Bahnkunden müssen sich nach Einschätzung der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) noch in diesem Jahr auf eine deutliche Preiserhöhung einstellen. Der EVG-Vorsitzende Martin Burkert sagte der „Bild“-Zeitung von Mittwoch, dass Bahnkunden „schon in diesem Jahr historische Preissteigerungen von deutlich mehr als zehn Prozent“ drohten.
Auslöser für den Preisanstieg sind demnach höhere Trassenpreise, die sogenannte Schienenmaut. Demnach erhöht die Infrastruktursparte der Deutschen Bahn, DB InfraGO, die Gebühren im Fernverkehr um 18 Prozent und im Güterverkehr um 16 Prozent. Die höheren Kosten könnten nur über höhere Fahrkartenpreise ausgeglichen werden, hieß es dem Bericht zufolge.
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Dazu würden die Fernverkehrsverbindungen auf den meistbefahrenen ICE-Strecken, darunter auch die schnellen Sprinter, „um satte 25 Prozent ausgedünnt werden“. Burkert forderte den Bundestag auf, „den Preishammer“ zu stoppen.
Bei den Haushaltsberatungen müssten die Abgeordneten die Schienenmaut „durch gezielte Förderung abmildern“. Die Bahn wollte sich auf Anfrage der Zeitung zunächst nicht äußern.
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Bei der Schienenmaut handelt es sich um eine Gebühr für die Nutzung des Schienennetzes, die alle Verkehrsunternehmen zahlen müssen. Diese sogenannten Trassenpreise werden von der Infrastruktursparte der Bahn, also von der InfraGo, erhoben.
Starker Anstieg hat einen Grund
Der starke Anstieg der Schienenmaut hängt damit zusammen, dass der Bund das Eigenkapital der Bahn in den vergangenen Jahren stark erhöht hat. So konnte die Ampelregierung der InfraGO trotz Schuldenbremse mehr Investitionen ins Schienennetz ermöglichen.
Der Haken: Das Eisenbahnregulierungsgesetz sichert dem Bund für sein eingesetztes Kapital eine Verzinsung – vereinfacht gesagt also einen Gewinn – von sechs Prozent zu. Die DB InfraGO ist deshalb gezwungen, ihre Gebühren für die Netznutzung zu erhöhen, um das nötige Geld zu erwirtschaften.
Mit einer Gesetzesnovelle will das Verkehrsministerium nun den Anstieg der Trassenpreise dämpfen. Künftig dürfte der Zinsanspruch des Bundes laut Schätzungen nur noch bei rund zwei Prozent liegen. Zugleich will Schwarz-Rot auch in diesem Jahr das Eigenkapital der Bahn noch einmal um acht Milliarden Euro erhöhen. Deshalb dürfte die Schienenmaut trotz der Reform deutlich ansteigen, wie nun EVG-Chef Burkert warnt.
Die Grünen im Bundestag kritisieren, dass die Regierung die zusätzlichen Milliarden für die Schiene nicht vollständig aus dem Sondervermögen finanziert. „CDU und SPD schauen tatenlos zu, wie das Leben für die Menschen immer teurer wird“, sagte die Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge.
„Die steigenden Trassenpreise belasten die Deutsche Bahn Fernverkehr und andere Verkehrsunternehmen wirtschaftlich stark“, sagte der bahnpolitische Sprecher der Grünen, Matthias Gastel, dem Tagesspiegel. Dies führe unter anderem zu steigenden Ticketpreisen. „Die Bundesregierung nimmt diese Entwicklung billigend in Kauf, in dem sie der DB weitere acht Milliarden Euro ins Eigenkapital zuschießt“, kritisierte Gastel. Er forderte eine grundlegende Reform des Trassenpreissystems.
Gastel fürchtet, dass die steigenden Trassenpreise auch zu weiteren Einschnitten bei DB Fernverkehr wie „stornierten Zugbestellungen und gestrichenen IC-Verbindungen“ führen. In der vergangenen Woche hatte der „Spiegel“ berichtet, dass die Bahn auf den Kauf einiger bestellter Fernzüge verzichtet. Auf einem Bahngipfel in Thüringen verkündete die Bahn zudem, einzelne IC-Verbindungen in Mitteldeutschland zu streichen.
Hintergrund der Entscheidungen ist auch, dass sich DB Fernverkehr mit dem Sanierungsprogramm S3 bemüht, wirtschaftlicher zu werden. Im vergangenen Jahr erwirtschafte die Sparte noch einen operativen Verlust von 96 Millionen Euro.
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In einem Brief an die Mitglieder des Verkehrsausschusses im Bundestag betonte DB-Fernvehrkehr-Chef Michael Peterson, dass die gestiegenen Trassenpreise für sein Unternehmen eine große Belastung bedeuten. Peterson betont in dem Schreiben, dass die Bahn ein flächendeckendes Netz im Fernverkehr aufrechterhalten will.
Voraussetzung dafür sei, „dass es für die Trassenpreise 2025 und 2026 einen vollständigen Ausgleich gibt und ab 2027 ein Trassenpreisreset erfolgt“, heißt es in dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt. (mit AFP)