Leipzig hat wieder einen Mietspiegel, sogar einen qualifizierten Mietspiegel plus, gültig seit dem 1. Juli. Beschlossen hat ihn die Ratsversammlung am 25. Juni. Und damit auch eine kurze Zeit der Unsicherheit beendet, in der die Stadt keinen gültigen Mietspiegel hatte – sehr zur Freude diverser Vermieter, die ungern Rücksicht auf das Mietniveau in der Stadt und in ihrem Stadtteil nehmen, wenn sie Mieterhöhungen verschicken. Wobei der Mietspiegel leider nicht das Allheilmittel für einen angespannten Wohnungsmarkt ist. Aber er schafft ein bisschen mehr Rechtssicherheit.

Darauf wies auch Sozialbürgermeisterin Dr. Martina Münch hin, in deren Dezernat der Mietspiegel mit großem Aufwand und nach wissenschaftlichen Standards erhoben wurde. 12.000 Leipziger Haushalte wurden erfasst, sodass der nun vorgelegte Mietspiegel eine breite Zahlenbasis hat, die auch Gerichte nicht ignorieren können. Vermietern, die den Mietspiegel nicht anerkennen, dürfte es vor Gericht schwerfallen, ihre Mietforderungen durchzusetzen.

Auch wenn der Mietspiegel trotzdem seine Schwachpunkte hat, worauf in der Ratsversammlung am 25. Juni insbesondere Dr. Elisa Gerbsch, Sprecherin für Wohnen der Fraktion Die Linke im Stadtrat, einging: „Immer wieder wurde in der Vergangenheit die Gültigkeit bzw. Qualifizierung des Mietspiegels vonseiten der Eigentümer/-innen angezweifelt. Das machte einmal mehr deutlich, dass Mieterinnen und Mieter ohne qualifizierten Mietspiegel den Kräften des sogenannten freien Marktes ausgesetzt sind.

Unsachgemäße Mieterhöhungen können dann nur mittels drei Vergleichsmieten sowie teuren juristischen Auseinandersetzungen abgewendet werden. Umso wichtiger, dass wir mit dem aktuellen Beschluss wieder für Rechtssicherheit auf Seiten der Mieter/-innen gesorgt haben!

Frau Elisa Gerbsch (Die Linke) im Leipziger Stadtrat am 25.06.25. Foto: Jan KaeferElisa Gerbsch (Die Linke) im Leipziger Stadtrat am 25.06.25. Foto: Jan Kaefer

Da sowohl die Plattform der Wohnungsgenossenschaften als auch der Mieterverein Leipzig die statistischen Grundlagen für die ortsübliche Vergleichsmiete anerkannt haben, erhielt der neue Mietspiegel mit dem heutigen Ratsbeschluss sogar die ‚Qualifizierung Plus‘. Das heißt, dass Vermieter/-innen begründen müssen, wenn sie den Mietspiegel nicht anerkennen.

Bisher lag die Bringschuld, die Qualifikation nachzuweisen, bei den Mieter/-innen. Dreist ist aus unserer Sicht das Verhalten von Haus & Grund Leipzig, die als eine von zwei Interessenvertretungen der Eigentümer/-innen in Leipzig die Qualifizierung ohne Begründung abgelehnt haben.“

Gerade die preiswerteren Wohnungen fallen raus

Aber ein Problem bleibt. Und das lässt sich nur auf Bundesebene lösen. Weshalb der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dr. Tobias Peter auch dezidiert darauf hinwies: Erfasst werden nur alle Mieten, die sich in den vergangenen sechs Jahren geändert haben. Alle Mieten, die schon länger stabil sind, fallen aus der Berechnung. Was den Mietspiegel eben doch, so Peter, zu einem „Mieterhöhungsspiegel“ mache.

Herr Tobias Peter (Bündnis 90/Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 25.06.25. Foto: Jan KaeferTobias Peter (Bündnis 90/Die Grünen) im Leipziger Stadtrat am 25.06.25. Foto: Jan Kaefer

Auch Dr. Elisa Gerbsch ging auf das Thema ein: „Die Berechnungen beziehen immer nur die Mietverhältnisse ein, die sich in den letzten sechs Jahren geändert haben. Die meist günstigeren, langen Bestandsmietverträge finden somit keine Berücksichtigung. Auch die sogenannten ‚Fördermieten‘ im sozialen Wohnungsbau werden aus dem Mietspiegel rausgerechnet. Die Mieten in Leipzig kennen deswegen nur eine Richtung: nach oben.

Als Linke sagen wir klar: Wohnen darf nicht zur Gewinnmaximierung dienen! Vielmehr braucht es ein ausgewogenes Mietgesetz, welches Vermieter/-innen nicht erlaubt, schamlos ins Portemonnaie der Mieterinnen zu greifen und trotzdem entstehende Instandhaltung und Neubaukosten berücksichtigt.“

Wohnen ist ein Menschenrecht

Die SPD-Stadträtin Pia Heine benannte dann auch, warum die Miete für so viele Leipzigerinnen und Leipziger ein brennendes Problem ist. Der Mietspiegel dämpft dieses Problem nur, nimmt aber vielen nicht die Angst, dass sie sich Wohnraum in Leipzig bald nicht mehr leisten können.

„Wohnen ist mehr als ein Dach über dem Kopf – Wohnen ist ein Grundrecht, ein Stück Würde, ein Ort der Sicherheit“, sagte Pia Heine. „Doch in einer wachsenden Stadt wie Leipzig wird genau dieses Grundrecht für immer mehr Menschen zur Herausforderung: knapper Wohnraum, steigende Mieten, Verdrängung. Das sind keine abstrakten Begriffe, das sind reale Sorgen, die viele Menschen in dieser Stadt umtreiben.“

Frau Pia Heine (SPD) im Leipziger Stadtrat am 25.06.25. Foto: Jan KaeferPia Heine (SPD) im Leipziger Stadtrat am 25.06.25. Foto: Jan Kaefer

Der Leipziger Mietspiegel, der nun für die Jahre 2025 bis 2027 gilt, wurde sowohl vom Leipziger Mieterverein als auch von den Leipziger Wohnungsgenossenschaften anerkannt. Damit bildet er die Grundlage in Rechtsstreitigkeiten bei Mieterhöhungen und verhindert ungerechtfertigte und überzogene Mietpreissteigerungen.

„Der hier vorliegende qualifizierte Mietspiegel Plus ist gelebte sozialdemokratische Wohnungspolitik: Er ist fair, sicher und sozial. Er ist ein demokratischer Interessenausgleich und ein wichtiger Beitrag für ein lebenswertes Leipzig für alle“, sagt Pia Heine. „Nun wissen wir natürlich: Der Mietspiegel allein wird die Wohnungskrise nicht lösen. Aber er ist ein notwendiges Instrument, um sie überhaupt politisch regulieren zu können. Weitere Schritte müssen und werden folgen.“

Zum Hintergrund gehört auch, dass Leipzig zu den deutschen Großstädten gehört, in denen die Mieten in den letzten zehn Jahren am stärksten gestiegen sind – um 68 Prozent, wie Pia Heine anmerkte. Auch das ein Zeichen dafür, dass die „Ware Wohnung“ in Leipzig knapp geworden ist und manche Vermieter jede Möglichkeit ausschöpfen, die Mieten in ihren Gebäuden zu erhöhen. Der Markt regelt nämlich vor allem, dass eine Ware sich verteuert, wenn sie knapp ist.

Diesmal freilich sprach kein Stadtrat für die mittlerweile sehr umstrittene Position einiger Leipziger Vermieter. Und so überraschte es sogar ein wenig, dass der Mietspiegel – bis auf eine einzige Enthaltung – die volle Zustimmung der Ratsversammlung bekam und am 1. Juli in Kraft treten konnte.