Dresden und Columbus sind seit 1992 Partnerstädte. Seit 1994 fördern die Kulturstiftung Sachsen und das Greater Columbus Arts Council ein Austauschprogramm: Jedes Jahr reisen zwei Kunstschaffende aus Sachsen für drei Monate nach Ohio, im Gegenzug kommen zwei amerikanische Künstlerinnen und Künstler nach Dresden.

Exkursion zu Dresdner Erinnerungsorten

Auf einem Arbeitstisch liegen ausgedruckte Fotos und Filmstills – die Beute ihrer jüngsten Exkursionen in Dresden. Auf manchen davon sind die Hände der Künstlerin zu sehen – Sinnbild für ihr Vortasten in unbekanntem Terrain. Vielleicht entsteht aus dem Material später eine Collage. Vielleicht auch ein Film oder ein Buch. Die Ausdrucksformen der Medienkünstlerin sind vielfältig.

Orte der Erinnerung, wie Ruinen, Denkmäler und Friedhöfe beschäftigen Smith in ihren Arbeiten. Eines der wichtigsten Themen, über das die Künstlerin immer wieder nachdenke, sei die Wechselwirkung von kulturellem Erbe, Erinnerung und einem bestimmten Ort. „Beeinflusst die Vergangenheit, wie wir einen Ort wahrnehmen? Und spüren wir sie auch an einem Ort, selbst wenn wir vielleicht nicht viel über dessen Vergangenheit wissen?“, fragt sie sich.

Wenn ich diese Trümmerberge ansehe, kann ich nicht anders, als an die neuen Berge von Trümmern zu denken, die gerade an Orten entstehen, die sich gegenseitig bombardieren.

Lydia Smith

In Dresden hat sie bislang vor allem nach Stellen gesucht, an denen der Zweite Weltkrieg seine mehr oder weniger sichtbaren Spuren hinterließ. Den Sowjetischen Garnisonfriedhof in der Dresdner Heide etwa. Die neu aufgebaute Frauenkirche, die noch bis 1994 eine Ruine war. Oder den Trümmerberg im Stadtteil Friedrichstadt, auf dem sich heute ein öffentlicher Park befindet.

Sie alle beinhalten für Smith das Potenzial, aus der Geschichte zu lernen. Auch wenn der Trümmerberg ein Park sei, berge er die Energie der Vergangenheit. „Wenn ich diese Trümmerberge ansehe, kann ich nicht anders, als an die neuen Berge von Trümmern zu denken, die gerade an Orten entstehen, die sich gegenseitig bombardieren„, konstatiert Smith.

Kürzungen bei Kultur und Bildung

Mit Sorge betrachtet Smith, die ihren Lebensunterhalt zurzeit als Dozentin an der Ohio State University verdient, die politischen Entwicklungen in ihrem eigenen Land. Immer mehr Förderprogramme für Bildung und für Kunst würden gestrichen, erzählt sie. Als Künstlerin könne man dazu nicht schweigen, ist Smith überzeugt.

Umso wichtiger sei der Zusammenhalt untereinander: „So trifft man Leute, mit denen man sich bei Problemen austauschen kann, die sich untereinander helfen und mit denen man gemeinsam etwas bewirken kann.“ Austausch und Unterstützung – das ermöglicht auch das Artist-in-Residence-Programm zwischen Sachsen und Ohio. Wozu es Lydia Smith inspiriert hat, das wird sich am Ende ihres Aufenthaltes zeigen.