Bielefeld. Der Wahnsinn nimmt kein Ende. Arminia Bielefeld hat tatsächlich das Fußballwunder vollbracht und fährt nach Berlin. In einem mitreißenden DFB-Pokalfinale entzauberte der DSC auch den Titelverteidiger und amtierenden Meister Bayer Leverkusen mit 2:1 (2:1). Kurz vor dem 120-jährigen Vereinsgeburtstag schrieben die Arminen damit Geschichte und gingen im vierten Anlauf den ersehnten Schritt ins Endspiel.

Bereits einige Stunden zuvor war Bielefeld auf Party getrimmt. Die Innenstadt war mit schwarz-weiß-blauen Girlanden, Fahnen und Schals geschmückt. Ab 15 Uhr versammelten sich Anhänger – aufgerufen von der aktiven Fanszene- in der Goldstraße, um die quälenden Stunden bis zum Anpfiff zu überbrücken. Bei strahlendem Sonnenschein marschierten mehr als 4.000 Arminen in Richtung Alm. In der Stadt war nach langer Zeit mal wieder Arminia-Fieber ausgebrochen.

Auch im Stadion stieg das Knistern, je näher der Anpfiff rückte. Arminia hatte für die Bielefelder unter den 26.601 Zuschauern noch eine Überraschung parat. Die Vertragsverlängerung von Sam Schreck wurde unter großem Jubel verkündet. Dann übernahmen die Fans. Mit einer Choreo Choreografie und lautstarker Anfeuerung heizte die Südtribüne ihrem Team final noch einmal ein. „Stadion Alm – uneinnehmbar“, hieß es auf den Bannern.

Bayer legt vor – Arminia Bielefeld antwortet prompt

Pokalsensation in Bielefeld : Arminia Bielefeld fährt nach Berlin

Zumindest für die Pokalspiele der laufenden Saison hatte das gegolten. Immerhin hatten die Arminen im bisherigen Wettbewerb schon Zweitligist Hannover 96 (2:0) sowie die Bundesligisten Union Berlin (2:0), SC Freiburg (3:1) und Werder Bremen (2:1) ausgeschaltet. Daran, dass seine Mannschaft auch für die ultimative Herausforderung Bayer 04 bereit ist, hatte DSC-Trainer Mitch Kniat im Vorfeld keinen Zweifel gelassen. „Es wird eine richtige Challenge. Aber die können wir und mögen wir“, hatte der 39-Jährige erklärt. „Wir werden genauso gallig und gierig sein wie in den vergangenen Pokalspielen. Jeder ist bereit, nach Berlin zu fahren.“

Seine Startelf tauschte Kniat im Vergleich zum mauen 2:2-Remis gegen Hannover 96 II auf drei Positionen. Überraschend nahmen Joel Felix und Christopher Lannert nur auf der Bank Platz. Dafür rückten Maximilian Großer und Felix Hagmann in die Anfangsformation. Zudem erhielt Noah Sarenren Bazee den Vorzug gegenüber Julian Kania.

Liveticker: Die große Party in Bielefeld nach Arminias Pokalsensation

Als es auf dem Rasen endlich losging, wirkte Arminia nervös und die Gäste rissen die Partie direkt an sich, jedoch ohne wirkliche Torgefahr auszustrahlen. Der Kopfball von Nationalspieler Jonathan Tah ging ein gutes Stück über das Tor (3.). In der Folge fand der DSC zusehends besser in das Spiel, sah sich in eigenem Ballbesitz allerdings dem enormen Druck des Favoriten ausgesetzt.

Sarenren Bazee verpasst Arminia-Führung

In der 17. Minute dann der Schock. Eine Ecke von Alejandro Grimaldo, verlängerte Amine Adli per Kopf an den langen Pfosten, wo Tah sträflich ungedeckt aus kurzer Distanz zum 1:0 traf. Es war der erste Rückstand für die Arminen in dieser Pokalsaison.

Wie würden die Ostwestfalen diesen Nackenschlag wegstecken? Die perfekte Antwort auf diese Frage gaben sie postwendend. Louis Oppie brachte eine Flanke von der linken Seite scharf in den Leverkusener Strafraum. Piero Hincapie war zwar gegen den lauernden Sarenren Bazee zur Stelle, doch der Abpraller landet vor den Füßen von Marius Wörl. Und Mister Pokal ließ sich nicht zweimal bitten. Aus elf Metern versenkte er den Ball unten rechts im Tor – 1:1 (20.). Die Alm explodierte, die Tribünen schwankten.

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Weil auch die Überprüfung des Videoschiedsrichters nichts am Ausgleich änderte, war der krasse Außenseiter zurück im Spiel und hatte Lunte gerochen. Sarenren Bazee übertölpelte Gegenspieler Hincapie im Laufduell und marschierte alleine auf das Bayer-Tor zu. Im Eins-gegen-eins mit Lukas Hradecky ließ der Bielefelder die Megachance jedoch liegen. Zu diesem Zeitpunkt hielt es niemanden mehr auf seinem Sitz. Denn der Favorit schien zu diesem Zeitpunkt verwundbar. Die Rheinländer hatten den Faden verloren und kamen trotz größerer Spielanteile überhaupt nicht mehr gefährlich vor das Bielefelder Tor.

Zur Pause lebt Arminias Traum vom Wunder

Auf der Gegenseite zeigte der Drittligist, wie es geht. Eine Freistoßflanke von Oppie bugsierte Großer am rechten Pfosten zum verdienten 2:1 über die Linie (45+3). Der Wahnsinn! Beim Gang in die Kabine war der Traum vom Fußballwunder realer denn je. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“, schalte es aus mehr als 20.000 Kehlen.

Vor Pokal-Kracher: Arminia Bielefeld verkündet Vertragsverlängerung mit Sam Schreck

Wer sich mit dem Seitenwechsel auf einen Sturmlauf des Favoriten eingestellt hatte, sah sich zunächst getäuscht. Die Arminen agierten deutlich forscher und waren tonangebend. Angriff war für die Hausherren die beste Verteidigung. Der DSC schnürte den Champions-League-Teilnehmer phasenweise sogar in der eigenen Hälfte ein. Nur das dritte Tor fiel nicht. Joel Grodwoski schob den Ball nach einem stark vorgetragenen Angriff aus aussichtsreicher Position am Gästetor vorbei (69.).

So blieb es bis spannend, denn Bayer hat noch längst nicht geschlagen. Bei Nordi Mukieles Kopfball musste sich DSC-Keeper Jonas Kersken mächtig strecken (73.). Wenige Minute später rutschte allen Arminen das Herz in die Holse, als Patrick Schick ebenfalls per Kopf den Außenpfosten traf (81.).

Arminia Bielefeld spielt am 24. Mai um den Pokal

Doch die Übermacht, die viele befürchtet hatte, stellte das Team von Xabi Alonso zu keinem Zeitpunkt dar. Der Schlusspfiff rückte immer näher und das Stadion wurde angesichts der nahenden Sensation immer lauter. Als Schiedsrichter Harm Osmers nach sechsminütiger Nachspielzeit abpfiff, kannte die Alm nur noch Jubel. Arminia Bielefeld spielt am 24. Mai im Berliner Olympiastadion tatsächlich um den DFB-Pokal.

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