Auf der Ökofete am 15. Juni lud die Stadt noch ein, dass Vereine und Initiativen ihre Ideen für die Europäische Mobilitätswoche (EMW) im Herbst anmelden könnten. Doch eine Anfrage der Linksfraktion zur Ratsversammlung am 25. Juni ergab, dass gerade das Kernstück der Mobilitätswoche – der autofreie Ring – nicht stattfinden darf.

Grund dafür, so das Mobilitäts- und Tiefbauamt: „Der autofreie Tag, oder auch ‚Ein Ring für alle‘, findet 2025 in Leipzig nicht statt. Hintergrund ist die vorläufige Haushaltsführung, während der Ausgaben nur für Pflichtaufgaben getätigt werden können.“

Die Europäische Mobilitätswoche selbst gehöre nicht zu diesen Sparmaßnahmen, so das MTA in seiner Antwort an die Linksfraktion. „Da insbesondere für den autofreien Tag bereits im 1. Quartal Unternehmen beauftragt werden müssen, ist eine Durchführung dieses Jahr nicht möglich und das EMW-Budget wurde entsprechend gekürzt. Entsprechend wird der Umfang der EMW dieses Jahr deutlich kleiner ausfallen, es wird mit einer Halbierung der Aktionen gerechnet.“

Doch mit dem autofreien Tag auf dem Ring entfällt gerade der wichtigste Baustein der Mobilitätswoche. Franziska Riekewald, Sprecherin für Mobilität der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat, findet das gar nicht gut.

„Zunächst einmal hätten wir von der Verwaltung erwartet, dass der Stadtrat proaktiv über die Absage informiert worden wäre. Schließlich können wir nicht die Augen vor der aktuellen Problemlage verschließen“, kommentiert sie den Vorgang.

„Auch in Leipzig ist immer mehr zu spüren, wie sehr die prekäre Haushaltssituation wichtige Innovationen ausbremst. Anstatt mit der Mobilitätswende und dem Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs voranzuschreiten, müssen wir als Stadt immer mehr Rückschläge hinnehmen. Die Absage der EMW steht dabei nur symbolisch für viele weitere Missstände.“

Für die S10 fehlt das Geld

Erst vor kurzem wurde bekannt, dass die S-Bahn-Linie 10 nach Leipzig-Grünau eingestampft wird. Aus Sicht der Linksfraktion eine deutliche Einbuße. Auch danach hatte die Linksfraktion zur letzten Ratsversammlung extra angefragt.

Doch bei der S10 stehen die Dinge ein wenig anders, wie das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) ausführte. Denn die S10 hat sich schlichtweg nicht gerechnet. Das MTA dazu: „Die Stadt hat sich immer für den Erhalt der S 10 ausgesprochen. Aufgrund der erheblich gestiegenen Kosten je Zugkilometer und den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln konnte die Bestellung der Verkehrsleistungen durch den ZVNL jedoch nicht im bisherigen Umfang erfolgen.

Die Verbandsversammlung des ZVNL hat die Fahrplanbestellung ab Dezember 2025 bis Dezember 2026 für das gesamte Verbandsgebiet entsprechend anpassen müssen. Bei der Entscheidung wurden mehrere Faktoren zu Grunde gelegt, unter anderem die mögliche Nutzung alternativer Verkehrsanbindungen.

Für die Fortführung der S10 zwischen Leipzig Hbf (oben) und Leipzig, Miltitzer Allee ist ein hoher einstelliger Millionenbetrag pro Jahr notwendig, der jährlich entsprechend den Preisindizes zu dynamisieren ist. Eine Nahverkehrsanbindung des Stadtteils Grünau ist demgegenüber weiterhin durch die S1 im Halbstundentakt und die Straßenbahnlinien 1, 2, 8 und 15 sowie durch vier Buslinien gewährleistet.“

Radverkehr mit sinkender Förderung

„Auch bei der Umsetzung von Tempo 30 und dem Radverkehrsentwicklungsplan hapert es maßgeblich. Statt jährlich 30 Euro pro Einwohner/-in für den Radverkehr zu investieren, wie vom Bundesverkehrsministerium empfohlen, bringt es Leipzig gerade einmal auf die Hälfte der Summe“, stellt Riekewald fest.

„Es braucht eine dringende Kehrtwende und entsprechende Unterstützung von Land und Bund! Statt zu kürzen, müssen wir investieren – ins Schienennetz, in Bahnen und Busse mit hoher Taktzahl und den Ausbau des Rad- und Fußverkehrs.“

Aber diese Unterstützung gibt es in dieser Form nicht. Im Gegenteil. Leipzig wird mit Investitionen in den umweltfreundlichen Verkehr zunehmend allein gelassen und muss auch das Geld für die Verbesserung des Radverkehrs zunehmend aus dem eigenen Haushalt aufbringen, der aber unter Genehmigungsvorbehalt durch die Landesdirektion steht, die Leipzig immer wieder Sparauflagen erteilt, die auch genau diese Bereiche umfassen.

Wie viel Geld tatsächlich für den Radverkehr aufbringen kann, hat die Linksfraktion um Zusammenhang mit dem Radverkehrsentwicklungsplans 2030+ abgefragt. „Die geplanten Investitionen in den Radverkehr liegen inkl. Fördermitteln pro Jahr und Einwohner bei 15,16 Euro. Dies entspricht 51 % des lt. Nationalen Radverkehrsplan (NRVP) anzustrebenden Wert von 30 Euro pro Einwohner und Jahr“, hatte das MTA mitgeteilt.

„Aktuell wird daran gearbeitet, den Rahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2030 für den Doppelhaushalt 2027/2028 fortzuschreiben. Darin wird angestrebt, mehr Maßnahmen mit Radverkehrsbezug zu priorisieren, um dem Wert von 30 €/Ew/a näherzukommen.“

Nur: Auch damit wird die Stadt zunehmend allein gelassen, weil der Freistaat seine Förderprogramme massiv zusammengestrichen hat. Das Ergebnis für Leipzig, so das MTA: „Neben den begrenzten personellen Ressourcen, die für den Ausbau aller Verkehrsarten eingesetzt werden müssen, ist dabei auch der Blick auf die sich verschlechternde Fördermittelsituation zu richten.

Für die im aktuellen DHH angemeldeten Maßnahmen zur Radverkehrsförderung beträgt die durchschnittliche Förderquote wegen noch ausstehender Fördermittelzusagen von Bund und Land aufgrund von fehlenden Haushaltsbeschlüssen lediglich 26,4 %. Bei Bewilligung der beantragten Fördermittel läge die Förderquote bereits bei 43,9 %. Bei Ausbleiben der Fördermittel müssten von Seiten der Stadt bereits 2025/26 insgesamt 3,35 Mio. mehr Eigenmittel eingesetzt werden.“

Da müsste die Stadt Geld zusammenkratzen, das sie gar nicht hat. Oder auch gar nicht ausgeben darf, weil es nicht im (hoffentlich genehmigten) Doppelhaushalt 2025/2026 verankert ist.

Aber alle drei Fragenpakete zeigen letztlich deutlich, wohin die aktuelle neoliberale Finanzpolitik in Bund und Land die Kommunen treibt. Letztlich in die Unmöglichkeit, auch die überfällige Verkehrswende endlich systematisch anzugehen.