Florian Neuhaus stand in der vergangenen Saison gerade einmal 368 Minuten für Borussia Mönchengladbach auf dem Platz in der Bundesliga. In einem Zehn-Sekunden-Video, zuerst hochgeladen auf der Social-Medial-Plattform X am Sonntagabend von einem Gladbach-Fan, hat der Mittelfeldspieler in Summe mehr Aufsehen erregt.

Mehr als eine Million Mal war der Schnipsel aufgerufen worden, als der X-User ihn löschte. Es gibt viele hohle Phrasen, dass das Internet nicht vergisst, zählt nicht dazu. „Er ist der schlechteste Manager der Welt“, dieser Satz ist nach wie vor allgegenwärtig wie die Fortsetzung: „Don Rollo gibt Florian Neuhaus eins, zwei, drei, vier Millionen.“

Was auf diversen Wegen inzwischen humoristisch verarbeitet wurde – mitunter sehr gelungen –, ist weder für Neuhaus noch für Borussia eine lustige Angelegenheit. Unsere Redaktion kann bestätigen, dass das Video, aufgenommen an der Playa de Palma auf Mallorca, echt ist, kein Produkt einer Künstlichen Intelligenz. Und sein Auftritt wird Konsequenzen haben für Neuhaus, die am Dienstagabend allerdings noch nicht spruchreif waren.

Die Causa ist nicht nur unter Fans, sondern auch am Borussia-Park seit Montagmorgen das beherrschende Thema. Die Bandbreite der denkbaren Sanktionen ist groß, arbeitsrechtlich ist die Angelegenheit durchaus heikel, zumindest im Fußballkontext gibt es wenige vergleichbare Fälle. Ein Profi spricht im Sommerurlaub alkoholisiert, dazu braucht es wohl kein toxikologisches Gutachten, abfällig über seinen Chef, in dem Fall Borussias Sportgeschäftsführer Roland Virkus.

Borussia Mönchengladbach: Neuhaus und die Signalwirkung

Die finale Entscheidung der Gladbacher muss auch sitzen, weil sie eine Signalwirkung haben wird: Sie wird in Relation zu setzen sein zu früheren Skandalen und sie darf nicht weiteren Schaden anrichten. Die Abwägungen sind komplex, das gilt selbst für Sanktionen, die zwischen einer einfachen Geldstrafe und einer fristlosen Kündigung anzusiedeln wären.

Eine halbwegs einvernehmliche Trennung würde Borussia dennoch eine Abfindung kosten. Mit zwei Millionen Euro Gehalt musste der Klub von jetzt bis zum Jahresende noch kalkulieren für Neuhaus, alles darüber hinaus würde andere Budgets tangieren. Bis 2027 ist der 28-Jährige noch gebunden, 2023 unterschrieb er den Vertrag, dessen wesentlichen Inhalt Neuhaus nun nachts auf Mallorca ausplauderte.

Die Verlängerung war damals ein Zeichen, nachdem Borussia in Marcus Thuram und Ramy Bensebaini zwei Topspieler ablösefrei verloren hatte, die in Summe für mindestens 60 Millionen Euro hätten verkauft werden können im passenden Moment. Neuhaus hatte, als die Unterschrift im Trainingslager am Tegernsee erfolgte, noch einen Marktwert von zwölf Millionen – einst waren es 38, aktuell sind 3,5 übrig.

Neuhaus: Nur Plea verdient in Gladbach mehr

Trainer Gerardo Seoane ernannte Neuhaus, darüber hinaus ausgestattet mit der prestigeträchtigen Nummer zehn, zum Vize-Kapitän. Das Amt ist er genau wie den Posten im Mannschaftsrat längst los. Starten durfte Neuhaus dieses Jahr in der Bundesliga nur noch in den beiden Spielen, in denen sowohl Rocco Reitz als auch Philipp Sander ausfiel.

Dass er im Grunde keine Zukunft hat bei Borussia, war bereits eine haltbare These, bevor das Video aus dem Mallorca-Urlaub auftauchte. Dass Neuhaus das zweithöchste Gehalt in Gladbach kassieren soll nach Alassane Plea, ist jedoch ein Grund, warum sich bislang keine ernsthaften Optionen aufgetan haben, die Karriere woanders in Schwung zu bringen. Zahlreiche Gespräche sind seit Montag geführt worden. Was Neuhaus kurzfristige Zukunft angeht, soll nach Informationen unserer Redaktion zeitnah eine Entscheidung fallen und verkündet werden.