Prozess um vorgetäuschte Kontrollen: Polizisten bestreiten Vorwürfe | ndr.de

Angeklagte Polizisten mit Verteidigern im Landgericht Hannover.

Stand: 30.06.2025 18:54 Uhr

Zwei Polizisten sollen Kokainhändlern in Hannover unter dem Vorwand von Kontrollen Geld entwendet haben. Zum Prozessbeginn wies einer der Beamten die Vorwürfe zurück, der andere argumentierte mit „moralischer Gerechtigkeit“.

Die beiden Männer im Alter von 34 und 50 Jahren müssen sich seit Montag vor dem Landgericht Hannover verantworten. Ihnen wird unter anderem Diebstahl mit Waffen, gewerbsmäßige Erpressung und Strafvereitelung im Amt vorgeworfen. Dabei gehe es um insgesamt 15 Taten, die sie teils gemeinsam, teils allein begangenen haben sollen, sagte ein Sprecher des Landgerichts Hannover dem NDR Niedersachsen. Laut Staatsanwaltschaft sollen die beiden Männer von Dezember 2022 bis Januar 2025 vornehmlich albanischen Kokainhändlern mit fingierten Kontrollen jeweils 6.000 Euro abgenommen haben. Während der Kontrollen sollen sie ihre Dienstwaffen bei sich getragen und anschließend keine Protokolle ausgestellt und keinen polizeilichen Vorgang angelegt haben, wie es hieß. Den Angeklagten sei es darum gegangen, sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen, erklärte der Staatsanwalt am ersten Prozesstag beim Vortragen der Anklageschrift.

Das Logo der Polizei auf der Dienstkleidung eines Polizisten.

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Anwalt: „Nicht das Handeln eines egoistischen Mannes“

Der 50-jährige Angeklagte ließ am Montag von seinem Verteidiger sämtliche Vorwürfe zurückweisen. Niemand habe gesehen, dass er irgendjemandem Geld abgenommen habe, erklärte sein Verteidiger. Der 50-Jährige sitzt nicht in U-Haft, wurde aber mit gekürzten Bezügen vom Polizeidienst suspendiert. Laut Anklage soll tatsächlich nur sein jüngerer Kollege den Drogenhändlern Geld abgenommen haben. Der 50-Jährige soll die Kontrollen derweil abgesichert haben. Der 34-jährige Angeklagte sitzt derzeit wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft. Vor Gericht kündigte sein Verteidiger am Montag eine Stellungnahme seines Mandanten für einen späteren Zeitpunkt an. „Das ist nicht das Handeln eines egoistischen, selbstsüchtigen Mannes“, sagte der Rechtsanwalt. Dem Angeklagten sei es vielmehr um das Herbeiführen einer „Art von moralischer Gerechtigkeit“ gegangen. „Die eigentliche Tatmotivation war eine Um- und Rückverteilung zwischen Drogenhändler und oft hilfsbedürftigen Konsumenten“, so der Verteidiger.

Polizeipräsidentin: „Hinweise auf fremdenfeindliche Einstellung“

Am Montagmittag äußerte sich Hannovers Polizeipräsidentin Gwendolin von der Osten zu den Ermittlungen gegen die beiden Polizisten. Ihren Angaben zufolge wurde bei Durchsuchungen umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Auf den Mobiltelefonen hätten sich auch Hinweise „auf eine fremdenfeindliche Einstellung der Angeklagten“ befunden, so von der Osten. Der 50-Jährige bestritt dies am Montag vor Gericht. Laut von der Osten wurde zwischenzeitlich gegen weitere Beamte ermittelt – darunter die Lebensgefährtin des 34-jährigen Angeklagten. Der Polizei-Oberkommissarin wurde laut von der Osten die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Was die Ermittler der Frau vorwerfen, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen die beiden Beamten seien die internen Abläufe des Polizeikommissariats Hannover Mitte umfassend untersucht worden, teilte von der Osten weiter mit.

Für den Prozess sind zunächst fünf Tage angesetzt. Ein Urteil könnte demnach am 7. August fallen. Laut einem Gerichtssprecher liegt der Strafrahmen für einige der Taten bei bis zu 15 Jahren Haft. Für beide Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung. 

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