Der Jungunternehmer Urs Steurer hat Erfahrungen bei großen Konzernen wie Adidas und Google gesammelt, Kontakte geknüpft und ist jetzt gerade dabei, in München eine kleine Firma aufzubauen. Seine Geschäft-Idee: den Menschen die Hoheit über ihre eigenen Daten zurückgeben. Jeder von uns generiere riesige Datenmengen etwa bei Google, Meta oder Amazon, erklärt Steurer. Diesen Schatz, verwalten und nutzen die Plattformen selbst, nach eigenem Gutdünken.

Münchner Start-up bietet US-Konzernen die Stirn

Wer nun beispielsweise eine künstliche Intelligenz zu einem wirklich persönlichen Assistenten machen wolle, stehe vor einem Dilemma, so der Firmengründer: entweder man gibt einer KI, die wahrscheinlich wieder von einem US-Konzern betrieben wird, Zugriff auf sein gesamtes digitales Leben oder sie bleibt dumm. Urs Steurer bietet mit seinem Unternehmen Privma dagegen an, die Daten erst nach Europa zu holen und sie dann dosiert und angepasst an jene Dienste weiterzugeben, die man nutzen möchte. Die Münchner Firma macht den Internetriesen also ihren Datenschatz streitig.

EU-Gesetz beschränkt bisher Macht der Internetkonzerne

Dass Google und Co den Datenschatz herausrücken müssen, dafür hat Europa unter anderem mit dem Digital Markets Act (DMA) gesorgt. Dieses Gesetz macht den Digitalriesen einige strenge Vorschriften. Da sie als Gatekeeper auftreten, also als Torwächer ihrer Plattformen, halten sie quasi den Schlüssel für unser aller Tür zum Internet in Händen. In der EU müssen sie sich allerdings ein gutes Stück weit öffnen. Amazon muss Kunden-Daten herausgeben. Google darf nicht nur eigenen Produkte und Angebote in Trefferlisten oben anzeigen. Und WhatsApp muss helfen, dass User ihre Chats zu anderen Messengern mitnehmen können, wenn sie wechseln wollen.

EU-Kommission plant angeblich Kuhhandel mit USA

Wer sich an die Vorgaben nicht hält, muss zahlen. Apple und Meta hat es bereits getroffen, mit Strafen von jeweils mehreren hundert Millionen Euro. Kein Wunder, dass den US-Internetkonzernen der DMA ein Dorn im Auge ist. Und sie haben US-Präsident Donald Trump auf ihrer Seite. Er macht bei den Zollverhandlungen Druck – mit Erfolg. Die EU-Kommission will den USA angeblich entgegenkommen (externer Link), indem sie den Amerikanern erlaubt, bei der Anwendung der EU-Digitalgesetze mitzureden. Kritiker sprechen von einem Kuhhandel. Der DMA droht jedenfalls wertlos zu werden.

Protestbrief der europäischen Start-ups

Mehrere Digitalverbände schrieben bereits einen offenen Brief an die EU-Kommission (externer Link), indem sie eindringlich vor einem solchen Kompromiss warnen. Zu den Verfassern zählt zum Beispiel der deutsche Start-up-Verband. Geschäftsführerin Franziska Teubert befürchtet, „dass wir stehendes Recht in Europa verramschen“. Ohne den DMA regeln zum Beispiel Apple und Google wieder alleine, wer in ihre App-Stores kommt? Kleine Softwarefirmen, die dort nicht akzeptiert werden, haben keine Chance. Die EU wollte hier eigentlich für einen fairen Zugang zu den großen Plattformen sorgen. Das steht nun laut Teubert auf dem Spiel, deshalb das Protestschreiben an Brüssel.

Bundesregierung hält sich zurück

Bundesdigitalminister Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) hat in einem Statement auf dem Digitaltag zwar betont, die Europäische Kommission dabei zu unterstützen, den Digital Services Act konsequent durchzusetzen. Das ist aber ein anderes Gesetz, indem es beispielsweise darum geht, Hass und Hetze im Netz einzubremsen. Nachfrage beim Ministerium, ob denn nicht auch der DMA durchgesetzt werden müsse? Antwort: Dafür sei das Bundeswirtschaftsministerium zuständig. Dort wiederum heißt es, dass man sich nicht zu laufenden Gesprächen äußere. Ein klares Plädoyer für das EU-Gesetz ist das nicht.

Münchner Gründer weiß nicht, wie es weitergeht

Jungunternehmer Urs Steurer betont noch einmal, wie wichtig das europäische Gesetz für ihn ist. Er und sein Mitgründer wollen in den nächsten Monaten zwei Mitarbeiter anstellen. Auch Investoren sind angeblich gefunden. Eigentlich soll es jetzt richtig losgehen. Sollte allerdings der DMA fallen, dann habe er ein sehr großes Problem. „Dann weiß ich nicht, ob es mit unserem Start-up hier in München so weitergehen kann.“