Endlich: Deutschland bekommt seine Hitzewelle! In dieser Woche wird es in ganz Mitteleuropa ungewöhnlich heiß. Seit Monaten beschwören Medien den großen Ausnahmesommer 2025 – so heiß wie nie zuvor. Tatsächlich könnten die Temperaturen an diesem Mittwoch im Westen auf bis zu 40 Grad steigen.
Die Hitze kommt pünktlich zur Siebenschläferzeit, jener Phase Ende Juni, die traditionell als Wettertrendgeber für den Hochsommer gilt.
Bildet sich nun also eine stabile Hitzeglocke über Mitteleuropa? Steuern wir auf eine Monsterhitze zu, die uns bis in den September hinein schwitzen lässt?
Jan Kixmüller schreibt im Tagesspiegel unter anderem über Klimaforschung, Nachhaltigkeit sowie Umwelt- und Geowissenschaften. Er sagt: Die Erderwärmung ist real – und Klimaschutz unabdingbar.
Mehrere Langfristmodelle – darunter ein neues des Max-Planck-Instituts – sagten bereits im Frühjahr einen ungewöhnlich heißen Sommer voraus. Seitdem wurde in manchen Medien nahezu jeder Hitzetag zur Hitzewelle erklärt. Tatsächlich verzeichnete der Juni vielerorts bislang aber nur eine Handvoll Tage mit über 30 Grad. Meteorologisch beginnt eine echte Hitzewelle hingegen erst nach drei solcher Tage in Folge.
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Nun dürfte es im Westen Deutschlands tatsächlich eine Hitzewelle geben – mit stellenweise deutlich über 30 Grad an drei bis fünf Tagen in Folge. Im Norden hingegen wird es eher knapp: Zwischen Hamburg und Berlin sind meist nur zwei heiße Tage am Stück zu erwarten. Mancherorts schrumpft die viel beschworene Hitzewelle auf einen einzigen heißen Tag.
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Mit den Extremjahren 2003, 2015 oder 2018 ist das nicht vergleichbar. Damals reihte sich ein Hitzetag an den nächsten – im Schnitt etwa 20, im vergangenen Jahr waren es immerhin 12,5. Und das ist immer noch rund dreimal so viel wie im langjährigen Mittel von 1961 bis 1990. Der Klimawandel hinterlässt längst messbare Spuren.
Nein, der Klimawandel macht keine Pause – auch wenn es mal keinen Hitzesommer geben sollte.
Tagesspiegel-Redakteur Jan Kixmüller
Dementsprechend rechnen wir längst damit, dass jeder Sommer extremer wird als der vorherige. Ein Kulturkampf tobt zwischen zwei Lagern: Die einen sehen in jedem Hitzetag den Klimawandel bestätigt, die anderen winken ab – Sommer seien eben heiß. Doch beide Sichtweisen greifen zu kurz.
Die Wahrheit liegt dazwischen. Ja, im Sommer darf es heiß sein. Aber wer das als Entwarnung deutet, verkennt die Realität: Die Durchschnittstemperatur in Deutschland liegt inzwischen über zwei Grad über dem historischen Wert – ein dramatischer Anstieg.
Die Folgen sind längst spürbar: Für ältere Menschen, Vorerkrankte und Kleinkinder können Hitzetage lebensgefährlich sein. Sie brauchen Schutz – nicht Debatten darüber, ob 36 Grad „normal“ sind.
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Der Sommer ist noch lang. Theoretisch könnte sich noch ein stationäres Hoch über Deutschland festsetzen und wochenlange Hitze bringen – derzeit sieht es danach aber nicht aus. Wahrscheinlicher ist eine Fortsetzung des Musters der letzten Wochen: Auf Hitze folgt ein Temperatursturz, wie zum Ende dieser Woche erwartet.
Dieses Auf und Ab ist für Deutschland nichts Ungewöhnliches. Zwischen der kühlen Luft Skandinaviens und der Mittelmeerhitze gelegen, herrschen hier bei Atlantiktiefs meist eher wechselhafte Temperaturen. Nur fallen in Zeiten des Klimawandels die Höchstwerte dabei deutlich heftiger aus: Aus 33 Grad werden schnell 38 oder 41, aus gewöhnlichen Gewittern werden Unwetter und Sturzfluten.
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Nein, der Klimawandel macht keine Pause – auch wenn es mal keinen Hitzesommer geben sollte. Die mediale „Hitzewelle“ der vergangenen Wochen jedoch schadet der Debatte um echte Lösungen. Zu häufige Warnungen vor etwas, was doch nicht eintritt, führen auf Dauer zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit.
Die extremen Fluten der vergangenen Jahre mit Milliardenschäden und die Tausenden Hitzetoten der Sommer 2003 und 2018 geraten schnell in Vergessenheit – ebenso wie die 46 Grad in Spanien am Samstag, das überhitzte Mittelmeer mit wachsender Unwettergefahr oder der jüngste Rekordwert von null Grad in fünf Kilometern Höhe über den Alpen, wo sonst minus 18 Grad üblich sind. Eine Entwicklung, die das Gletscherschmelzen beschleunigt.
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Die Erderwärmung ist real – und Klimaschutz bleibt unabdingbar. Denn Hitze ist einer der größten (wenn auch stillen) Killer in der Klimakrise.