In ihrer Sitzung am morgigen Mittwoch stimmt die Hamburgische Bürgerschaft über eine weitreichende Reform ab: Die Schuldenbremse soll angepasst werden – mit neuen Regeln, neuen Spielräumen und klaren politischen Fronten.
Die Schuldenbremse galt lange als unantastbar. Doch mit der Grundgesetzänderung, die der Bundestag Ende März beschlossen hat, ist Bewegung in die Debatte gekommen. Erstmals dürfen die Bundesländer jährlich bis zu 0,35 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) an strukturellen Krediten aufnehmen – unabhängig von wirtschaftlichen Krisen oder Notlagen. Hamburg will diesen neuen Spielraum nutzen, das Parlament muss dafür aber die Verfassung und die Landeshaushaltsordnung der Hansestadt ändern.
SPD und Grüne haben die entsprechende Änderung bereits im April auf den Weg gebracht. Nach Beratungen in den zuständigen Ausschüssen steht das Gesetzespaket nun zur Entscheidung an. Ein gemeinsamer Zusatzantrag von SPD, Grünen und CDU sieht vor, die neuen Kreditmöglichkeiten gezielt für Zukunftsinvestitionen zu nutzen – vorwiegend in Bildung, Wissenschaft und Technologietransfer.
Für die SPD ist die Reform ein logischer Schritt nach Jahren solider Haushaltsführung. Haushaltsexperte Milan Pein sieht darin eine Chance, dringend benötigte Investitionen zu ermöglichen. Wichtig sei dabei, dass laufende Ausgaben – etwa für Verwaltung oder soziale Leistungen – weiterhin aus dem normalen Haushalt bezahlt werden. Neue Schulden sollen ausschließlich für Investitionen genutzt werden, die Hamburg langfristig voranbringen.
Auch die Grünen verbinden mit der Neuregelung große Erwartungen, etwa mit Blick auf den Klimaschutz. Der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion, Dennis Paustian-Döscher, spricht von einem „dringend notwendigen Schritt“ hin zu einer klimagerechten Transformation. Die zusätzlichen Mittel sollen in nachhaltige Technologien, gute Bildung und eine starke Wirtschaft fließen. Dabei müsse aber sichergestellt sein, dass auch kommende Generationen finanziell nicht überfordert werden.
Die CDU wiederum legt besonderen Wert auf klare Regeln. Thilo Kleibauer warnt davor, die neuen Spielräume für kurzfristige Wünsche zu nutzen. Stattdessen solle Hamburg gezielt in Bereiche investieren, die Wachstum und Innovation fördern – etwa in den Ausbau des Wissenschaftsstandorts. Gleichzeitig will die CDU an bewährten Haushaltsprinzipien, wie dem doppischen Haushaltsausgleich festhalten, die für langfristige Stabilität sorgen. Im Gegensatz zur einfachen Buchführung, die nur Einnahmen und Ausgaben erfasst, berücksichtigt die Doppik auch Vermögenswerte und Schulden, sowie Abschreibungen, und stellt so ein umfassenderes Bild der Finanzlage dar.
Die AfD lehnt die geplante Verfassungsänderung entschieden ab. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Krzysztof Walczak sprach am Dienstag von einem „faulen Kompromiss“ und warf der CDU vor, ihre Prinzipien zu verraten. Statt neuer Schulden fordere die AfD Einsparungen auf der Ausgabenseite. Die geplante Reform sei „völlig verantwortungslos gegenüber künftigen Generationen“.
Die Abstimmung für die Reform der Schuldenbremse gilt als sicher. SPD, Grüne und CDU verfügen zusammen über die für eine Verfassungsänderung benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit. Sie haben zusammen 96 der 121 Stimmen.