Berlin – Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) will Berlin in eine saubere Stadt verwandeln. Das sei „für die Vorgängerregierungen oft eine Nebensache“ gewesen, kritisierte er und versprach: „Das ändern wir jetzt“. Das klingt gut, sein Wort in Gottes Ohr!

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Im ersten Schritt will der Senat nun herausfinden, wo der Ärger über Schmutz und Verwahrlosung am größten ist und lädt alle Bürger seit dem 24. Juni zu einer Online-Befragung ein, die am 31. Juli enden soll. Dort kann man sich 15 Minuten durch zahlreiche Fragen klicken und die Antworten absenden, die dann anonym verwertet werden sollen.

Zusätzlich werden Bürger angeschrieben, deren Adresse über eine Stichprobe aus dem Einwohnermelderegister gezogen wurde. Auf diese Weise will man möglichst viele Teilnehmer gewinnen.

„Die Umfrage wird uns Hinweise geben, wo wir nachsteuern müssen, um die Sauberkeit in Berlin zu verbessern“, sagt Martina Klement, Staatssekretärin für Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung in der Senatskanzlei, „Wir wollen wissen, wo es in Berlin besonders dreckig ist – und wo wir besser werden müssen. Jede Stimme hilft.“

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Das mag sein, aber es ist doch längst bekannt, wo „Berlin besonders dreckig ist“. Das wissen die Mitarbeiter der BSR und der Ordnungsämter ganz genau. Sie kennen die Schwerpunkte der Verschmutzung. Sie wissen, wo und wann der Müll herumliegt und weggeräumt werden muss. Dazu muss kein einziger Bürger mehr befragt werden.

Das Problem ist offenbar ein ganz anderes: Zu wenige Mitarbeiter werden auf der Straße eingesetzt. Vor meiner Haustür ist ein junger Straßenbaum seinem hölzernen Gerüst entwachsen, das ihn anfangs gehalten hat. Das Gerüst ist auf den Gehweg gestürzt und liegt dort seit Wochen, ohne dass es vom zuständigen Bezirksamt bemerkt worden wäre.

Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf hat uns auf Nachfrage bestätigt, dass die Baumscheiben nicht mehr gepflegt werden, weil es kein Personal gebe. Im Wildwuchs am Fuße der Straßenbäume verfängt sich der Kleinmüll und kann von der BSR nicht mehr entfernt werden.

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Überall am Gehweg und auf dem Mittelstreifen wuchert das Unkraut meterhoch und sorgt für Schmutz und Verwahrlosung. Diese Missstände spielen in der Befragung des Regierenden Bürgermeisters, an der ich teilgenommen habe, keine Rolle, sie sind aber von entscheidender Bedeutung. Denn nur wenn Straßen und Wege in Ordnung gehalten werden, kann man sie reinigen.

Nichts ist bekannter, als dass Berlins Straßen, Plätze, Gehwege und Grünflächen besser und öfter gereinigt werden müssen. Wenn die Senatskanzlei und die Ordnungsämter das nicht selbst erkennen, hilft ihnen auch kein Hinweis aus der Bürgerbefragung.

Der Regierende Bürgermeister möge bitte – anstatt zu fragen – den Besen in die Hand nehmen. Alles andere wirkt wie ein Aufschub, frei nach dem Motto: „Wenn ich mal nicht weiterweiß, gründe ich einen Arbeitskreis.“

Hat Gunnar Schupelius recht? Schreiben Sie an: gunnar.schupelius@axelspringer.de