Wenn der Sommer aufdreht wie jetzt, wollen die Menschen abtauchen ins kühle Nass. Stuttgart liegt nicht am Meer und ist nicht mit Badeseen gesegnet. Einzigartige Mineralquellen aber gibt es bei uns – und einen Neckar, in den man früher springen konnte. Früher konnte man auch noch im Max-Eyth-See schwimmen. Nicht erst seit dem großen Fischsterben kommt niemand mehr auf die Idee.

Im Jahr 1935, als der Max-Eyth-See direkt am Neckar als Stausee angelegt worden ist, idyllisch am Fuße von Weinbergen zwischen Mühlhausen und Hofen platziert, hat man ein Strandbad mit Ausflugslokal, abgetrennten Badebereichen, Umkleidekabinen und Sprungtürmen dazu gebaut. Seit 1978 ist das Baden in dem nach dem 1906 verstorbenen Ingenieur und Schriftsteller Max Eyth benannten Seestreng verboten. Wer anderen Badeseen in Stuttgart sucht, tut sich schwer: Auch mit einem Sprung in die Bärenseen ist nix drin.

Baden im Neckar unweit vom Gaskessel: Das Foto ist um 1928 entstanden. : Foto: Archiv

Noch in den 1950ern ist im Neckar gebadet worden. Der Kanal des Wasserkraftwerks Untertürkheim etwa diente als Schwimmbecken. Heute braucht man ein stabiles Immunsystem, um den Fluss ohne Darmleiden zu verlassen. Als der Schwimmverein von Bad Cannstatt 1898 gegründet worden ist, gingen die Mitglieder zum Trainieren in kein Bad – damals war es normal, in den Neckar zu springen. Geografisch mag es richtig sein, dass Stuttgart am Neckar liegt. Vom Gefühl aber hat sich der Fluss weit von der Stadt entfernt. In den 1920er Jahren führte ein Steg in den Neckar. Auf dem Foto aus dieser Zeit sieht man, wie dünn alle Kinder am Ufer sind – Hamburger und Pommes standen nicht auf ihrem Speiseplan.

Das Rohrer Waldfreibad in den 1930ern im Schmellbachtal Foto: Archiv Erinnerungen an das Rohrer Naturfreibad

Ein Kinderparadies befand sich bis in die 1960er Jahre im Schmellbachtal auf den Fildern, mitten im Wald. Im Rohrer Naturfreibad „war es wunderschön“, schreibt eine Musbergerin. Zwei Schwimmbecken habe es mitten im Wald gegeben. Eines davon nannte man das „Bremsen-Becken“, wegen der stechenden Insekten. Im Schmellbachtal ist 1926/27 das Rohrer Naturfreibad von den Naturfreunden gebaut worden. Das Quellwasser speiste sich vor allem aus den Drei Brunnen, war 18 Grad kalt und lockte bis in die 60er an den Wochenenden etwa 3000 Badegäste an. Heute lockt das „Schmelli“ mit Gastro und Kletteranlage.

Auf dem Foto vom „Luftbad“, wie man den Vorgänger des Killesberg-Höhenfreibads nannte, schauen alle Gäste in die Kamera, keiner schwimmt. Es ist Ende der 1920er Jahre entstanden. Foto: Sammlung Isole Arleiden

Von Isolde Arleiden haben wir eine Aufnahme aus den 1920er Jahren bekommen. Darauf ist das Feuerbacher Freibad zu sehen, aus dem im Jahr 1939 das Höhenfreibad Killesberg wurde. Keiner schwimmt auf diesem Bild, alle schauen in die Kamera. Frau Arleiden schreibt dazu: „Ich habe in diesem Bädle schwimmen gelernt. Schillerhöhe hat damals niemand gesagt. Es war für uns Feuerbächer einfach das Luftbad. Da war ein hoher Bretterzaun,und die Jungen haben durch die Astlöcher nach den Frauen geschaut. Es waren die Kleinigkeiten, an denen wir Spaß hatten, ob es nun ein kleines Bädle war oder ein paar Astlöcher.“

Nachts zum Nacktbaden über den Zaun des Freibads Rosental geklettert

Schon immer konnte man in einem Freibad nicht nur schwimmen, sondern auch staunen. In den 1990ern waren Bikinis mit möglichst hohem Beinausschnitt beliebt – „Baywatch“ sei Dank. Frauen wollten möglichst lange Beine zeigen, weshalb ihre Bikinihöschen die spezielle Form bekamen. Dies verstand man damals unter sexy.

Noch weniger trugen Besucherinnen und Besucher, die nachts über den Zaun des Vaihinger Freibads Rosental kletterten zum Nacktbaden und sich damit einen besonderen Kick holten. Einst hatten Badefans ein besonderes Ziel: Im obersten Stockwerk betrieb das Kaufhaus Breuninger von 1972 bis 1988 ein Mineralbad, dem viele Stuttgarterinnen und Stuttgarter trotz der gehobenen Preise noch immer nachtrauern. Man konnte nach dem Schwimmen im 25-Meter-Becken auf der Dachterrasse auf Liegestühlen oder gar in einem Strandkorb relaxen – mit Blick auf den Tagblatt-Turm.

Stuttgarts erster „Sky-Beach“ auf der Terrasse des Mineralbads Breuninger. Foto: Uli Kraufmann

Mama probierte ungestört Hunderte von Schuhen an, während Papa mit den Kindern im selben Gebäude für das Schwimmabzeichen Seepferdchen trainierte. Durch Zufall waren Arbeiter beim Ausheben der Baugrube für den Breuninger-Markt am Marktplatz 1971 auf eine Quelle gestoßen. Da es sich um eine mineralhaltige Schüttung handelte, überlegte der Firmenchef Heinz Breuninger nicht lange und ließ das Mineralbecken mit Sauna und Freibereich bauen. Hier befand sich Stuttgarts erster Skybeach, dem vielen noch nachtrauern.

Diskutieren Sie mit unter: www.facebook.com/Album.Stuttgart