Es ist 8.00 Uhr morgens. Bringzeit in der Kita Höntroper Straße in Bochum. Auch Alexandra Zöbisch hat gerade ihre fünfjährige Tochter abgegeben, allerdings mit einem mulmigen Gefühl. Denn direkt an die Kindertagesstätte grenzt eine Sammelunterkunft für Wohnungslose, die zum Teil sucht- oder psychisch krank sind und Geflüchtete. Die beiden Einrichtungen sind lediglich durch einen einfachen Zaun voneinander getrennt.

Frau überwindet Zaun

Plötzlich beobachtet die Mutter, wie eine Frau vom Gelände der Sammelunterkunft über den Zaun klettert und auf das Kitagelände rennt. Alexandra Zöbisch wird schlecht. Sie fühlt sich hilflos, weil sie selbst nicht rein kann – zu ihrem Kind. Was will die fremde Frau dort? Ist sie eine Gefahr?

Diese Gedanken schießen der 41-jährigen Bochumerin durch den Kopf. Hektisch wählt sie die Nummer der Kita und warnt die Erzieher. Andere Eltern kommen hinzu. Nicola Heiland ist Vater und wütend. „Das war leider nicht das erste Mal. Das ist schon öfter vorgekommen. Und wir sind verzweifelt.“ Stadt, Bürgermeister, Polizei – sie haben schon überall um Hilfe gebeten, scheinbar erfolglos.

Bochumer Polizei im Einsatz

Bis 2019 war die Einrichtung neben der Kita eine reine Flüchtlingsunterkunft. Seitdem hat die Stadt Bochum die Unterkunft auch für wohnungslose Menschen geöffnet, bei vielen spielen Suchtprobleme eine Rolle. Anfang des Jahres hat European Home Care den Betrieb der Unterkunft von der AWO übernommen.

In der Unterkunft komme es immer wieder zu Polizeieinsätzen, berichten die Eltern. Die Polizei bestätigt die Einsätze. In den vergangenen Wochen habe sich die Lage deutlich zugespitzt, erzählt eine Mutter. Es sei zu massiven verbalen Übergriffen auf das Kita-Personal durch Bewohnerinnen und Bewohner der Unterkunft gekommen. 

Stadt Bochum spricht von „Einzelfall“

Die Stadt Bochum lehnt ein Interview ab. In einer schriftlichen Stellungnahme bedauert sie die Situation: „Es handelt sich um einen Einzelfall. Die Person ist aus der Unterkunft verlegt worden, sie darf das Gelände nicht mehr betreten. Der an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden rund um die Uhr eingesetzte Sicherheitsdienst ist angewiesen worden, die Grundstücksgrenzen verstärkt im Auge zu behalten.“

Unklar ist, wo der Sicherheitsdienst in dem Moment ist, als die Frau über den Zaun klettert. Die Erzieherinnen greifen eine offensichtlich berauschte fremde Frau auf dem Spielgelände der Kita auf und führen sie raus. Sie wehrt sich nicht.

Bochumer Ordnungsamt greift ein

Aber warum wollte sie zu den Kindern? Ihre Antwort klingt wirr. Sie habe eine Tür gesucht, die sie noch nie gefunden habe, aber jetzt sei die Tür da gewesen. Passiert ist zum Glück nichts. Dann rückt das Ordnungsamt an und patrouilliert am Kita-Zaun.

Die AWO als Träger der Einrichtung wünscht sich mehr Sicherheitsvorkehrungen. Den Eltern reicht das nicht. Sie wünschen sich, dass die Stadt für die Bewohnerinnen und Bewohner der Sammelunterkunft eine andere Bleibe sucht. Möglichst nicht direkt neben einer Kita.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporterin vor Ort
  • Sprecher der Stadt Bochum
  • Eltern der Kita Höntruper Straße
  • Polizei Bochum
  • AWO

Korrektur-Hinweis der Redaktion: In einer ersten Version des Artikels stand, dass die Einrichtung neben der Kita erst seit Anfang des Jahres für obdachlose Menschen mit Suchtproblemen und psychisch Erkrankte geöffnet ist. Wir haben die Fehler korrigiert und bitten um Entschuldigung.

Über dieses Thema berichtet der WDR am 02.07.2025 auch im Fernsehen in der Lokalzeit Ruhr.