.

„Zu den häufigsten Quellen gehören Drogenhandel, Organisierte Kriminalität wie Menschenhandel oder illegales Glücksspiel, Korruption, aber auch (Einbruchs-)Diebstahl oder Betrug, zum Beispiel auf Ebay oder auf Cybertrading-Plattformen.“

Woher kommen die oben erwähnten 9000 Meldungen und Hinweise? „Der Großteil der Meldungen stammt von Personen oder Institutionen, vor allem Banken, die nach dem Geldwäschegesetz (GWG) verpflichtet zur Abgabe von Verdachtsmeldungen sind, sofern sie verdächtige Transaktionen feststellen“, erklärt die Oberstaatsanwältin.

Oberstaatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl.

Oberstaatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl.
© Bernd Wackerbauer

Oberstaatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl.

von Bernd Wackerbauer

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Verfahren mit besonderer Bedeutung

Wie geht es dann weiter? Die ZGV übernimmt aus dem Bezirk Verfahren von besonderer Bedeutung. „Dies sind Verfahren, die dem Bereich der organisierten (Wirtschafts-)Kriminalität zuzuordnen oder bei denen besonders umfassende und komplexe Finanzermittlungen zu erwarten sind“, sagt sie. Besondere Bedeutung heißt? „Eine besondere Bedeutung liegt immer dann nahe, wenn die Zuständigkeiten mehrerer Staatsanwaltschaften aufgrund vorwiegend überregionaler Tatbegehungen beziehungsweise einer überwiegend überregionalen Struktur bestehen oder aufgrund internationaler Verflechtungen umfangreiche Rechtshilfemaßnahmen ergriffen wurden oder zu erwarten sind. Bei der ZGV arbeiten Kollegen, die bereits große Expertise im Bereich der Wirtschafts- und Betäubungsmittelstrafverfahren haben.

Warum gibt es die ZGV bislang nur in München? Ein Grund: Die Idee mit einem relativ geringen Personalansatz ein staatsanwaltschaftliches „Wissenszentrum“ für Fragen rund um die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche bei der Generalstaatsanwaltschaft München zu schaffen, stamme vom Münchner Generalstaatsanwalt Reinhard Röttle. Auch die sogenannte Andienungslösung – also die Möglichkeit einer Übernahme von besonders herausgehobenen Geldwäscheverfahren aus dem gesamten Bezirk durch die ZGV – wurde von Generalstaatsanwalt Röttle entwickelt. Sollte sich das in der Praxis bewähren, wird das Justizministerium aber bald eine Ausweitung dieses Konzeptes auf ganz Bayern prüfen.

Straftaten dürfen sich nicht lohnen

Warum Vermögensabschöpfung? Der Grundgedanke ist einfach: Straftaten dürfen sich nicht lohnen, Straftäter sollen die finanziellen Vorteile aus ihren Taten nicht behalten dürfen.

Wie kommt das Geld aus kriminellen Quellen ins Land? Zum Transport werden zum Teil unwissende Kuriere eingesetzt, die mit dem Auto über die Grenze geschickt wurden. Die Bargeldfunde, teilweise im oberen sechs- bis siebenstelligen Bereich, häufen sich, und die entsprechenden Verfahren werden bayernweit an die ZGV abgegeben.

Hinsichtlich des in einer Pressekonferenz im April präsentierten Goldes, das durch ein Gericht rechtskräftig eingezogen wurde, liege mittlerweile übrigens das Ergebnis der Goldschmelzaktion vor: Der Landesjustizkasse konnten allein insoweit 3.668.944,08 Euro gutgeschrieben werden.

Wer oder was sind „Finanzagenten“?

Wie funktionieren „Finanzagenten“ bei der Geldwäsche? „Teilweise werden junge Erwachsene, die ein eigenes Konto haben, in Diskotheken oder über soziale Medien angesprochen und oft mit einer Lüge veranlasst, ihre Kontoverbindung zur Verfügung zu stellen. Geld, das auf ihrem Konto von Unbekannten eingeht, soll weiterüberwiesen oder nach Überweisung auf ihr Konto bar abgehoben und einem Mittelsmann ausgehändigt werden. Hier wird ihnen versprochen, eine bestimmte Quote behalten zu dürfen, und vorgegaukelt, die Anwerber hätten selbst gerade keinen Zugriff auf ihr Konto, dies sei gepfändet oder die EC-Karte sei verlorengegangen“, erklärt Bäumler-Hösl.

Sie warnt: „Diese Vorgehensweise kann bereits als Geldwäsche strafbar sein, nämlich als leichtfertige Geldwäsche. Leichtfertig in diesem Sinne handelt, wer die sich aufdrängende kriminelle Herkunft der Vermögensgegenstände aus Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit außer Acht lässt. Wer also unter dubiosen Umständen Geld annimmt oder weiterleitet, das erkennbar aus illegalen Quellen stammen könnte, macht sich bereits strafbar.“

Gibt es nur neue Strukturen oder auch personelle Verstärkung für die Ermittler? „Bayern hat in den vergangenen Jahren seine Strukturen im Bereich der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität mehrfach verstärkt und der Justiz zusätzliches Personal zugewiesen. Von diesen Stellen erhielt auch die ZGV zwei neue Stellen, erklärt die ZGV-Leiterin.

Ihr erklärtes Ziel: „Geldwäscher sollen sich in Bayern nicht mehr sicher fühlen!“