Die deutsche und sächsische Finanzpolitik hat Folgen. Bis in die Kommunen hinein, die selbst die wichtigsten Dinge nicht mehr finanziert bekommen. Die systemisch verursachte Finanzknappheit hat auch in Leipzig direkte Folgen. Um den Doppelhaushalt 2025/2026 überhaupt noch irgendwie genehmigt zu bekommen, mussten wieder einmal teure Großprojekte verschoben werden und finden 2026 einfach nicht statt, wie die SPD-Fraktion jetzt auf Nachfrage hin erfuhr. Eigentlich ging es ihr eher um Straßensperrungen und Umleitungen.

Aber die größten Umleitungen verursachen natürlich die Großbaustellen, bei denen ganze Straßen komplett erneuert werden oder Brücken saniert und ersetzt werden. „Die derzeitige Verkehrssituation verlangt viel von den Leipzigerinnen und Leipzigern ab. Ursache hierfür sind notwendige und aufwendige Baustellen im Straßennetz der Stadt Leipzig“, hatte die SPD-Fraktion festgestellt. Und augenblicklich sind es ja der Neubau der Karlbrücke, die Ertüchtigung der Zeppelinbrücke, der Komplexumbau der Dieskaustraße und die Baustelle in der Prager Straße, die besonders heftig für Umleitungen sorgen.

Was in der SPD-Anfrage nicht steht, ist die simple Feststellung, dass Leipzig einen enormen Investitionsstau vor sich her schiebt und die heutigen Großbaustellen Folge dieses Staus sind. In den nächsten Jahren müssten weitere solcher Großprojekte gebaut werden. Einige waren schon lange angekündigt, finden aber nun trotzdem nicht statt, wie das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) in seiner Antwort mitteilt.

Denn als neue oder weiter geführte Großbaustellen listet es lediglich auf:

der 3. Abschnitt der Dieskaustraße

die Georg-Schwarz-Brücken 

die Stötteritzer Straße / Papiermühlstraße

ein FGÜ in der Theklaer Straße

der Wasserturmweg zur Erschließung des neuen Betriebsobjektes der Stadtreinigung

Verschoben, weil unbezahlbar

Was auffällt, sind die Baustellen, die in dieser Auflistung fehlen. Und das sind die eigentlich auch schon seit 20 Jahren immer wieder verschobenen Umbauarbeiten in der Georg-Schumann-Straße und der Neubau der ebenfalls für 2026 geplanten Eisenbahnüberquerung in der Sasstraße.

Verschoben wurde ganz offensichtlich auch der Neubau der Leibnizbrücke über den Elstermühlgraben, der Neubau der Raschwitzer Brücke und der Brücke in der Richard-Lehmann-Straße, genauso wie der Neubau der Landsberger Straße von der Beyerleinstraße bis zur Straßenbahnendstelle. Auch die Berliner Straße trifft es, die zwischen Roscherstraße und Hamburgers Straße eigentlich umgebaut werden soll.

Und wohl auch die Pfaffendorfer Straße, die eigentlich schon 2025 gebaut werden sollte, deren Vergabeverschiebung jetzt aber auch den Baubeginn in die Zukunft verschiebt. Alles Teil der „Aktualisierung Investitionsprogramm 2025/2026ff“, über welche die Ausschüsse des Stadtrates derzeit noch beraten.

Auf der Kippe stehen auch die Planungen für die Radschnellwegverbindungen, die Leipzig überregional vernetzen sollen.

Und zur Wahrheit gehört: Das 500-Milliarden-Sondervermögen der Bundesregierung wird an diesem schleichenden Dilemma nichts ändern. Die Summe ist schlicht zu gering, um alle Unterfinanzierungen auf den Ebenen von Bund, Ländern und Kommunen aufzufangen. Eher ist sie ein Zeichen dafür, dass die regierenden Parteien überhaupt keine Vorstellung davon haben, wie enorm der Investitionsstau im Land in den vergangenen 30 Jahren angewachsen ist.

Auch Kabel- und Leitungsbau sorgen für Straßensperrungen

Aber der SPD-Fraktion ging es eigentlich nur um die vielen Straßensperrungen, die augenblicklich die Stadt zu einem Hindernisparcours machen. Das Mobilitäts- und Tiefbauamt schreibt zu der recht hohen Zahl von Straßenabsperrungen, dass viele überhaupt nichts mit Straßenbaumaßnahmen zu tun haben, sondern mit „Leitungsbaumaßnahmen der Kommunikation, Energieversorgung, Wasserver-/Abwasserentsorgung, Gleisbaumaßnahmen“.

Gerade jene Unternehmen, die derzeit Glasfaser in der Stadt verlegen, sind für viele dieser temporären Sperrungen verantwortlich. Dazu kommen Arbeiten der Stadtwerke zum Ausbau des Fernwärmenetzes wie in Alt-Lößnig und der Südvorstadt.

„Im letzten Jahr wurden ca. 16.000 verkehrsrechtliche Anordnungen erteilt. In den Jahren 2022 und 2023 waren es ca. 15.500 verkehrsrechtliche Anordnungen. Die Bearbeitungsfrist für Anträge auf Anordnung verkehrsregelnder Maßnahmen bei der Straßenverkehrsbehörde beläuft sich auf ca. 14 behördliche Arbeitstage. Baumaßnahmen mit umfangreicheren Verkehrskonzepten werden der Genehmigungsbehörde zur Durchführung des Genehmigungsverfahrens bis zu ca. 3 Monate im Voraus bekannt“, schreibt das MTA.

Geplante Fahrbahnerneuerungen für 2026. Grafik: Stadt LeipzigGeplante Fahrbahnerneuerungen für 2026. Grafik: Stadt Leipzig

Dazu kommen dann natürlich auch Sperrungen für „simple“ Fahrbahnerneuerungen, die ebenfalls für Umleitungen sorgen. Dreizehn zählt das MTA für 2026 auf. Die Überraschung darunter ist eine Asphaltierung, gegen die sich die Stadt jahrelang regelrecht gesträubt hat: die Fahrbahnertüchtigung der Küchenholzallee von Küchenholzallee bis Antonienstraße.

Was aber nichts an der Tatsache ändert, dass wichtige Komplexmaßnahmen immer weiter in die Zukunft verschoben werden, weil sich ihre Finanzierung mit einem verknappten Haushalt nicht (mehr) darstellen lässt.