Fünf Menschen verlieren am 3. Juni 2022 ihr Leben, als ein Regionalzug bei Burgrain auf der Bahnstrecke zwischen München und Garmisch-Partenkirchen entgleist. Als Hauptursache für den Unfall werden in einem Abschlussbericht der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung die maroden Bahnschwellen und deren mangelhafte Instandsetzung benannt.

Seit der Katastrophe von Burgrain hat die Deutsche Bahn daher eigenen Angaben zufolge die bereits zuvor „hohen Standards“ bei der Inspektion und Kontrolle von Betonschwellen noch einmal erhöht und legt mittlerweile noch „strengere Kriterien zur Klassifizierung schadhafter Betonschwellen“ an. Und genau diese resoluten Vorgaben haben nun dazu geführt, dass der Bahnverkehr zwischen München und Holzkirchen komplett stillsteht.

Bei einer Inspektion der Gleise rund um den Oberhachinger Ortsteil Deisenhofen und die Gemeinde Unterhaching im Münchner Süden haben Kontrolleure schadhafte Schwellen an insgesamt sieben Weichen ausgemacht. Angaben der Deutschen Bahn zufolge finden derartige Untersuchungen alle drei bis sechs Monate statt. Die Lehren aus dem Unglück von Burgrain seien für die Bahn sehr eindeutig, stellt eine Sprecherin des Konzerns klar: „Sicherheit hat bei der Bahn immer oberste Priorität. Deswegen sperrt die DB die Strecke für den Bahnverkehr.“

Die Auswirkungen für Pendlerinnen und Pendler sowie Ausflügler, die ins Oberland oder nach München wollen, sind enorm. Die Regionalbahnen aus Lenggries, Tegernsee, Bayrischzell und Rosenheim halten vorzeitig in Holzkirchen. Zwischen Holzkirchen und dem Bahnhof Giesing fällt die S3 aus, es besteht Schienenersatzverkehr mit Bussen und Großraumtaxis.

Miesbachs Landrat Olaf von Löwis spricht davon, dass die Sperrung der Bahnstrecke insbesondere für Schülerinnen und Schüler enorme Folgen habe – aber auch die touristischen Betriebe im Oberland würden unter den Einschränkungen beim Bahnverkehr leiden. Zudem kritisiert der Landrat die Kommunikation der Deutschen Bahn als „suboptimal“, er selbst, teilt er der SZ auf Nachfrage mit, sei über die Sperrung nicht informiert worden.

Der Schienenersatzverkehr zwischen Giesing und Holzkirchen wird noch länger laufen.Der Schienenersatzverkehr zwischen Giesing und Holzkirchen wird noch länger laufen. (Foto: Sebastian Gabriel)

Wie lange diese noch dauern wird, sei derzeit weiterhin nicht abzusehen, heißt es von der Deutschen Bahn. „Aktuell laufen die Planungen zur Instandsetzung der Weichen samt Schwellen“, sagt eine Konzernsprecherin. „Die Arbeiten dafür sind sehr aufwendig.“

Vor besondere Herausforderungen stellt die Deutsche Bahn dabei, dass Weichen keine Massenware von der Stange sind. Vielmehr sei jede einzelne Weiche im deutschen Eisenbahnnetz ein Einzelstück und müsse daher individuell im Weichenwerk der DB maßgefertigt werden, erläutert die Bahnsprecherin. Die einzige Produktionsstätte der Bahn für Weichen befindet sich im nordrhein-westfälischen Witten, heißt offiziell „DB Werk Oberbaustoffe Witten“ und ist Teil der Bahntochter DB Infrago, die für die Infrastruktur der Deutschen Bahn verantwortlich ist. Angaben der DB zufolge werden im Weichenwerk in Witten jährlich um die 1300 neue Weichen für das insgesamt etwa 33 000 Kilometer lange deutsche Schienennetz hergestellt.

Aufgrund der Komplexität der Herstellung der neuen Weichen für die Bahnstrecke München-Holzkirchen geht die Bahn davon aus, dass die Einschränkungen „über einen längeren Zeitraum bestehen werden“. Es würden aber parallel zu den Erneuerungen der Weichen verschiedene Möglichkeiten geprüft, inwieweit zumindest auf Teilstücken des Abschnitts wieder Zügen rollen könnten. Die komplette Sperrung werde laut DB aber voraussichtlich noch die gesamte Woche bestehen bleiben.

Verständnis dafür äußert Miesbachs Landrat. Klar sei, dass die Sicherheit der Fahrgäste „oberste Priorität“ habe, so von Löwis. „Gleichzeitig zeigt der Vorfall, wie zentral eine leistungsfähige und gut instandgehaltene Bahnverbindung für das Oberland ist“, betont der CSU-Politiker.