Brüssel – Jetzt macht auch die Wirtschaft Druck auf die EU-Chefin! Angeführt von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) rückten am Mittwoch zwölf Chefs von deutschen Top-Konzernen bei Ursula von der Leyen (CDU) an. Die Bosse machen dort ihrem Ärger Luft, fordern einen kompletten „Richtungswechsel“ in der Wirtschaftspolitik der EU.
Bei 33 Grad brannte in der EU-Hauptstadt Brüssel nicht nur die Luft. Die CEOs von Lufthansa, E.on, Henkel, Evonik, Uniper, Thyssenkrupp, DHL, Rheinmetall, Hochtief, Rewe und Covestro trafen sich zum direkten Gespräch mit von der Leyen. Ein ungewöhnlicher Vorgang, denn normalerweise trifft sich die Kommissionspräsidentin nicht mit Wirtschaftsvertretern, und schon gar nicht aus nur einem Land – auch, um nicht parteiisch zu wirken.
Was den Bossen besonders auf den Nägeln brannte: der schwelende Zollstreit mit den USA, ausufernde Bürokratie – und übertriebener Klimaschutz.
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▶︎ Lufthansa-Boss Carsten Spohr (58) wettert vor allem gegen den Emssionshandel, zu dem sein Unternehmen gezwungen werde. Er habe von der Leyen vorgerechnet, wie die EU-Bestimmung etwa seine Asien-Flüge gegenüber der Konkurrenz teurer macht. Wenn die Lufthansa in Frankfurt auch nur zwischenlande, ergebe das 200 Euro Extrakosten pro Flug, erklärt Spohr auf Nachfrage von BILD: „Bei einer vierköpfigen Familie ergeben sich Extrakosten von 800 Euro.“
Nicht immer der „Musterschüler“ sein
Andere Airlines, die in Istanbul oder Doha zwischenlanden, müssten nicht zahlen und könnten ihre Tickets natürlich viel billiger anbieten. Und: Umweltziele würden nicht weiterhelfen, wenn die Wirtschaftlichkeit gefährdet werde, so der Lufthansa-Boss. Man könne im Welthandel nicht immer nur der „Musterschüler“ sein.
Ernste Mienen: Lufthansa-Chef Carsten Spohr im Gespräch mit Hendrik Wüst
Foto: hendrik.wuest/instagram
NRW-Unternehmerpräsident und Auto-Zulieferer Arndt Kirchhoff (70) sagt, man habe eine „Richtungsänderung“ verlangt. Es müsse Schluss sein mit dem „Klein-Klein“: „Der Markt muss die Dinge regeln und nicht die Vorschriften.“ Auch DHL-Chef Tobias Meyer (50) beklagt die „Überregulierung“ durch die EU. Der bürokratische Aufwand für sein Unternehmen werde immer höher. Rewe-Boss Lionel Souque (53) beklagt die Bürokratie im Handel: „Das sorgt für Kosten, die unsere Innovationskraft einschränken“.
Anmarsch zum Boss-Gipfel: Die Chef-Delegation von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (49, Mitte) auf dem Weg zu Ursula von der Leyen
Foto: IMAGO/Frank Ossenbrink
Laut NRW-Chef Wüst habe von der Leyen „sehr detailliert zugehört, welche Dinge für die Branchen wichtig sind“. Das Treffen sei ein „starkes Signal, aber jetzt muss es in die Umsetzung gehen“.
Ob direkte Maßnahmen folgen – unklar. Von der Leyen selbst hielt sich zurück, schrieb auf „X“ lediglich von einem „guten Austausch“. Solche Dialoge würden helfen, „Chancen und Hürden für die Unternehmen besser zu verstehen und unsere Wirtschaft zielgenauer zu unterstützen“…