Deutschland erzeugt immer mehr Solarstrom. Der ist nicht nur grün, sauber und mit Steuergeld subventioniert – sondern für unser benachbartes Ausland auch immer häufiger komplett kostenlos zu haben.

▶︎ Der Grund: negative Strompreise, die durch eine Überproduktion im Frühling und Sommer sowie eine geringere Nachfrage um die Oster- und Pfingstfeiertage entstehen.

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▶︎ Die Folge: Der Strom muss ins benachbarte Ausland verschenkt werden!

Im vergangenen Jahr lag der Anteil an Stunden, in denen Solarstrom eingespeist wurde und der Preis dafür im Minus lag, im Schnitt bei 18 Prozent. Im sonnigen Mai waren es sogar 31 Prozent – damit musste fast ein Drittel des in Deutschland erzeugten Solarstroms ins Ausland verschleudert werden!

Experte findet Stromgeschenke „irre“

Die Häufigkeit von negativen Strompreisen nimmt seit Jahren rasant zu. Gab es im Jahr 2015 lediglich 126 negative Strompreisstunden, waren es 2023 bereits 301. Vergangenes Jahr markierte mit 457 Negativstunden einen erneuten Rekord.

Gemäß dem im Februar in Kraft getretenen „Solarspitzengesetz“ gibt es für neu errichtete PV-Anlagen im Fall von negativen Strompreisen keine direkte Einspeisevergütung mehr; stattdessen werden die Negativ-Zeiten an die EEG-Regellaufzeit von 20 Jahren hinzuaddiert

Gemäß dem im Februar in Kraft getretenen „Solarspitzengesetz“ gibt es für neu errichtete PV-Anlagen bei negativen Strompreisen keine direkte Einspeisevergütung mehr; stattdessen werden die Negativ-Zeiten auf die EEG-Regellaufzeit von 20 Jahren addiert

Foto: Marijan Murat/dpa

Für Lion Hirth, Professor für Energiepolitik an der Berliner Hertie School, liegt der Hauptgrund für die Misere in der mangelhaften Versorgung mit Batteriespeichern. Auch durch einen flexibleren Stromverbrauch ließe sich der überschüssige Strom sinnvoll nutzen. Hirth zu BILD: „Seit Jahren kommen wir bei intelligenten Stromzählern nicht voran“ – damit ließen sich in Phasen der Überproduktion etwa E-Autos kostenlos oder gar mit Gewinn laden.

„Nach über 30 Jahren der Subventionierung sollte eine neue Technologie am Markt ohne staatliche Zuschüsse wirtschaftlich sein“, sagt Energie-Experte Björn Peters zur deutschen Solarstrategie

„Nach über 30 Jahren der Subventionierung sollte eine neue Technologie am Markt ohne staatliche Zuschüsse wirtschaftlich sein“, sagt Energie-Experte Björn Peters zur EEG-Förderung von Solaranlagen

Foto: Peters Coll.

Energiemarkt-Experte Björn Peters sieht vor allem beim Gesetz Nachholbedarf. Peters zu BILD: „Die negativen Strompreise würden sofort verschwinden, wenn sie an die Betreiber von Solaranlagen weitergegeben würden, statt die Vergütung auszusetzen, wie es das Gesetz aktuell vorsieht.“

Laut Peters werde mit dem neuen Solarspitzengesetz die ohnehin ausufernde Bürokratie im Strommarkt nochmals verkompliziert. Er fordert von der Politik stattdessen mutige Schritte – etwa den Ausbau-Stopp für PV-Anlagen und eine komplette Abschaffung des EEG.

Experte fordert Rückkehr zur Kernkraft

Peters plädiert dafür, sich auf Kern- und Kohlekraftwerke zurückzubesinnen und die heimische Gasproduktion und CO2-Abscheidung zu erlauben. „Deutschlands Strommarkt ist nur mit drastischen Vereinfachungen überlebensfähig“, so das Fazit von Peters.

Etwas Licht, viele Schatten - zur Zukunft der Solarenergie und des Strommarkts äußern sich Union und SPD im neuen Koalitionsvertrag nur vage

Etwas Licht, viele Schatten – zur Zukunft der Solarenergie und des Strommarkts äußern sich Union und SPD im neuen Koalitionsvertrag nur vage

Foto: dts News Agency Germany/Shutterstock

Und die neue Bundesregierung? Im neuen Koalitionsvertrag äußern sich Union und SPD nur vage zur Zukunft der Solarenergie. Im Papier heißt es, man wolle Anreize für eine „systemdienliche Einspeisung“ setzen und das neue Solarspitzengesetz „prüfen“.

Was das konkret heißen soll – ungewiss.