Dresden wird wahrscheinlich in einigen Monaten darüber abstimmen, ob der ÖPNV auf dem bisherigen Niveau erhalten bleiben soll. Bei dem dafür notwendigen Bürgerbegehren wurden nach Angaben der Initiatoren fast doppelt so viele Unterschriften gesammelt wie nötig. Zuletzt wurde in Dresden über drastische Kürzungen und Einsparungen diskutiert.

Die drei Linken-Politiker André Schollbach, Jens Matthis und Tilo Kießling hatten im März ein Bürgerbegehren gestartet. Ziel war es, mindestens 21.500 Unterschriften zu sammeln. Das entspricht fünf Prozent der Bürger*innen der Landeshauptstadt – eine Vorgabe der sächsischen Gemeindeordnung für ein erfolgreiches Bürgerbegehren. Minderjährige sind ausgeschlossen.

Aus Sicht der Stadtverwaltung handelte es sich dabei um ein Bürgerbegehren, das sich gegen einen Beschluss des Stadtrates richtet. Dieser hatte im März ein Sparkonzept beschlossen, woraufhin im Juni auf einigen Linien das Angebot gekürzt wurde. Zudem soll der Sommerfahrplan auch für andere Schulferien gelten. Die zu Jahresbeginn diskutierten Einsparungen in noch deutlich größerem Umfang wurden nicht umgesetzt.

Für die Linken-Politiker ist zweifelhaft, ob sich das Bürgerbegehren wirklich gegen einen konkreten Stadtratsbeschluss richtet. „Das Angebot des ÖPNV in der Stadt Dresden ist mindestens auf dem im Jahr 2024 bestehenden Niveau aufrechtzuerhalten“, heißt es im Bürgerbegehren. Richtet sich ein solches nicht gegen einen konkreten Stadtratsbeschluss, wäre laut Gemeindeordnung ein Jahr Zeit für die Unterschriftensammlung.

40.000 Unterschriften übergeben

In diesem Fall macht es wohl keinen Unterschied: Pünktlich zum Ende der von der Verwaltung gesetzten Frist am 30. Juni konnten die Linkspolitiker nach eigenen Angaben mehr als 34.000 Unterschriften übergeben. Bis Mitternacht sei die Zahl der Unterschriften noch auf über 40.000 angewachsen.

Dass die Initiatoren am Ende so viele Unterschriften übergeben können, war vor wenigen Tagen noch nicht absehbar. Am vergangenen Freitag – also drei Tage vor der Deadline – hatten die Linken mitgeteilt, dass 21.000 Unterschriften vorliegen. Allein in den letzten vier Tagen wurden also ungefähr so viele Unterschriften gesammelt wie in den fast drei Monaten davor zusammen.

Grüne sammelten auch Unterschriften

Die Sammelaktion habe in den letzten Tagen „extrem an Fahrt aufgenommen“, teilte Fraktionsgeschäftsführer Thomas Feske auf LZ-Nachfrage mit. So habe man allein am zentralen Postplatz innerhalb einer Woche noch 6.000 Unterschriften sammeln können. Ende Mai hatten die Dresdner Grünen erklärt, sich mit „koordinierten Sammelaktionen“ zu beteiligen. Ziel war es, damit 5.000 Unterschriften zu sammeln.

Tilo Kießling, Jens Matthis, André Schollbach und Dresdens OBM Dirk Hilbert (v.l.n.r.) bei der Übergabe am Montag. Foto: Linksfraktion Dresden

Die Initiatoren Schollbach, Matthis und Kießling zeigten sich in einer gemeinsamen Erklärung erleichtert: „Wir haben mit ganzer Kraft monatelang für den Erfolg dieses Bürgerbegehrens gekämpft, weil ein wirksamer Schutz für den Dresdner Nahverkehr unter den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat nur mit diesem Instrument sicher zu gewährleisten ist.“

Bis Ende des Jahres soll in Dresden der ÖPNV evaluiert werden. Die Linkspolitiker befürchten, dass sich der Stadtrat danach erneut mit Kürzungen befassen könnte.

Stadtrat muss noch entscheiden

Ein erfolgreicher Bürgerentscheid könnte das wohl verhindern. Zunächst muss der Stadtrat aber entscheiden, ob das Bürgerbegehren erfolgreich war. Es ist zu erwarten, dass nicht alle gesammelten Stimmen gültig sind. Dass rund die Hälfte der Unterschriften ungültig ist, scheint aber ausgeschlossen.

Sollte der Stadtrat das Bürgerbegehren für zulässig erklären, muss laut Gemeindeordnung innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid stattfinden. Um erfolgreich zu sein, benötigt dieser die Mehrheit der dann abgegebenen Stimmen. Außerdem muss diese Mehrheit mindestens 25 Prozent der Dresdner Bürger*innen entsprechen – also etwas mehr als 100.000 Personen.

Falls der Bürgerentscheid zwar eine Mehrheit erhält, aber nicht die erforderlichen 25 Prozent schafft, entscheidet der Stadtrat. Laut Gemeindeordnung gibt es zudem eine Möglichkeit, den Bürgerentscheid noch im Vorfeld zu verhindern: Indem der Stadtrat einfach selbst beschließt, was die Initiatoren fordern.