Italien ist am Donnerstagabend mit einem 1:0 (1:0)-Sieg gegen Belgien in die Frauen-EM in der Schweiz gestartet. Das Team von Trainer Andrea Soncin konnte in Sion spielerisch lange nicht überzeugen. Gegen offensiv harmlose Belgierinnen machte am Ende aber ein Tor von Bayern-Stürmerin Arianna Caruso den Unterschied.
Vor ihrer ersten Partie in der Schweiz hatten die Italienerinnen immer wieder betont, es dieses Jahr auf jeden Fall besser machen zu wollen als bei den Europameisterschaften 2017 in den Niederlanden und 2022 in England: Dort hatten sie ihre Auftaktspiele verloren und waren beide Male schon nach der Vorrunde nach Hause gefahren. Außerdem war noch eine Rechnung mit den Belgierinnen offen, die in der Gruppenphase in England das direkte Duell mit 1:0 gewonnen hatten.
Die Revanche gelang. Und so sieht es nach den ersten 90 Minuten in Gruppe B dieses Mal wirklich besser aus für die Vize-Europameisterinnen von 1993 und 1997. Auf dem Weg ins Viertelfinale warten in der Vorrunde mit Portugal am kommenden Sonntag (06.07.2025, 18 Uhr) und den spanischen Weltmeisterinnen (11.07., 21 Uhr) noch zwei schwere Gegner.
Aber der Auftaktsieg motiviert die Italienerinnen für diese Aufgaben zusätzlich, wie Coach Soncin betonte: „Wir wissen, dass wir uns verbessern können und müssen, aber ich bin sehr zufrieden mit der Einstellung von allen Spielerinnen. Wir wollen lange im Turnier dabei sein. Also bleiben wir mit den Füßen auf dem Boden und arbeiten daran, uns zu verbessern.“
Eurlings: „Die Enttäuschung ist groß“
Belgien dagegen darf sich nach der Auftakt-Niederlage keinen weiteren Ausrutscher erlauben, wenn die K.o.-Runde erreicht werden soll. Das räumte auch Mittelfeldspielerin Hannah Eurlings nach dem Spiel ein: „Die Enttäuschung ist groß. (…) Wenn man das erste Spiel nicht gewinnt oder unentschieden spielt, wird es schwieriger. Vor allem, wenn Spanien als nächstes dran ist“, sagte der Neuzugang von Union Berlin im UEFA-Interview. Sie haderte vor allem damit, dass sich ihr Team trotz großer Bemühungen kaum Torchancen erspielen konnte: „Vielleicht lag es am Wetter. Normalerweise sind wir gut bei Kontern, aber heute war es schwer bei jedem Ballgewinn.“
Schweigeminute für Diogo Jota und seinen Bruder
Schon vor Beginn der 90 Minuten zwischen Belgien und Italien hatten die Fans im Stadion am Alpenrand gute Stimmung verbreitet. Doch nach dem Singen der Nationalhymnen wurde es kurz vor Spielbeginn ganz still: Es gab eine Schweigeminute für den portugiesischen Nationalspieler Diogo Jota vom FC Liverpool und seinen Bruder André Silva. Sie waren am frühen Morgen bei einem Autounfall in Spanien ums Leben gekommen – die Nachricht hatte die Fußballwelt geschockt.
Zerfahrenes Spiel im Stade de Tourbillon
Bei aller Trauer stand mit dem Anpfiff der Schweizer Schiedsrichterin Désirée Grundbacher kurze Zeit später wieder der Fußball im Mittelpunkt. Beide Teams setzten im ausverkauften Stade de Tourbillon in Sion auf eine ähnliche Taktik: Mit hohem Pressing sollte das Aufbauspiel der Gegnerinnen gestört werden. Doch statt Balleroberungen in Strafraumnähe sahen die etwa 8.000 Zuschauerinnen und Zuschauer im kleinsten EM-Stadion vor allem viele Ungenauigkeiten im Aufbauspiel und kaum Zug zum Tor. Die Angreiferinnen Tessa Wullaert bei Belgien sowie Caruso und Cristiana Girelli bei Italien konnten vorne zunächst keine Akzente setzen.
Italien schockt Belgien kurz vor der Pause
Bei Temperaturen um 27 Grad gab es nach einer halben Stunde eine Trinkpause – und auf diese Weise gestärkt bald doch erste Torchancen für die immerhin deutlich aktiveren Belgierinnen: Mit einem Steckpass freigespielt, verfehlte Wullaert in ihrem 150. Länderspiel Treffer Nummer 94 nur knapp (40.) und Jill Janssens von der TSG Hoffenheim schoss aus der Distanz übers Tor (42.).
Dann aber stellten die Italienerinnen den Spielverlauf auf den Kopf. In der 44. Minute eroberten sie den Ball im Mittelfeld, schalteten schnell um und stürzten die komplett ungeordnete belgische Defensive entscheidend in Verlegenheit. Caruso, die in der Bundesliga für den deutschen Meister und DFB-Pokalsieger Bayern München spielt, hatte bei ihrem Schuss aus 14 Metern keine Gegenwehr und traf halbhoch links ins Eck.
Große Freude bei den Italienerinnen nach dem 1:0 durch Stürmerin Caruso.
Belgien nach der Pause harmlos im Angriff
Viel vorwerfen lassen konnten sich die Belgierinnen nach einer engagierten ersten Hälfte nicht – und so verzichtete die isländische Trainerin Elísabet Gunnarsdóttir zu Wiederbeginn auf Wechsel. Mit der Führung im Rücken zogen sich die kompakt verteidigenden Italienerinnen weit zurück, doch Belgien nutzte den sich bietenden Raum im Mittelfeld nicht. Ein ungefährlicher Kopfball von Wullaert (58.) – mehr Chancen ergaben sich nicht. Auch, weil Italien im zweiten Abschnitt viel bissiger in den Zweikämpfen agierte als noch vor dem Seitenwechsel.
Torschützin Caruso „Spielerin des Spiels“
Je länger das Spiel dauerte, desto mehr schwanden bei den Spielerinnen die Kräfte. Die Belgierinnen kämpften zwar weiter um Spielanteile, doch unter dem Strich blieb die Offensive komplett harmlos. Girelli mit der Hacke und Caruso im Nachschuss (64.) sowie Cambiaghi mit zwei Schüssen von der Strafraumgrenze (79., 89.) hatten in der Schlussphase noch das 2:0 für Italien auf dem Fuß. Am Ende aber jubelten die Italienerinnen auch über das knappe 1:0 ausgelassen. Die dafür verantwortliche Stürmerin Caruso wurde nach dem Schlusspfiff von der UEFA als „Spielerin des Spiels“ ausgezeichnet.